Die politische Krise in Tunesien spitzt sich weiter zu. Heute Sonntag kam es erneut zu grossen Protesten.
Tunesien
Demoteilnehmer in Tunesien. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Tunesien protestierten Tausende gegen Präsident Kais Saied.
  • Er hatte zuvor das Parlament aufgelöst und den Regierungschef abgesetzt.
  • Kritiker sprechen von einem Staatsstreich.

In Tunesien haben sich Tausende zum bisher grössten Protest gegen die umstrittenen Massnahmen von Präsident Kais Saied versammelt. Die Teilnehmer riefen heute Sonntag Parolen wie «Nieder mit dem Putsch» und wandten sich auf Schildern gegen die «Spaltung des Volks», wie Augenzeugen berichteten.

An der Demonstration in der Hauptstadt Tunis nahmen unter anderem Anhänger der islamistischen Ennahda und der neu gegründeten Bewegung «Muatinun dida al Inkilab» («Bürger gegen den Putsch») teil. Eine Woche zuvor hatten Saieds Unterstützer im Zentrum von Tunis demonstriert. Die politische Krise in dem kleinen Land in Nordafrika spitzt sich immer weiter zu.

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Der Präsident der tunesischen Republik Kaïs Saïed. (Archivbild) - AFP

Hintergrund sind umstrittene Massnahmen von Staatschef Saied, der das Parlament vergangenen Monat auflöste. Zuvor hatte er den Regierungschef abgesetzt. Der Ex-Juraprofessor Saied, der seit Oktober 2019 im Amt ist, hat seine Schritte gegen Kritik verteidigt und erklärt, sich im Rahmen der Verfassung zu bewegen. Seine Gegner sprechen dagegen von einem Staatsstreich.

Saied hat für Juli eine Volksabstimmung über die Verfassung sowie einen «nationalen Dialog» angekündigt. Es ist aber unklar, über welche Änderungen die Tunesier dabei abstimmen und welche Themen im Dialog verhandelt werden sollen. Teile der Opposition behaupten, Saied wolle Parteien im Land auflösen und ihre Chefs sowie andere politische Führungsfiguren unter Hausarrest stellen lassen.

Unterdessen geraten auch Journalisten offenbar zunehmend unter Druck. Im jährlichen Ranking der Hilfsorganisation Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit weltweit fiel Tunesien zuletzt um mehr als 20 Plätze und liegt nun auf Platz 94 von 180.

Tunesien kämpft seit Jahren mit einer Wirtschaftskrise und hoher Arbeitslosigkeit vor allem bei Jugendlichen. Es galt lang Zeit als einziges Land, das nach den arabischen Aufständen ab 2010 den Übergang zur Demokratie geschafft hat.

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