Nach Hurrikan «Melissa»: Karibikstaaten beseitigen Trümmer
Nach seiner verheerenden Spur durch mehrere Karibikstaaten zieht Hurrikan «Melissa» wieder über den offenen Ozean, doch für eine Entwarnung ist es noch zu früh.

Nach seinem zerstörerischen Kurs durch mehrere Staaten der Karibik befindet sich Hurrikan «Melissa» vorerst wieder über dem offenen Meer. Auf den Bahamas, über die der Sturm zuletzt gefegt war, wurde eine Hurrikan-Warnung am frühen Donnerstagmorgen (Ortszeit) aufgehoben.
Für eine Entwarnung ist es aber noch zu früh: «Melissa» nimmt – nun wieder leicht verstärkt als Hurrikan der Stufe 2 von 5 – Kurs auf die Inselgruppe Bermuda im Nordatlantik.
In den Karibikstaaten, wo der Sturm in den vergangenen Tagen eine Spur der Verwüstung und nach vorläufigen Behördenangaben mehr als 30 Tote hinterlassen hat, beginnen indessen die Aufräumarbeiten.
Todesopfer bei Hurrikan auf Jamaika
Besonders schwer betroffen ist Jamaika, wo der Sturm am Dienstag als Hurrikan der höchsten Kategorie 5 auf Land getroffen war. Mindestens neun Menschen kamen ums Leben: sechs durch den Sturm selbst und drei bereits bei den Vorbereitungen auf den Hurrikan, wie örtliche Medien unter Berufung auf die Polizei berichteten.
Bilder und Videos aus den betroffenen Gebieten zeigten zerstörte Häuser, überschwemmte Strassen und umgestürzte Bäume. Spitäler, Schulen, Kirchen und Brücken wurden vielerorts beschädigt. In der Stadt Black River an der Südwestküste des Landes trugen nach Angaben der örtlichen Behörden mehr als 90 Prozent der Häuser Schäden davon. Einige historische Gebäude wurden demnach komplett zerstört.
In Montego Bay im Nordwesten der Insel räumten Baumaschinen umgestürzte Strommasten, Trümmer und Bäume von den Strassen. Der Fokus der Aufräumarbeiten liege derzeit darin, die Hauptstrassen wieder befahrbar zu machen, sagte Bürgermeister Richard Vernon am Mittwoch in einem Video auf Facebook. Im Anschluss werde versucht, auch in abgelegenere Gebiete vorzudringen.
Flughäfen in Kingston und Montego Bay öffnen nach Sturm
Am Mittwoch öffnete der internationale Flughafen in der Hauptstadt Kingston nach Angaben von Transportminister Daryl Vaz für erste Hilfsflüge. Der grösste Flughafen des Landes, der Sangster International Airport in Montego Bay, sei zwar beschädigt worden, könne am Donnerstag aber ebenfalls öffnen. Nach Angaben der jamaikanischen Regierung befanden sich etwa 25'000 Touristen auf der Insel.
Nach ersten Schätzungen des privaten US-Wetterdienstes AccuWeather, der auch die Auswirkungen von Unwettern bemisst, könnten der Gesamtschaden und die wirtschaftlichen Verluste durch den Sturm bei 48 bis 52 Milliarden US-Dollar liegen.
Nach Jamaika zog der Hurrikan etwas abgeschwächt weiter nach Kuba. Auch dort richtete der Wirbelsturm schwere Verwüstungen an. Besonders betroffen war der Osten des Landes. Viele Kaffee- und Bananenplantagen wurden zerstört.
Das Schlimmste waren nach Angaben von Präsident Miguel Díaz-Canel die Überschwemmungen. Trotz des Ausmasses der Schäden seien bisher keine Todesopfer zu beklagen. «Wir sind am Leben», sagte Díaz-Canel. «Unser Sieg ist das Leben».
Überschwemmte Strassen isolieren ländliche Regionen Kubas
Wie örtliche Medien berichteten, waren viele ländliche Gebiete aber aufgrund blockierter oder überschwemmter Strassen noch von der Aussenwelt abgeschnitten. Nach Angaben von Kommunikationsministerin Mayra Arevich Marín beschädigte der Sturm Glasfaserkabel und Stromleitungen, wodurch auch Telefon- und Mobilfunknetze in weiten Teilen ausgefallen seien.
In Haiti kamen mindestens 24 Menschen ums Leben. Allein in der haitianischen Gemeinde Petit Goâve starben rund 20 Menschen, als ein Fluss aufgrund der anhaltenden Regenfälle im Westen des Landes über die Ufer trat. Wie der Leiter des Zivilschutzes, Emmanuel Pierre, örtlichen Medien sagte, werden mindestens 18 weitere Menschen vermisst. Die Hälfte der Todesopfer seien Kinder.
Häuser, Autos und Vieh seien von den Wassermassen mitgerissen und Felder zerstört worden, meldete die Zeitung «Le Nouvelliste» unter Berufung auf Augenzeugen. In der Dominikanischen Republik, die sich die Insel Hispaniola mit Haiti teilt, kam eine Person in Zusammenhang mit dem Sturm ums Leben.
Hurrikanrisiko durch Klimawandel deutlich erhöht
Einer Analyse von Klimaforschern zufolge hat die Erderwärmung die Wahrscheinlichkeit für einen zerstörerischen Hurrikan wie «Melissa» um etwa das Vierfache erhöht. Eine Forschungsgruppe am Imperial College London berechnete, dass der Klimawandel ausserdem die Windgeschwindigkeit eines solchen Sturms um etwa sieben Prozent erhöht hat.
Die Forschenden modellierten anhand von Klimadaten, dass ein Hurrikan wie «Melissa» in einem Szenario ohne Erderwärmung nur etwa alle 8000 Jahre auf Jamaika getroffen wäre. Heute, auf einer bereits um etwa 1,3 Grad erwärmten Erde, sei ein solches Ereignis etwa alle 1700 Jahre zu erwarten. «Der menschengemachte Klimawandel hat Hurrikan Melissa eindeutig stärker und zerstörerischer gemacht», sagte Institutsdirektor Ralf Toumi einer Mitteilung zufolge.














