Taliban bremsen Rettungsaktionen nach Erdbeben in Afghanistan
Nach dem schweren Erdbeben in Afghanistan laufen die Rettungsarbeiten weiter, doch sie werden durch die Taliban blockiert. Es fehlt an Personal.

Das schwere Erdbeben der Stärke 6,0 hat im Osten Afghanistans verheerende Schäden angerichtet. Laut der «Der Standard» starben mindestens 1'411 Menschen, über 3'100 wurden verletzt und mehr als 5'400 Häuser vollständig zerstört.
Allein in Nangarhar wurden nach Angaben der lokalen Taliban-Verwaltung etwa 8'000 Gebäude dem Erdboden gleichgemacht. Unter den Opfern befinden sich auch zahlreiche Flüchtlingsfamilien, die erst kürzlich aus Pakistan abgeschoben worden waren.
Viele Bergdörfer bleiben nach Erdrutschen weiterhin unzugänglich für Rettungskräfte. Die Bewohner graben mit blossen Händen in den Trümmern ihrer aus Lehm und Stein gebauten Häuser nach Überlebenden.
Katastrophenschutz der Taliban ist personell geschwächt
Die Taliban verfügen zwar über professionelle Katastrophenschutz-Strukturen wie die nationale Behörde ANDMA. Diese Organisationen wurden jedoch unter der vorherigen Regierung mit internationaler Unterstützung aufgebaut und sind heute personell stark geschwächt.
Viele qualifizierte Mitarbeiter sind nach der Machtübernahme 2021 aus dem Land geflohen, wie die «Frankfurter Rundschau» berichtet. Die Verwaltung ist heute unzureichend koordiniert und verfügt über keine funktionierenden Rettungsketten.

Die Taliban zeigen sich bei Katastrophen oft unerfahren und kontrollsüchtig, was effektive Hilfsmassnahmen behindert. Internationale Beobachter kritisieren das Missmanagement und die Isolation des Regimes als Hauptgründe für verzögerte Reaktionen.
Internationale Hilfe unter Druck
Die internationale Gemeinschaft hat ihre Hilfen für Afghanistan drastisch gekürzt, was die Katastrophenhilfe erheblich schwächt. Allein in den betroffenen Provinzen Nangarhar und Kunar mussten 44 Gesundheitskliniken wegen Finanzierungsmangel schliessen, so die «taz».

Der humanitäre Flugdienst des Welternährungsprogramms, der früher Hubschrauber für medizinische Notfälle bereitstellte, wurde Anfang 2025 eingestellt. Die Zahl der internationalen Helfer vor Ort ist deutlich geringer als noch vor sechs Monaten.
Einige Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Indien und die Schweiz haben dennoch Soforthilfe angekündigt. Die USA bekundeten lediglich ihr Beileid, kündigten aber bisher keine konkrete Unterstützung an.
Frauenverbot behindert Rettungsarbeiten
Das Taliban-Verbot für Frauen, in Hilfsorganisationen zu arbeiten, hat dramatische Auswirkungen auf die Katastrophenhilfe. Weibliche Erdbebenopfer können oft nur von Frauen erreicht werden, was in der konservativen afghanischen Gesellschaft von entscheidender Bedeutung ist.

Bei früheren Erdbeben wie in Herat 2023 waren über 90 Prozent der Todesopfer Frauen und Kinder. Ausländische Helferinnen durften vielerorts nicht arbeiten, was die Versorgung der weiblichen Bevölkerung erheblich erschwerte, so die «Frankfurter Rundschau».
Die UN-Organisation konnte zwar durchsetzen, dass Afghaninnen Teil ihrer Krisenteams im Erdbebengebiet sind. Dennoch fehlen weibliche Hilfskräfte in vielen Bereichen, was die Situation der betroffenen Frauen langfristig verschlechtert.