Im Schatten des Ukraine-Krieges sind zwischen Armenien und Aserbaidschan im Südkaukasus erneut schwere Kämpfe mit Dutzenden Toten ausgebrochen.
HANDOUT - Dieses Videostandbild aus einem YouTube-Video, das vom armenischen Verteidigungsministerium veröffentlicht wurde, zeigt aserbaidschanische Soldaten, die die armenisch-aserbaidschanische Grenze überqueren und sich den armenischen Stellungen nähern. Foto: -/Armenian Defense Ministry/AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits
HANDOUT - Dieses Videostandbild aus einem YouTube-Video, das vom armenischen Verteidigungsministerium veröffentlicht wurde, zeigt aserbaidschanische Soldaten, die die armenisch-aserbaidschanische Grenze überqueren und sich den armenischen Stellungen nähern. Foto: -/Armenian Defense Ministry/AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits - sda - Keystone/Armenian Defense Ministry/AP/-
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Das Wichtigste in Kürze

  • Zwischen Armenien und Aserbaidschan sind im Südkaukasus erneut Kämpfe ausgebrochen.
  • Beide Seiten meldeten am Dienstag den Tod von jeweils etwa 50 ihrer Soldaten.
  • Armenien hat bei der Schutzmacht Russland um Hilfe gebeten.

Beide Seiten meldeten am Dienstag den Tod von jeweils etwa 50 ihrer Soldaten. Für Armenien sagte Ministerpräsident Nikol Paschinjan aber in der Hauptstadt Eriwan, das seien noch keine endgültigen Zahlen. Die Gefechte zwischen den verfeinden Ex-Sowjetrepubliken begannen in der Nacht und gingen auch am Tag vereinzelt weiter.

Gegen Abend habe sich der Artilleriebeschuss etwas beruhigt, teilte das armenische Verteidigungsministerium mit. Die EU, die Vereinten Nationen und die USA schalteten sich ein und drangen auf ein Ende der Kämpfe. Am Mittwoch werde sich der Sicherheitsrat in New York mit dem Konflikt der beiden Ex-Sowjetrepubliken befassen, meldete die russische Agentur Tass unter Berufung auf UN-Quellen.

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Zum Ausbruch der Kämpfe hiess es aus Eriwan, aserbaidschanische Truppen hätten an drei Stellen armenische Stellungen mit Artillerie und grosskalibrigen Waffen angegriffen. In Baku sprach das Verteidigungsministerium Aserbaidschans wiederum davon, dass ein grossangelegter armenischer Sabotageversuch die Kämpfe ausgelöst habe.

Armenien und Aserbaidschan bekriegen einander seit Jahrzehnten wegen des Gebiets Berg-Karabach. Im Herbst 2020 hatte Armenien einen Krieg gegen seinen Nachbarn verloren. Infolgedessen musste das Land die Kontrolle über den Grossteil des mehrheitlich von Armeniern bewohnten Berg-Karabachs aufgeben. Damals wurde eine russische Friedenstruppe zum Schutz der Waffenruhe in der Region stationiert. Allerdings wurde diesmal nach armenischen Angaben nicht die Exklave angegriffen, sondern Stellungen im Kernland Armenien.

Armenien sucht Hilfe bei Putin

Wegen der angespannten Lage telefonierte Paschinjan bereits in der Nacht mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Dabei habe der Regierungschef um Hilfe der Militärallianz OVKS gebeten, teilte das armenische Fernsehen mit. Das Verteidigungsbündnis der früheren Sowjetrepubliken Russland, Armenien, Belarus, Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan beriet am Dienstagabend. Putin nahm an der Videokonferenz teil. Beschlossen wurde nur, den OVKS-Generalsekretär Stanislaw Sass zur Erkundung der Lage ins Konfliktgebiet zu senden, wie die belarussische Agentur Belta meldete.

Wladimir Putin
Russland gilt traditionell als Schutzmacht Armeniens im Kaukasus – Putin will dort auf eine diplomatische Lösung setzen. - Keystone

US-Aussenminister Antony Blinken rief zu einem Ende der Kämpfe auf. Blinken habe den aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev in einem Gespräch aufgefordert, «die Feindseligkeiten einzustellen», teilte das US-Aussenministerium mit. In einer Unterhaltung mit Paschinjan betonte Blinken dem Ministerium zufolge «die Notwendigkeit eines Rückzugs der Streitkräfte». Auch der französische Präsident Emmanuel Macron sprach mit Aliyev und forderte ein Ende der Kämpfe.

Russland gilt traditionell als Schutzmacht Armeniens im Kaukasus. Aus dem Kreml hiess es, Moskau setze auf eine diplomatische Lösung der Krise. Die russische Führung hat derzeit kein Interesse, sich an einem Nebenkriegsschauplatz, wie sie es sieht, militärisch zu engagieren. Russland ist wegen des seit einem halben Jahr laufenden Angriffskriegs in der Ukraine gebunden. Zuletzt mussten russische Streitkräfte im Nachbarland eine empfindliche Niederlage einstecken.

EU fordert beide Parteien zu Verhandlungen auf

Auch die EU forderte Eriwan und Baku zu Verhandlungen auf. Es brauche einen vollständigen und dauerhaften Waffenstillstand, schrieb EU-Ratschef Charles Michel auf Twitter. «Es gibt keine Alternative zu Frieden und Stabilität - und es gibt keine Alternative zur Diplomatie, um dies zu gewährleisten.» Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell teilte mit, dass Michel Kontakt zu den Staats- und Regierungschefs der zwei Länder aufnehme. Die EU sei entschlossen, weiter zu vermitteln. Der EU-Sonderbeauftragte Toivo Klaar werde unverzüglich in beide Länder reisen.

Berg-Karabach
Armenien und Aserbaidschan bekriegen einander seit Jahrzehnten wegen des Gebiets Berg-Karabach. - dpa

Neben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bot sich zudem der im Süden an Armenien und Aserbaidschan grenzende Iran als Vermittler an. Die Türkei als Verbündete Aserbaidschans wiederum warf Armenien «Provokationen» vor. Eriwan solle sich auf Friedensverhandlungen mit Baku konzentrieren, schrieb der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu auf Twitter.

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