Indien greift mehrere Ziele in Pakistan an - mehrere Tote
Im Konflikt zwischen Indien und Pakistan spitzt sich die Lage zu. Am späten Dienstagabend hat das indische Militär mehrere Standorte in Pakistan angegriffen.

Das Wichtigste in Kürze
- Indien hat nach eigenen Angaben mehrere Ziele in Pakistan angegriffen.
- Bei den Zielen handelte es sich laut Indien um «terroristische Infrastruktur».
- Pakistan meldet mindestens acht Tote und spricht von einem Angriff auf «Zivilisten».
- Sicherheitsquellen melden ausserdem, dass das Land zwei indische Jets abgeschossen habe.
- Pakistan hat Vergeltung angekündigt und seinen Luftraum für 48 Stunden geschlossen.
Zwei Wochen nach einem Terroranschlag in der Unruheregion Kaschmir hat Indien nach eigenen Angaben mehrere Ziele in Pakistan angegriffen. Bei den Zielen handele es sich um «terroristische Infrastruktur», hiess es in einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums in Neu-Delhi.
Pakistanische Geheimdienstkreise und Pakistans Armee berichteten von indischen Luftangriffen in den Städten Kotli und Muzaffarabad im pakistanischen Teil der Himalaya-Region Kaschmir sowie in der Stadt Bahwalpur in der Provinz Punjab. In Bahwalpur sei eine Moschee angegriffen worden, hiess es weiter.
Die indischen Streitkräfte hatten bestätigt, dass sie im Rahmen der «Operation Sindoor» insgesamt neun Standorte in Pakistan und im pakistanisch besetzten Jammu und Kaschmir angegriffen haben.
Laut Indien waren die Massnahmen «zielgerichtet, massvoll und nicht eskalierend» gewesen und es seien keine pakistanischen Militäreinrichtungen angegriffen worden. Weiter hiess es: «Indien hat bei der Auswahl der Ziele und der Ausführungsmethoden erhebliche Zurückhaltung gezeigt.»
Pakistan meldet acht Tote, 35 Verletzte und zwei Vermisste
Informationen über Tote oder Verletzte gab es zunächst keine. Doch nach einer ersten Bestandsaufnahme sprach Pakistans Verteidigungsminister Khawaja Asif davon, dass bei dem Angriff «Zivilisten getötet wurden». Darunter sollen sich auch Frauen und Kinder befinden.
In einem Gespräch mit «GEO News» bezeichnete Asif den indischen Angriff als «feige und verdeckt» und sagte, er habe sich gegen die Zivilbevölkerung gerichtet. Indiens Behauptungen, es habe «Terroristenlager» angegriffen, seien falsch, fügte er hinzu.
Ein pakistanischer Militärsprecher erwähnte gegenüber den Medien zunächst drei Tote und 12 Verletzte. Laut dem pakistanischen Verteidigungsministerium befinde sich unter den Toten auch ein Kind. Später wurde die Zahl nach oben korrigiert: Laut Pakistan sind acht Zivilisten ums Leben gekommen, zwei Personen werden vermisst und 35 weitere wurden verletzt.

Der Militärsprecher sagte weiter, die pakistanische Luftwaffe habe schnell auf den Raketenangriff reagiert, ihre Abwehrsysteme aktiviert und indische Flugzeuge daran gehindert, in den pakistanischen Luftraum einzudringen. Ausserdem ist von pakistanischen Sicherheitsquellen zu erfahren, dass die pakistanische Luftwaffe als Vergeltung für die Angriffe zwei indische Kampfjets abgeschossen habe.
Weiter hat Pakistan seinen Luftraum für 48 Stunden geschlossen. Der Flugbetrieb der Flughäfen Islamabad und Lahore sei zudem bis auf weiteres eingestellt. Das teilte ein Sprecher der zivilen Luftfahrtbehörde der Deutschen Presse-Agentur auf Nachfrage mit.
«Pakistan wird darauf reagieren, wann und wo es will»
Der Generalstabschef der pakistanischen Streitkräfte, Generalleutnant Ahmed Sharif Chaudhry, sagte, Pakistan werde auf die «feigen» Angriffe Indiens auf Zivilisten angemessen reagieren. Gegenüber der Zeitung «Dawn», sagte Chaudhry: «Ich sage es unmissverständlich: Pakistan wird darauf reagieren, wann und wo es will. Diese abscheuliche Provokation wird nicht unbeantwortet bleiben.»
Pakistans Premierminister Shehbaz Sharif hat eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsausschusses in Islamabad angekündigt. Das Treffen wurde demnach für Mittwochmorgen 10 Uhr (Ortszeit) angesetzt.

In einer auf X veröffentlichten Stellungnahme schrieb Sharif: «Pakistan hat jedes Recht, auf diesen von Indien aufgezwungenen Kriegsakt mit Gewalt zu reagieren, und es wird eine solche Reaktion auch geben.» Er sagte, die «gesamte Nation» stehe hinter den pakistanischen Streitkräften, wenn es darum gehe, «mit dem Feind umzugehen».
Reaktion auf Terroranschlag in Kaschmir
Die Angriffe sind eine erhebliche Eskalation der jüngsten Spannungen zwischen den beiden Atommächten. Ausgelöst wurden sie durch einen Terroranschlag am 22. April in dem indischen kontrollierten Teil der Unruheregion Kaschmir. Bewaffnete Angreifer hatten dort auf einer Bergwiese in einer Urlaubsgegend nahe der Stadt Pahalgam 26 Menschen getötet – vorwiegend indische Touristen. Die Regierung in Neu-Delhi wirft Pakistan eine Beteiligung vor, was Islamabad zurückweist.
Seit dem Anschlag haben sich beide Länder mit Strafmassnahmen überzogen, unter anderem Staatsbürger der jeweils anderen Seite ausgewiesen und die diplomatischen Beziehungen reduziert. Experten stufen besonders Indiens Entscheidung als schwerwiegend ein, den sogenannten Indus-Wasservertrag mit dem Nachbarn auszusetzen. Der Vertrag regelt die Wassernutzung beider Seiten des Indus und seiner Nebenflüsse. Islamabad nannte die Aussetzung des Vertrags eine Kriegshandlung und drohte mit entsprechenden Gegenmassnahmen.

Die Kaschmir-Region im Himalaya ist zwischen Pakistan und Indien geteilt – beide beanspruchen aber das ganze Gebiet für sich. Die Ursprünge des Konflikts reichen bis in die Kolonialzeit zurück. 1947 entliessen die Briten den indischen Subkontinent in die Unabhängigkeit und teilten diesen auf. Aus der Teilung entstand neben dem überwiegend hinduistischen Indien der neue Staat Pakistan für Muslime. Die gewaltvoll verlaufene Teilung nährt bis heute eine erbitterte Rivalität. Seit ihrer Unabhängigkeit führten beide Länder drei Kriege gegeneinander, zwei davon um Kaschmir.