Nach schweren Kämpfen und vielen getöteten Soldaten sucht Armenien Schutz Russlands. Das Land hat jedoch wegen eigener Niederlagen kein Interesse.
Armenien
Armenien und Aserbaidschan streben eine friedliche Lösung für den immer wieder eskalierenden Konflikt in der Region Berg-Karabach an. - Uncredited/APTN/AP/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Aserbaidschan und Armenien bekriegen sich seit Jahrzehnten.
  • Nun wird aus armenischer Seite bei der Schutzmacht Russland um Hilfe gebeten.

Bei schweren Kämpfen zwischen Armenien und Aserbaidschan im Südkaukasus sind auf armenischer Seite Angaben zufolge mindestens 49 Soldaten getötet worden.

Das seien keine endgültigen Zahlen, sagte Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan am Dienstag in der Hauptstadt Eriwan. Die in der Nacht zwischen den beiden verfeinden Ex-Sowjetrepubliken ausgebrochenen Gefechte gingen auch am Tag vereinzelt weiter.

Aus Eriwan hiess es, aserbaidschanische Truppen hätten an drei Stellen armenische Stellungen mit Artillerie und grosskalibrigen Waffen angegriffen. In Baku sprach das Verteidigungsministerium Aserbaidschans wiederum davon, dass ein grossangelegter armenischer Sabotageversuch die Kämpfe ausgelöst habe.

Krieg um Berg-Karabach

Armenien und Aserbaidschan bekriegen einander seit Jahrzehnten wegen des Gebiets Berg-Karabach. Im Herbst 2020 hatte Armenien einen Krieg gegen seinen Nachbarn verloren. Infolgedessen musste das Land die Kontrolle über den Grossteil des mehrheitlich von Armeniern bewohnten Berg-Karabachs aufgeben.

Damals wurde eine russische Friedenstruppe zum Schutz der Waffenruhe in der Region stationiert. Allerdings wurde nach armenischen Angaben diesmal nicht die Exklave angegriffen, sondern Stellungen auf dem Kerngebiet Armeniens.

Russland hat keine Interesse sich militärisch zu engagieren

Wegen der angespannten Lage telefonierte Paschinjan bereits in der Nacht mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Dabei habe der Regierungschef um Hilfe der Militärallianz OVKS gebeten, teilte das armenische Fernsehen mit. Der OVKS müsse zu «aktiven kollektiven Handlungen» übergehen, forderte später auch das armenische Aussenministerium.

Russland gilt traditionell als Schutzmacht des christlichen geprägten Armeniens im Kaukasus. Aus dem Kreml hiess es allerdings, Moskau rechne auf eine diplomatische Lösung der Krise. Die russische Führung hat derzeit kein Interesse, sich an einem - aus Moskauer Sicht - Nebenkriegsschauplatz militärisch zu engagieren.

Russland ist wegen des seit einem halben Jahr laufenden Angriffskriegs in der Ukraine dort gebunden. Zuletzt mussten die russischen Streitkräfte im Nachbarland eine empfindliche Niederlage einstecken.

EU fordert zu Verhandlungen

Auch die EU forderte Eriwan und Baku zu Verhandlungen auf. EU-Ratschef Charles Michel hat angesichts der schweren Kämpfe zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts aufgerufen.

Es brauche einen vollständigen und dauerhaften Waffenstillstand, schrieb der Belgier am Dienstag auf Twitter. «Es gibt keine Alternative zu Frieden und Stabilität - und es gibt keine Alternative zur Diplomatie, um dies zu gewährleisten.» Michel nannte die Berichte über Kämpfe extrem besorgniserregend.

Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell teilte mit, dass Michel Kontakt zu den Staats- und Regierungschefs der beiden Länder aufnehme. Auch er rief zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Die EU sei entschlossen, weiter zu vermitteln. Der EU-Sonderbeauftragte Toivo Klaar werde unverzüglich in beide Länder reisen.

Neben der OSZE bot sich zudem der an Armenien und Aserbaidschan grenzende Iran als Vermittler in dem Konflikt an. Die Türkei - Verbündete Aserbaidschans - wiederum warf Armenien «Provokationen» vor. Eriwan solle sich auf Friedensverhandlungen mit Baku konzentrieren, schrieb der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu auf Twitter.

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