Die USA halten den Druck gegen die russisch-deutsche Ostsee-Pipeline aufrecht - wie angedroht. Russland will nun mit Gegenmassnahmen reagieren - ein anderes Land dagegen begrüsst die Entwicklung.
Ein rot-weisses Absperrband hängt vor der sogenannten «Molchstation» in der Gasanlandestation von Nord Stream 2. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa
Ein rot-weisses Absperrband hängt vor der sogenannten «Molchstation» in der Gasanlandestation von Nord Stream 2. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die USA wollen wegen der umstrittenen deutsch-russischen Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 weitere Sanktionen verhängen.
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Betroffen seien das mit der Pipeline befasste und mit Russland in Verbindung stehende Unternehmen Transadria und dessen Schiff «Merlin», teilte das Aussenministerium am Montag in Washington mit. Damit seien inzwischen acht Personen oder Einrichtungen sowie 17 Schiffe mit Sanktionen belegt. Russland kritisierte die Sanktionen am Dienstag als Verstoss gegen internationales Recht und drohte mit Gegenmassnahmen.

US-Aussenminister Antony Blinken betonte, die neuen Strafen stünden im Einklang mit dem Widerstand der US-Regierung gegen die Pipeline, die Gas unter Umgehung der Ukraine von Russland nach Deutschland bringen soll. Gleichzeitig werde man die Zusammenarbeit mit Deutschland und anderen Verbündeten fortsetzen, um die Gefahr der Pipeline für die Ukraine und östliche Nato-Staaten zu senken. Kritiker sehen in Nord Stream 2 vor allem ein geopolitisches Projekt Russlands.

Russland

In Moskau sagte Aussenminister Sergej Lawrow, dies sei ein weiteres «abstossendes Beispiel», wie die USA versuchten, russischen Unternehmen das Leben schwer zu machen. «Wir werden auf diese unfreundlichen Schritte angemessen reagieren», sagte er. Kremlsprecher Dmitri Peskow warf den USA ein «unrechtmässiges Vorgehen» vor. Besonders vor dem Hintergrund, dass Moskau und Washington in Zeiten schwerer Spannungen wieder Dialog pflegen wollten, sei dies nicht der richtige Weg, sagte er der Agentur Interfax zufolge.

Die USA versuchten weiter, die russisch-europäische Energiezusammenarbeit zu erschweren, indem sie gegen die fertige Pipeline vorgingen, kritisierte der russische Botschafter Anatoli Antonow in Washington. «Den ganzen Druck gegen den russischen Energieexport nach Europa betrachten wir als unlauteren Wettbewerb, der die Prinzipien der freien Marktwirtschaft verletzt.»

Im jahrelangen Streit um das Projekt hatten die Bundesregierung und die Regierung von US-Präsident Joe Biden im Juli einen Durchbruch verkündet. Sie veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der der Ukraine Unterstützung zugesagt wurde. Die US-Regierung räumte zudem ein, dass sie die Pipeline nicht mehr wird verhindern können - und sah daher zunächst von drastischeren Sanktionen ab - etwa gegen die in der Schweiz registrierte Betreibergesellschaft der Pipeline.

Die Ankündigung der jüngsten Sanktionen war Teil eines Berichts an den US-Kongress, zu dem die Regierung gesetzlich verpflichtet ist. Alle drei Monate muss sie dem Parlament einen Fortschrittsbericht zu ihren Bemühungen in Sachen Nord Stream 2 vorlegen.

Zertifizierungsverfahren ausgesetzt

Durch den fertigen 1230 Kilometer langen Doppelstrang von Russland durch die Ostsee nach Deutschland fliesst bislang aber noch kein Erdgas. In der vergangenen Woche setzte die Bundesnetzagentur ein nötiges Zertifizierungsverfahren vorerst aus. Der Betreiber Nord Stream 2 AG ist eine Tochterfirma des russischen Gaskonzerns Gazprom.

Der ukrainische staatliche Gaskonzern Naftogaz begrüsste die neuerlichen US-Sanktionen. «Russland nutzt Erdgas gerade in vollem Ausmass als geopolitische Waffe gegen die Ukraine und gegen andere europäische Staaten», sagte Naftogaz-Chef Jurij Witrenko. Die US-Sanktionen seien daher ein «mächtiges Instrument», um Russlands Bemühungen zu stoppen.

Gleichzeitig warf der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, Deutschland Untätigkeit vor: «Obwohl 123 Tage seit der Verkündung der gemeinsamen Erklärung vergangen sind, ist bis heute gar nichts geschehen, um die bestehenden wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Gefahren für die Ukraine wegen der Nord-Stream-2-Pipeline zu beseitigen», sagte Melnyk der «Welt».

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