In Libyen sind in Tripolis erneut Kämpfe zwischen rivalisierenden Regierungsanhängern ausgebrochen. Bei den Gefechten verloren mindestens 32 Menschen ihr Leben.
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Libyen: Bei Kämpfen in der Hauptstadt Tripolis sind mindestens 32 Personen getötet worden. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Libyen konkurrieren seit dem Tod Muammar Al-Gaddafis mehrere Fraktionen um die Macht.
  • Am Wochenende sind erneute Kämpfe zwischen rivalisierenden Regierungen ausgebrochen.
  • Die Gefechte forderten mindestens 32 Menschenleben, 159 weitere Personen wurden verletzt.

In Libyen sind erneute Kämpfe zwischen Anhängern rivalisierender Fraktionen ausgebrochen. Die Gefechte in der Hauptstadt Tripolis forderten mindestens 32 Menschenleben. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden bei den Kämpfen am Samstag zudem 159 Menschen verletzt. Wie ein AFP-Korrespondent in Tripolis berichtete, hatten die Kämpfe am Freitagabend begonnen und sich am Samstag auf weitere Stadtteile ausgebreitet.

Bei den Gefechten seien auch mindestens sechs Krankenhäuser beschädigt worden, teilte das Gesundheitsministerium mit. Krankenwagen konnten demnach nicht in die umkämpften Stadtteile vordringen.

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Die Gefechte in Libyen führten überdies zu erheblichen Sachschäden in Tripolis. - Keystone

Der Reporter der Nachrichtenagentur AFP schilderte erhebliche Sachschäden. So brannten mehrere Autos aus, Gebäude wurden durch Kugeln beschädigt oder in Brand gesteckt. Über Tripolis stiegen graue Rauchsäulen auf.

Seit 2011 anhaltende Machtkämpfe in Libyen

Seit dem Sturz und gewaltsamen Tod des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 wird Libyen von Gewalt und Machtkämpfen erschüttert. Seit März kämpfen zwei rivalisierende Regierungen um die Macht.

Im Mai kam es dabei nach einem gescheiterten Putschversuch in Tripolis erstmals zu schweren Kämpfen. Der Ministerpräsident Fathi Baschagha versuchte damals, die Übergangsregierung in Tripolis aus der Hauptstadt zu vertreiben. Baschagha wurde vom Parlament in Tobruk ernannt. Die Übergangsregierung unter der Aufsicht von Abdelhamid Dbeibah wird ihrerseits von der internationalen Gemeinschaft anerkannt.

Ursprünglich sollten in Libyen im Dezember 2021 Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattfinden. Sie wurden jedoch auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Parlament in Tobruk berief im Februar Ex-Innenminister Baschagha an die Spitze einer Übergangsregierung.

Er sollte den seit Anfang 2021 amtierenden Regierungschef Dbeibah ablösen. Dieser will die Macht jedoch nur an eine vom Volk gewählte Regierung abtreten.

Gegenseitige Schuldzuweisungen für die neuerlichen Kämpfe

Für die neuerlichen Kämpfe machten sich beide Seiten am Samstag gegenseitig verantwortlich.

Dbeibahs Regierung in Tripolis warf Baschagha vor, «im letzten Moment» aus Verhandlungen über Wahlen zum Jahresende ausgestiegen zu sein. Kurz darauf hätten die Kämpfe begonnen. Baschagha bestritt, dass es diese Gespräche gegeben habe. Er warf seinem Gegner vor, sich «an die Macht zu klammern».

Von Dbeibah wurde am Samstag ein Video veröffentlicht. Darin ist zu sehen, wie er Kämpfer grüsst, die sich um ihn geschart haben.

Die jüngsten Kämpfe vertiefen die Furcht, dass die politische Krise zu einem grösseren Konflikt auswachsen könnte. Die UN-Mission in Libyen rief zur «sofortigen Einstellung» der Kämpfe auf. Überdies verurteilte sie, dass «in von Zivilisten bewohnten Vierteln» geschossen werde. Die US-Botschaft in Tripolis äusserte sich «sehr besorgt» über die Gewalt.

Auch der Experte Emadeddin Badi von der US-Denkfabrik Atlantic Council warnte vor einer Eskalation. «Kriege in den Städten» mit ihren Verheerungen für die Menschen und die zivile Infrastruktur hätten ihre «eigene Logik». Das sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Selbst wenn der aktuelle Konflikt nicht lange dauere, werde er «sehr zerstörerisch» sein. Im Juli waren bei Kämpfen zwischen rivalisierenden Gruppen in Tripolis 16 Menschen getötet worden, darunter ein Kind.

Der Libyen-Experte Wolfram Lacher von der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik schrieb am Sonntag im Onlinedienst Twitter: Libyens wechselnde Allianzen seien eine «unendliche Geschichte». Die bewaffneten Gruppen, die sich bei den gestrigen Kämpfen in Tripolis auf derselben Seite befanden, werden sich morgen wieder streiten. Dabei gehe es um Territorium, Positionen und Budgets. Die Fraktionen, die «gestern für Dbeibah» gewesen seien, würden ihn «morgen herausfordern».

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