Die grösste Süsswasserschildkröte der Welt steht kurz vor der Ausrottung. Doch noch gibt es Hoffnung, erklärt ein US-Biologe.
Jangtse-Riesenweichschildkröte
Eine seltene Aufnahme einer scheuen Jangtse-Riesenweichschildkröte aus Vietnam. - Phó Nháy
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Das Wichtigste in Kürze

  • Es existiert keine bekannte, weibliche Jangtse-Riesenweichschildkröten mehr.
  • Es gibt nur noch ein Männchen und zwei Exemplare unbekannten Geschlechts.

Sie wurde 90 Jahre alt. Letzte Woche starb die letzte bekannte, weibliche Jangtse-Riesenweichschildkröte im Zoo der südchinesischen Stadt Suzhou. Kurz zuvor hatte man zum fünften Mal versucht, sie künstlich zu befruchten.

Jetzt sieht es düster aus für die grösste Süsswasserschildkröte der Welt. Es leben nur noch drei bekannte Exemplare der Spezies: Das Männchen im chinesischen Zoo und zwei weitere in freier Wildbahn in Vietnam. Doch deren Geschlecht ist bislang unbekannt.

Der US-Biologe Craig Stanford ist bei der Weltnaturschutzunion (IUCN) Experte für Schildkröten. «Es gibt einen Plan, die beiden Tiere in Vietnam einzufangen und ihr Geschlecht zu bestimmen», sagt er zu «higgs». «Nach dem Tod des Weibchens in China erhält das Projekt eine neue Dringlichkeit.»

Aus einem Ei könnten 40 Junge entstehen

Ebenfalls werden jetzt die Bemühungen erhöht, weitere Exemplare zu finden. «Mit jedem Fund erhöht sich die Überlebenschance der Art bedeutend», sagt Stanford.

Craig Stanford Schildkröte
Der US-Biologe Craig Stanford kämpft ums Überleben der Schildkröte. - Craig Stanford

«Denn die Riesenschildkröten sind sehr fruchtbar.» Aus einem befruchteten Ei können bis zu 40 Junge entstehen. «Nur ein erfolgreicher Versuch und die Spezies wäre bis auf Weiteres gerettet».

Jangtse-Riesenschildkröte hat wenig Chancen

Die Chancen seien aber sehr klein, wie der Wissenschaftler sagt. «Alles hängt davon ab, ob wir noch ein Weibchen finden». Aber das wäre erst der Anfang. Man müsse das Tier noch einfangen, Sperma finden und es künstlich befruchten.

Weil die Schildkröten in Vietnam verehrt werden, gab es bislang viel Kritik von Einheimischen. Sie wollen nicht, dass die Tiere eingefangen und in ein Labor gebracht werden. «Aber angesichts der drohenden Ausrottung schwindet dieser Widerstand», sagt Stanford.

Klonen als Lösung

Dem verstorbenen Weibchen in China wurden auch Eizellen entnommen. Könnte man vielleicht eine Jangtse-Riesenweichschildkröte klonen? «In der Theorie vielleicht», sagt Stanford.

«Aber in der Realität sind wir noch weit weg davon, dass diese Technologie funktioniert. Wir haben ja noch nicht einmal eine künstliche Befruchtung hinbekommen.»

Jahrelang erfolglos versucht

Es war eine mühselige Geschichte, die leider nicht mit einem Erfolg belohnt wurde. Die beiden Schildkröten waren erst in zwei verschiedenen chinesischen Zoos. Es dauerte Jahre, bis sich diese auf eine Zusammenarbeit einigen konnten.

Im Jahr 2008 wurde das Weibchen zum Mann nach Suzhou gebracht. Doch das Männchen war wegen eines krummen Penises nicht zu einer normalen Fortpflanzung fähig. Deshalb war die künstliche Befruchtung die Methode der Wahl. Doch die Eier des Weibchens waren offenbar nicht fruchtbar genug – fünf Versuche schlugen fehl.

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«Nau forscht»

Im Rahmen dieser Serie erscheint jeden Sonntag ein exklusiver Beitrag des Wissenschaftsmagazins «higgs».

Dieser Beitrag wurde verfasst von Roman Rey.

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