Mit aussergewöhnlichen Solidaritätsbekundungen gegenüber der muslimischen Gemeinde haben die Neuseeländer am Freitag der Opfer der tödlichen Anschlägen auf zwei Moscheen gedacht.
Regierungschefin Ardern nach den Schweigeminuten
Regierungschefin Ardern nach den Schweigeminuten - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Frauen mit Kopftuch - Schweigeminuten in Christchurch und anderen Städten.

Zahlreiche Frauen trugen als Zeichen für Solidarität und Frieden ein Kopftuch, darunter auch Premierministerin Jacinda Ardern bei einer Gedenkveranstaltung eine Woche nach den Anschlägen in Christchurch. Die islamischen Staaten forderten unterdessen bei einem Aussenministertreffen in Istanbul «konkrete Massnahmen» gegen Islamfeindlichkeit in aller Welt.

Mit zwei Schweigeminuten gedachten die Menschen in Neuseeland am Freitag der 50 Todesopfer der Anschläge auf die Moscheen durch einen australischen Rechtsextremisten in Christchurch. Im ganzen Land stand das öffentliche Leben unmittelbar nach dem Ruf eines Muezzins der angegriffenen Al-Noor-Moschee zum Freitagsgebet still. In einem Park gegenüber der Moschee hatten sich tausende Menschen für die Schweigeminuten versammelt, darunter auch Regierungschefin Ardern.

Auch in Auckland, Wellington und anderen Städten des Landes kamen zahlreiche Menschen für die Schweigeminuten zusammen. In Australien gedachten ebenfalls Menschen der Anschlagsopfer.

Unter den Teilnehmern des anschliessenden Gebets in Christchurch waren tausende muslimische Gläubige, darunter Überlebende der Anschläge und Angehörige der Opfer. Auch tausende Nicht-Muslime nahmen teil, darunter Familien aus allen Teilen Neuseelands, Angehörige der neuseeländischen Ureinwohner - der Maori -, christliche Priester sowie Mitglieder von Motorradgangs. Auch Premierministerin Ardern nahm teil.

Viele Teilnehmer spielten Gitarre und sangen Lieder, andere hielten Plakate mit Aufschriften wie «Wir unterstützen unsere muslimischen Nachbarn» hoch. Neuseeland habe sich durch die Bluttaten für immer verändert, aber in einer Weise, die die Menschen zusammenbringe, sagten zahlreiche Teilnehmer.

«Dieser Terrorist wollte unsere Nation mit einer teuflischen Ideologie auseinander reissen», sagte der Imam der Al-Noor-Moschee, Gamal Fouda, mit Blick auf den Attentäter. «Aber wir haben gezeigt, dass Neuseeland unzerbrechlich ist.»

«Das Land ist darin vereint, und nichts kann das jemals durchbrechen», sagte der Einwohner von Christchurch, John Dale, dessen Partnerin mit Kopftuch erschien. «Wir stehen zusammen - alle. Muslime, Christen, jede Religion.»

Mohamed Nadir, der seinen Bruder bei dem Attentat verlor, kniete während der Schweigeminuten nieder und weinte. «Sie leiden, sie brauchen uns, alles was wir tun können, ist ihnen beizustehen», sagte Anwohnerin Alaska Wood, die ihre Hand und ihre Stirn auf Nadirs Schulter legte. «Kleine freundliche Taten können sich zu grossen Taten entwickeln. Nur so werden sich die Dinge ändern», sagte Wood.

Die 23-jährige Hamsa Adeeb, deren Vater bei dem Anschlag von zwei Schüssen getroffen wurde, bezeichnete es als «schöne Geste», dass so viele nicht-muslimische Frauen mit Kopftuch erschienen. «Heute haben wir wirklich die Unterstützung von allen gespürt, Neuseeland war unglaublich.»

Die 32-jährige Rafaela Stoakes, die ebenfalls mit Kopftuch kam, sagte, die islamische Kopfbedeckung habe ihr das Gefühl vermittelt, was es bedeute, herauszustechen und sich als Teil der Minderheit zu fühlen. Als sie ihr Haus verlassen habe, «gab es viele verwirrte Blicke und auch einige leicht aggressive», sagte sie. «Es muss viel Mut erfordern, dies jeden Tag zu tun.»

Als Zeichen des Respekts trugen auch Polizistinnen und freiwillige Helferinnen der Veranstaltung in Christchurch Kopftücher. Landesweit trugen Frauen Kopftücher in Büros, in Schulen und auf der Strasse. In sozialen Netzwerken verbreiteten sie Bilder von sich.

In Istanbul berieten derweil die Aussenminister der islamischen Staaten über Konsequenzen aus den Anschlägen von Christchurch. Die Mitglieder der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) werteten die Tat als eine der «brutalen, unmenschlichen und furchtbaren» Konsequenzen des Islamhasses. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan forderte, Islamophobie so zu bekämpfen wie «den Antisemitismus nach dem Holocaust».

Er lobte zugleich die von Neuseeland gezeigte Solidarität mit den Muslimen. Diese sollte «ein Beispiel für politische Führer in aller Welt sein», forderte Erdogan.

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