Die Befürchtungen der deutschen Landwirte sind wahr geworden: Als Folge der Schweinepest bricht der wichtigste Absatzmarkt in Asien weg, der zuletzt sogar florierte. Und überhaupt sinken die Preise.
Das Eindringen der Afrikanischen Schweinepest nach Deutschland macht den niedersächsischen Schweinehaltern wirtschaftlich grosse Sorge. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa
Das Eindringen der Afrikanischen Schweinepest nach Deutschland macht den niedersächsischen Schweinehaltern wirtschaftlich grosse Sorge. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bisher geht es nur um ein einzelnes totes Wildschwein ganz im Osten der Republik.

Doch das Auftauchen der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland schlägt bei Landwirten generell immer heftiger aufs Geschäft.

Nach Südkorea verhängte am Samstag auch China als grösster Abnehmer für deutsches Schweinefleisch ausserhalb der Europäischen Union einen Stopp für Einfuhren «Made in Germany». Die Bundesregierung will sich trotzdem noch um gewisse Handelsmöglichkeiten bemühen. Die Bauern alarmiert ausserdem, dass die Schweinepreise abrupt abgesackt sind. Tierhalter setzen auf wirksame Schutzvorkehrungen, um Schweineställe gegen die Seuche abzuschotten.

Die Reaktion Chinas war bereits befürchtet worden - und doch ein Schlag ins Kontor. «Der Exportstopp macht uns grosse Sorge», sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied. China ist der grösste Konsument von Schweinefleisch weltweit. Dorthin gehen laut Bundesagrarministerium 17 Prozent der deutschen Schweinefleisch-Ausfuhren. Interessant sind die asiatischen Märkte besonders auch deshalb, weil dort Teile wie Ohren und Pfoten gefragt sind, die hierzulande kaum Abnehmer finden. Gerade dafür jetzt Ersatzmärkte zu finden, dürfte schwierig sein.

Da China seit 2018 selbst gegen einen massiven Schweinepest-Ausbruch kämpft, war es zuletzt ein sehr lukrativer Markt. Denn die Tierseuche hat grosse Teile der Schweinebestände dahingerafft. Der Import-Bedarf im bevölkerungsreichsten Land der Erde ist deswegen sehr gross. Ein «Nachfragesog» aus China bescherte deutschen Exporteuren denn auch trotz der Corona-Krise Umsatzrekorde, wie das Statistische Bundesamt ermittelte. Die Exportmenge verdoppelte sich von Januar bis April 2020 auf 158 000 Tonnen. Der Exportwert schnellte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 126 Millionen Euro auf 424 Millionen Euro hoch.

Damit ist nun Schluss. Das Einfuhrverbot gilt laut chinesischer Zollverwaltung seit Samstag. Alle Lieferungen von Fleisch und Produkten von Schweinen oder Wildschweinen, die nun noch verschifft werden, sollen zerstört oder zurückgeschickt werden. Alle vorher abgesandten Lieferungen werden vor einer Freigabe erst verschärft untersucht. Das Verbot kam zwei Tage, nachdem die für Menschen ungefährliche Tierseuche erstmals bei einem toten Wildschwein in Brandenburg nahe der Grenze zu Polen nachgewiesen worden war.

Das Bundesagrarministerium will mit der chinesischen Regierung im Gespräch bleiben, um noch eine Regionalisierungs-Vereinbarung zu erreichen. Dies zielt darauf, Einfuhrstopps wegen der Schweinepest nur auf Betriebe aus betroffenen deutschen Regionen zu beschränken - und nicht aus ganz Deutschland. Rukwied sagte, es müsse wenigstens mittelfristig möglich sein, dass aus Schweinepest-freien Gebieten weiter geliefert werden kann. So ist es auch innerhalb der EU geregelt, in die rund 70 Prozent der Schweinefleisch-Exporte gehen.

China trifft der Handelsstopp auch selbst hart. Deutschland war der drittwichtigste Lieferant von Schweinefleisch für seinen grossen Markt. Die Preise dafür sind in China ohnehin schon stark in die Höhe geklettert und tragen massgeblich zum Anstieg der Inflation bei. Das Importverbot wird den Mangel an Schweinefleisch erneut verstärken und die Preise nochmals steigen lassen. Andere Exporteure wie die USA und Spanien könnten profitieren. Experten rechnen damit, dass jetzt auch die Weltmarktpreise insgesamt anziehen könnten. Die Schweinepest war Ende 2018 in China ausgebrochen. Weit mehr als 100 Millionen Tiere starben im vergangenen Jahr oder mussten notgeschlachtet werden.

Den deutschen Bauern macht jetzt auch ein akuter Preisrutsch Sorgen. «Die Krise darf von den Verarbeitern und vom Handel nicht zu Lasten der Bauern ausgenutzt werden», warnte Rukwied. Einen Tag nach Bekanntwerden des Falls in Brandenburg stürzte der Schweinepreis am Freitag nach Branchendaten um 20 Cent auf 1,27 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht. Das sei «überzogen und inakzeptabel», wetterte der Bauernpräsident. Dabei lagen die Preise, die sich längst an internationalen Märkten orientieren, über den Juni hinweg noch bei 1,66 Euro je Kilogramm. Angesichts des Corona-Ausbruchs im grossen Tönnies-Schlachthof ging es dann aber auf 1,47 Euro herunter.

Der FDP-Agrarpolitiker Karlheinz Busen nannte Chinas Importbann «eine riesige Katastrophe für die deutsche Landwirtschaft». Man müsse den internationalen Handelspartnern beweisen, dass alles zum Eindämmen der Schweinepest getan werde. Am Fundort des infizierten Wildschweins in der Gemeinde Schenkendöbern in Brandenburg wurde am Wochenende im Radius von drei Kilometern ein mobiler Elektrozaun fertig aufgebaut. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte bei einem Besuch am Samstag, mit den Massnahmen stehe man «in der Verantwortung für ganz Deutschland». Mit dem Zaun sollen keine Wildschweine aus der Kernzone herauskommen und die Seuche auf andere Tiere und Regionen übertragen.

Die Landwirte setzen auch bundesweit auf Schutzvorkehrungen, wie Rukwied sagte: «Unsere deutschen Schweinehalter haben bereits sehr viele Massnahmen ergriffen und machen jetzt noch mehr, um das Virus aus ihren Ställen herauszuhalten.» Hygieneschleusen seien seit längerem Standard. Der Zutritt zu Ställen sei begrenzt worden.

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