Drama am Everest: «Eingeschneite sind Touristen», keine Bergsteiger
Auf dem Mount Everest sitzen nach einem Schneesturm noch immer 200 Touristen fest. Neben Kälte und Nahrung könnte fehlender Sauerstoff zum Problem werden.

Das Wichtigste in Kürze
- Hunderte Menschen wurden am Mount Everest von einem Schneesturm überrascht.
- Die auf einer Höhe von 4900 Metern Eingeschneiten sind Touristen, keine Bergsteiger.
- Ungeübte Touristen verbrauchen einem Experten zufolge sechsmal mehr Sauerstoff.
Ein heftiger Schneesturm ist über die Mount-Everest-Region gefegt. Chinesischen Staatsmedien zufolge waren zunächst fast 1000 Menschen auf der Ostseite des Mount Everest auf 4900 Metern Höhe einschneit.
Inzwischen konnten mindestens 350 Touristen gerettet werden. Es gibt aber auch Berichte über einen Todesfall: Ein Mann soll an Unterkühlung und Höhenkrankheit gestorben sein.
Noch immer sitzen rund 200 Menschen auf dem höchsten Berg der Welt fest – unter lebensgefährlichen Bedingungen.
Touristen verbrauchen viel mehr Sauerstoff
Extrem-Bergsteiger Benedikt Böhm zufolge sind Kälte, Wasser und Nahrung aber wohl nicht deren grösstes Problem.
Er erklärt gegenüber der deutschen «Bild»-Zeitung, die Touren am Everest seien «hyperkommerzialisiert» und die Zelte «bestimmt gut».
«Allerdings sind die Leute dort keine Bergsteiger. Das sind Touristen, die in wenigen Wochen auf die Tour durch die Todeszone vorbereitet wurden», betont der deutsche Speed-Bergsteiger.
Bei einem ungeübten Touristen sei der Sauerstoffverbrauch sechsmal höher als bei einem geübten Bergsteiger.
Böhm hält fest: «Ich hoffe, dass die Organisatoren genügend Sauerstoffflaschen mit hochgenommen haben.»
«Alle in Zelte, Schotten dicht»
Böhms Bergsteiger-Kollege Alexander Huber zeigt sich gegenüber der Zeitung zuversichtlich.
«Chinesen sind in der Regel gut organisiert», sagt er. «Wenn sie 1000 Menschen dort hochbringen, dann bringen sie die in der Regel auch wieder runter.»
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Böhm rät den Eingeschlossenen derweil: «Alle in die Zelte, Schotten dicht, ausharren, so wenig Energie wie möglich verbrauchen und bloss keinen Lager-Koller bekommen.»
Letzteres könne auf so engem Raum schnell passieren – «vor allem, wenn der Sturm dauernd am Zelt rüttelt».
Nach Schneesturm drohen Lawinen
Eine Rettungsaktion läuft, die vielen blockierten Strassen machen es den Rettern aber nicht leicht. Und das Wetter birgt weitere Gefahren.
«Wir reden beim Mount Everest schnell mal von Höhen, in denen sonst Flugverkehr stattfindet», sagt Böhm. Gerade im Herbst herrsche «ein enormer Jetstream», der das Wetter sehr schnell verändere.
Eine weitere Herausforderung der Rettungsteams: «Die Lawinen nach einem Schneesturm machen die Rettung so gefährlich.»
Helikopter könnten nur auf Sicht fliegen. «Die Wucht der Rotorblätter kann zudem Lawinen auslösen», so Böhm.