Nach Luftangriffen hat die Türkei in Nordsyrien nun auch mit einer Bodenoffensive begonnen. Donald Trump fällt währenddessen mit einem bizarrem Vergleich auf.
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Syrer flüchten vor der Bodenoffensive des türkischen Militärs. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bei Luftangriffen und Artillefeuer der Türkei in Nordsyrien starben bisher 15 Menschen.
  • Nun hat das Erdogan-Militär auch mit der Bodenoffensive gegen kurdische Milizen begonnen.
  • Donald Trump erklärt den Truppenabzug mit dem Zweiten Weltkrieg.

Die Türkei hat nach Luftangriffen und Artilleriefeuer gegen kurdische Milizen in Nordsyrien nun auch mit einer Bodenoffensive begonnen. Das bestätigte das türkische Verteidigungsministerium in Ankara am späten Mittwochabend über Twitter.

«Unsere heldenhaften türkischen Streitkräfte und die Nationale Syrische Armee haben im Rahmen der ‹Operation Friedensquelle› ihre Bodenoffensive im Osten des (Flusses) Euphrat begonnen», hiess es im Text.

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Die türkische Armee beginnt mit der Bodenoffensive in Nordsyrien. - dpa

Mit der Nationalen Syrischen Armee sind von der Türkei unterstützte syrische Rebellen gemeint. Wo die Soldaten die Grenze überquerten und wie viele Truppen verlegt wurden, blieb zunächst unklar.

US-Präsident zieht bizarren Vergleich

Der US-Präsident Donald Trump erklärt den Truppenabzug aus Nordsyrien mit einem bizarren historischen Vergleich. Einer der Gründe sei, dass die Kurden die USA nicht im Zweiten Weltkrieg unterstützt haben: «Sie haben uns beispielsweise nicht mit der Normandie geholfen», so Trump am Mittwoch in Washington.

Erdogans Spitzenberaterin sagte zudem gegenüber der «CNN», dass Trump im Voraus über das Ausmass des türkischen Angriffs Bescheid wusste.

Der republikanische Zorn gegen Donald Trump wächst währenddessen.

Recep Tayyip Erdogan gab Start bekannt

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Start des lange geplanten Militäreinsatzes am Mittwochnachmittag per Twitter bekannt gegeben. Ziel der Offensive ist die kurdische YPG-Miliz, die auf syrischer Seite der Grenze ein grosses Gebiet kontrolliert.

Recep Tayyip Erdogan
Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei. - dpa

Die Türkei sieht in ihr einen Ableger der in der Türkei verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit eine Terrororganisation.

Erdogan schrieb am Nachmittag auf Twitter: «Unser Ziel ist, den Terrorkorridor, den man an unserer südlichen Grenze aufbauen will, zu zerstören und Frieden und Ruhe in die Region zu bringen.»

Luftangriffe und Artilleriefeuer töten 15 Menschen

Am Nachmittag und Abend waren die türkischen Streitkräfte mit Luftangriffen und Artilleriefeuer zunächst vor allem an zwei Standorten vorgegangen: Tal Abad und Ras al-Ain. Ras al-Ain liegt gegenüber dem türkischen Ort Ceylanpinar in der südosttürkischen Provinz Sanliurfa. Tal Abiad liegt nahe der türkischen Grenzstadt Akcakale.

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Die Militäroffensive der Türkei begann mit Luftangriffen und Artilleriefeuer. - dpa

In den ersten Stunden der Angriffe, die um 16 Uhr Ortszeit begannen, seien mindestens 15 Menschen getötet worden, sagten Aktivisten. Unter den acht zivilen Opfern seien auch zwei Kinder, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Bei den anderen Toten handle es sich um Kämpfer der von Kurden angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF). Die Menschenrechtler berichteten zudem von mehr als 40 Verletzten, darunter 13 Zivilisten.

US-Senatoren wollen Erdogan mit Sanktionen belegen

Die Offensive löste international scharfe Kritik aus. Senatoren im US-Kongress bereiteten eine parteiübergreifende Resolution für Sanktionen gegen die Türkei vor. Der Entwurf sieht vor, dass etwaiger Besitz Erdogans, des türkischen Vizepräsidenten und mehrerer Minister in den USA eingefroren würde. Ausserdem würden Visabestimmungen für die politische Führung des Landes verschärft.

Der Entwurf sieht zahlreiche weitere Strafmassnahmen gegen die Türkei vor. Unter anderem würde der Verkauf von US-Rüstungsgütern für die türkischen Streitkräfte verboten. Auch Ausländer, die Rüstungsgeschäfte mit den türkischen Streitkräften machten, würden mit Sanktionen belegt. Dasselbe gilt für Geschäfte mit dem türkischen Energiesektor.

Lindsey Graham
Der republikanische Senator Lindsey Graham. - AFP

Den Entwurf präsentierten Lindsey Graham (Republikaner) und Chris Van Hollen (Demokraten). Van Hollen teilte mit, der Entwurf der Resolution werde eingebracht, sobald der Kongress in der kommenden Woche aus seiner Sitzungspause zurückkehre. Er werde dann um eine sofortige Abstimmung bitten, um eine klare Botschaft an die Türkei zu schicken, dass sie die Offensive einstellen und ihre Truppen zurückziehen müsse.

Graham teilte mit, er erwarte eine breite überparteiliche Unterstützung für die Resolution. Nach dem Senat müsste das Repräsentantenhaus abstimmen. Trump könnte anschließend sein Veto einlegen, das nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat überstimmt werden könnte.

Trump ebnete Einmarsch für türkische Truppen

Mit dem Abzug von US-Truppen aus dem syrischen Grenzgebiet zur Türkei hatte Trump dem türkischen Einmarsch den Weg geebnet. Graham - sonst ein Verbündeter des Präsidenten - und zahlreiche andere Kritiker warfen Trump vor, die Kurdenmilizen in Nordsyrien im Stich gelassen zu haben. Sie waren der engste Verbündete der US-Streitkräfte im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Donald Trump Erdogan
US-Präsident Donald Trump. - AFP/Archiv

Trump bezeichnete die Offensive als «keine gute Idee» und drohte Erdogan am Mittwoch mit ökonomischen Konsequenzen, sollte dieser in Syrien nicht «so human wie möglich» vorgehen. Er äusserte sich nicht dazu, wie er das definieren würde.

Auf die Frage eines Reporters, ob er besorgt sei, dass Erdogan die Kurden «auslöschen» könnte, antwortete Trump: «Wenn das passiert, werde ich seine Wirtschaft auslöschen.» Die Strafen gegen die Türkei würden dann weit über Sanktionen hinausgehen.

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