Spontanes Fest adé: Rio sagt wegen Corona seinen Strassenkarneval ab
Rio de Janeiro hat wegen der Corona-Pandemie seinen Strassenkarneval abgesagt. Das Fest bringt der Stadt jeweils umgerechnet rund 620 Millionen Euro ein.

Das Wichtigste in Kürze
- Der weltberühmte Strassenkarneval in Rio de Janeiro wurde wegen Corona abgesagt.
- Bereits die Silvesterparty an der Copacabana wurde abgesagt.
- Brasilien zählt mit über 5,4 Millionen Corona-Fällen weltweit die dritthöchsten Zahlen.
Erst die Verschiebung des weltberühmten Karnevals im Sambodrom. Jetzt hat die brasilianische Metropole Rio de Janeiro wegen der Corona-Pandemie auch ihren Strassenkarneval abgesagt. Dies berichtete das Nachrichtenportal «G1» am Donnerstag.

«Ohne Impfstoff ist ein traditioneller Karneval nicht möglich», zitierte die Nachrichtenagentur Agência Brasil Riotur-Präsident Fabrício Villa Flor. «Die Position der Blocos war sehr verantwortungsvoll.»
Brasilien zählt über 5,4 Millionen Corona-Fälle
Nach den USA und Indien verzeichnet Brasilien die meisten Corona-Infektionen – es sind offiziell über 5,4 Millionen. Mehr als 158'000 Menschen sind in dem grössten Land Lateinamerikas im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Die Stadt Rio registrierte bis Donnerstag offiziell mehr als 118'000 Infizierte und über 12'000 Todesfälle.
Silvesterparty erstmals seit 1912 verschoben
Wegen Corona war bereits die Silvesterparty an der Copacabana abgesagt worden; die Umzüge im Sambodrom, die im Februar stattfinden sollten, wurden erstmals seit 1912 verschoben. Den Berichten zufolge stimmten alle Teilnehmer überein, dass eine Veranstaltung von der Grösse des Strassenkarnevals nicht sinnvoll wäre.

Zuletzt hatte der Karneval in Rio allein in vier Tagen mehr als drei Millionen Menschen auf die Strasse gelockt. «Es macht mich sehr traurig, weil ich keine Perspektive für einen Karneval im Jahr 2021 sehe. Ganz gleich, wie sehr wir uns bemühen eine gewisse Sicherheit zu gewährleisten. Am Ende ist er doch ein spontanes Fest», sagte Staatsanwältin Andréa Amin dem Portal zufolge.
Karneval ist eine Reinigung der Seele
Der Karneval ist die jährliche Katharsis eines Volkes, bei der sich der Druck wie aus einem Dampfkochtopf befreit. Er gilt als Reinigung der Seele, als Ereignis, bei dem fast alles erlaubt ist. Das Tanzen, das Flirten und noch mehr.
Im Karneval amüsieren sich alle trotz sonst oft trauriger Lebensumstände. Er hilft bei der Flucht in eine andere Welt. In der nach der Theorie des brasilianischen Anthropologen Roberto da Matta alles umgekehrt ist:

Autofahrer halten an, wenn Sambagruppen vorbeiziehen. Männer verkleiden sich als Frauen. Weisse jubeln Schwarzen zu. Der Samba, der 2016 seinen hundertsten Geburtstag feierte, war als afro-brasilianische Musik zunächst verpönt.
Inzwischen hat der Karneval sich längst zu einem gesellschaftlichen Ereignis und einer Touristenattraktion entwickelt. Mehr als zwei Millionen Besucher kamen im vergangenen Februar nach Rio. Dem Portal «Carnavalesco» zufolge bringt der Karneval der Stadt sonst Einnahmen von vier Milliarden Reais, umgerechnet rund 620 Millionen Euro.