Die klassischen Medien werden an der Amtseinführung des brasilianischen Präsidenten Bolsonaro schikaniert. Bolsonaro setzt ohnehin auf Social-Media.
Unterstützer des neuen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro zeigen ein Banner von ihm am Tag seiner Amtseinführung. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der neue brasilianische Präsident Bolsonaro misstraut den klassischen Medien.
  • Jornal do Brasil-Journalist Herrera befürchtet trotzdem keine Zensur der Medien.
  • Bolsonaro-freundliche Blogger und Youtuber würden aber bevorzugt behandelt.

Der neue Präsident Brasiliens, Jair Bolsonaro, hatte den kritischen Medien im Land schon kurz nach seiner Wahl den Krieg erklärt. Dies, nachdem eine der grössten Zeitungen des Landes, die Folha de S.Paulo, einen Whatsapp-Skandal während seines Wahlkampfes aufgedeckt hatte.

Die grossen Medienunternehmen in Brasilien sind stark von staatlichen Werbeeinnahmen abhängig, weshalb während des Wahlkampfs wenig kritisch berichtet wurde.

Schikane bei Amtsübernahme

Bereits während der Zeremonie zur Amtsübernahme von Bolsonaro ereignete sich ein Vorfall, der für die brasilianischen Medien nicht Gutes verheisst. So berichteten verschiedene Medienschaffende, dass sie schlecht behandelt wurden.

Anders als bei Zeremonien in früheren Jahren hatten die Medienleute nicht die Freiheit, sich in den öffentlichen Gebäuden zu bewegen. Sie mussten bereits sieben Stunden vor Beginn eintreffen und hatten danach in einem Raum zu warten – eingesperrt, wie einige es nannten. Verschiedene Personen haben daraufhin protestiert und die Feierlichkeiten frühzeitig verlassen.

(Correio Braziliense: Journalisten verlassen den «Privat-Kerker».)

Gestern Samstag hat Bolsonaro mit verschiedenen Posts auf Twitter weiter Stimmung gegen die traditionellen Medien gemacht.

(Jair Bolsonaro: «Einige Sektoren der Medien kennen keine Grenzen, wenn es darum geht, 24 Stunden am Tag ohne die geringsten Bedenken Lügen zu erfinden.»)

Bolsonaro setzt auf soziale Medien

Der Journalist Roberto Herrera Peres beobachtet vor allem eines: «Was ich deutlich sehe, ist, dass Bolsonaro die sozialen Medien den traditionellen bevorzugt», so der Journalist der Zeitung Jornal do Brasil gegenüber Nau.

Journalist Roberto Herrera schreibt für die Zeitung Jornal do Brasil. - Nau

Herrera weist darauf hin, dass einige Bolsonaro-freundliche Youtuber und Blogger während der Amtseinführung bevorzugt behandelt wurden. «Sie konnten sich frei bewegen, alles begleiten und Interviews führen.» Der Journalist geht davon aus, dass sich dieser Trend hin zu sozialen Medien noch verstärken wird und einige Personen, die Bolsonaro unterstützen, direkteren Zugang zu Informationen erhalten werden.

Auf die Frage, wie frei er in seiner eigenen Arbeit im Moment ist, meint Herrera: «Ich kann mich durchaus kritisch positionieren. Das Jornal do Brasil hat eine allgemein kritische Haltung gegenüber Bolsonaros politischen Vorhaben, insbesondere, was die Umweltpolitik angeht.» Herrera scheint somit, im Gegensatz zu vielen anderen, vorsichtig optimistisch zu sein, was die journalistische Zukunft unter Bolsonaro betrifft.

*Ayse Turcan lebt seit Anfang 2018 in Rio de Janeiro, Brasilien. Sie schreibt einmal pro Woche für Nau darüber, was in Brasilien diskutiert wird, wie sich die Situation unter dem Präsidenten Jair Bolsonaro entwickelt und wie die brasilianische Bevölkerung darüber denkt.

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