Der Dalai Lama forderte einen Buben auf, seine Zunge zu lecken. Das Video sorgte weltweit für einen Aufschrei. Viele Tibeter stellen sich hinter das Oberhaupt.
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Der Dalai Lama streckt einem Bub die Zunge raus und bat ihn, sie zu lecken. - YouTube

Das Wichtigste in Kürze

  • Viele Tibeter stellen sich hinter den Dalai Lama.
  • Beim berüchtigten Zungen-Video handle es sich um ein «kulturelles Missverständnis».
  • Einige glauben zudem an eine Schmierkampagne Chinas gegen das buddhistische Oberhaupt.
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Ein Video zeigt, wie der Dalai Lama einen Bub auf den Mund küsst und ihn auffordert, seine Zunge zu lecken. Dafür streckt das buddhistische Oberhaupt seine Zunge raus.

Die Interaktion ging viral und löste teils heftige Kritik aus. Während einige von sexuellem Missbrauch sprechen, stellen sich viele Tibeter hinter ihn.

Ihr Argument: Der Austausch sei missinterpretiert worden und könne durch kulturelle Unterschiede erklärt werden.

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Der Dalai Lama sei für seine spielerische Art bekannt, argumentieren seine Anhänger.
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Tibeter glauben an ein «kulturelles Missverständnis».
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Das Rausstrecken der Zunge sein in Tibet ein Zeichen des Respekts.
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Die Anhänger des buddhistischen Oberhauptes nennen die Vorwürfe unsinnig.

In Tibet sei das Herausstrecken der Zunge ein traditioneller Gruss und ein Zeichen des Respekts. Der buddhistische Führer habe dem Kind deswegen die Zunge rausgestreckt, so der Tenor. Seine Anhänger sehen dahinter keine intime oder gar sexuelle Handlung, sondern ein «kulturelles Missverständnis».

Dalai Lama: Tibeter glauben an Schmierkampagne

Tsering Kyi, eine in den USA lebende tibetische Journalistin, glaubt an eine Schmierkampagne von China. Man wolle den buddhistischen Führer so diskreditieren. Der Dalai Lama lebt seit über 60 Jahren im Exil. 1959 floh er vor der chinesischen Regierung nach Indien, wo er seitdem lebt.

Er forderte einen Buben auf, seine Zunge zu lutschen – sollte der Dalai Lama zurücktreten?

Zu «Vice News» sagt Kyi: «Ich erinnere mich noch daran, als der grosse christliche spirituelle Führer, Desmond Tutu, den Dalai Lama in Indien besuchte. Sie umarmten und küssten sich wie zwei Kinder. Es war eine schöne Liebesbekundung, aber einige Leute mit schmutzigen Gedanken interpretierten es damals auch als etwas anderes.»

Kyi argumentiert zudem, dass der Dalai Lama nicht gut Englisch spreche. Er sage deshalb manchmal Sachen, die andere als unangebracht sehen. «Es bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass er beabsichtigt, negativ zu sein.»

«Kritisches Klima»

Dorothea Lüddeckens, Religionswissenschaftlerin der Universität Zürich glaubt: Der Vorfall spielt den Kritikern des Buddhisten-Oberhaupt in die Hände – «ganz gleich in welchen kulturellen Kontext man das auch immer stellen könnte».

Die Expertin erklärt gegenüber Nau.ch: Derzeit herrscht ein «kritisches Klima» im Hinblick auf sexuellen Missbrauch im Zusammenhang mit religiösen Institutionen und deren Vertretern. Es sei deshalb «erstaunlich», dass dem Dalai Lama nicht klar war, dass eine solche Aktion einen Aufschrei auslösen könnte.

Entschuldigung sorgt für Aufschrei

Der 87-Jährige selber hat mittlerweile einer eine Entschuldigung veröffentlicht: Der Junge habe nach einer Umarmung gefragt, schreibt der Dalai Lama. «Seine Heiligkeit neckt oft Leute, die er trifft, auf eine unschuldige und verspielte Art. Sogar in der Öffentlichkeit und vor Kameras.» Er bedaure den Vorfall.

In den sozialen Medien kam seine Entschuldigung nicht gut an. Das Statement sei «inakzeptabel, unsympathisch und unbarmherzig», wird auf Twitter kommentiert. Dem Dalai Lama wird vorgeworfen, keine Verantwortung für «unangemessenes Verhalten» zu übernehmen. Viele fordern seinen Rücktritt.

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