Den Zaun in der texanischen Kleinstadt Del Rio an der Grenze zu Mexiko gab es schon, da war an Donald Trump als US-Präsident noch nicht zu denken. Das Skelett aus schwarzen Streben erstreckt sich auf etwas mehr als drei Kilometern Länge und ist etwa dreieinhalb Meter hoch.
ARCHIV - Donald Trump, Präsident der USA, spricht 2020 bei einem Rundgang an einem Abschnitt der Grenzmauer zwischen Mexiko und den USA. (Archivbild) Foto: Evan Vucci/AP/dpa
ARCHIV - Donald Trump, Präsident der USA, spricht 2020 bei einem Rundgang an einem Abschnitt der Grenzmauer zwischen Mexiko und den USA. (Archivbild) Foto: Evan Vucci/AP/dpa - sda - Keystone/AP/Evan Vucci
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Das Wichtigste in Kürze

  • Trump wollte an der Grenze zu Mexiko aber klotzen, nicht kleckern - und über weite Strecken eine Mauer hochziehen lassen, es war eines seiner wichtigsten Projekte.

Auch in Del Rio sollte eine neue Barriere den bisherigen Zaun ersetzen. Doch seit Ende Januar passiert nichts mehr auf der Baustelle.

Als eine seiner ersten Amtshandlungen legte US-Präsident Joe Biden das Herzensanliegen seines republikanischen Vorgängers still, indem er die Finanzierung der Mauer stoppte, die mit ihren hohen, metallenen Stelen genau genommen auch eher ein Zaun als eine Mauer ist. «Der Bau einer massiven Mauer, die die gesamte südliche Grenze umspannt, ist keine ernsthafte politische Lösung», hiess es im Januar in Bidens Verfügung. «Es ist eine Verschwendung von Geld, die die Aufmerksamkeit von echten Bedrohungen für unsere innere Sicherheit ablenkt.»

Auch in Del Rio zogen die Arbeiter in der Folge ab. Der ursprüngliche schwarze Zaun verläuft nun stellenweise parallel zu mehreren Teilen des neuen, rostbraunen, mehr als neun Meter hohen Grenzwalls. Tiefe Gräben warten derzeit vergebens darauf, dass weitere Teile der neuen Struktur eingelassen werden. Hier steht weder der alte noch der neue Zaun komplett. Der Sheriff im Ort, Joe Frank Martinez, ärgert sich besonders über zwei Stellen, an denen Lücken zwischen Zaunabschnitten provisorisch mit feinem Maschendrahtzaun verbunden wurden. «Es ist ein Schandfleck», sagt er. «Sie müssen beenden, was sie angefangen haben.»

Auf den neuen Grenzwall könnte der Sheriff des Val Verde Countys rund 320 Kilometer südwestlich von Austin im Prinzip verzichten. Mit Blick auf den alten Zaun sagt er: «Die Struktur, die wir dort haben, hat ihre Aufgabe erfüllt. Konnten Leute hochklettern? Ja, aber ich glaube nicht, dass wir so viele Übertritte dadurch hatten.» Der Zaun habe dafür gesorgt, dass Kriminelle nicht an jeder beliebigen Stelle nach der Überquerung des Flusses in Wohngegenden verschwinden konnten. «Er hat die Leute aus der Stadt in die Aussenbezirke gebracht, sodass der Grenzschutz mehr Gelegenheit hatte, diese Personen zu verhaften.» Das habe für Sicherheit in der Stadt gesorgt, die Kriminalitätsrate sei gesunken. Wenn es nach Sheriff Martinez ginge, sollte der neue Zaun nun entweder vollendet - oder der alte Zaun wieder zusammengesetzt werden.

Im Südosten von Texas, wo man sich bereits auf die nahende Hurrikan-Saison vorbereitet, sorgte der abrupte Stopp der Bauarbeiten für Sorge beim Hochwasserschutz. Für den Bau neuer Abschnitte von Trumps Grenzwall in der Gegend wurde an mehreren Stellen ein Damm abgetragen, um Baumaterialien hindurch transportieren zu können. Der Damm schützt das tief liegende Gebiet im Hidalgo County vor Überschwemmungen. Der zuständige Richter des Bezirks, Richard Cortez, warnte Mitte April: «Das ist eine sehr kritische, gefährliche Situation.»

Nun hat die zuständige Einheit des US-Heeres, das Army Corps of Engineers, mitgeteilt, dass der Hochwasserdeich im Rio Grande Valley repariert werde. «Um das klarzustellen: Der Bau der Mauer ist weiterhin unterbrochen», hiess es. Es handele sich lediglich um Sanierungsarbeiten, nicht um eine Erweiterung der Grenzmauer.

Trump hatte vor seiner Wahl zum Präsidenten 2016 versprochen, eine «wunderschöne Mauer» an der rund 3200 Kilometer langen Südgrenze zu errichten, um Einwanderer ohne Papiere sowie Drogenschmuggler und andere Kriminelle fernzuhalten. Der US-Kongress verweigerte ihm für das umstrittene Vorhaben die Mittel. Mit der Erklärung eines nationalen Notstands an der Südgrenze umging Trump die Blockade und liess Gelder aus dem Verteidigungshaushalt für den Mauerbau umwidmen. Teil von Trumps Versprechen war, dass Mexiko für den Bau bezahlen werde, was aber nie geschah.

Nach offiziellen Angaben sind knapp 730 Kilometer von Trumps Projekt fertiggestellt worden. Trump hatte ursprünglich mal von rund 1100 bis 1450 Kilometern gesprochen, auf denen die neue Mauer entstehen sollte. Angesichts des grossen Widerstandes gegen sein Vorhaben war der damalige Präsident aber nach und nach von einzelnen Forderungen und Versprechungen abgerückt. Zumeist ersetzt sein Grenzwall bereits bestehende und veraltete Grenzanlagen - wie auch das Beispiel von Del Rio verdeutlicht.

Umweltschützer applaudierten nach Bidens Entscheidung, dem Mauerbau ein Ende zu setzen. Der Aktivist Laiken Jordahl spricht auf Twitter von «fürchterlichen Wunden», die das Projekt der Wildnis in Arizona hinzugefügt habe. Bergspitzen seien weggesprengt, Tausende uralte Kakteen entwurzelt und zerstört worden. Trump habe Chaos in den Grenzgebieten hinterlassen. Er fordert, dass für die Mauer gedachtes Geld in die Wiederherstellung der Naturräume fliesst.

Aus Sicht von Sheriff Leon Wilmot im Yuma County im Bundesstaat Arizona setzt Biden mit seiner Entscheidung die Nationale Sicherheit aufs Spiel. Auch in Wilmots Bezirk wurden die geplanten Arbeiten angehalten. 185 Kilometer des Walls seien aber gebaut worden, sagt der Sheriff, ein Teil davon in einem abgelegenen Teil der Wüste. Wilmots Hauptsorge sind die mexikanischen Drogen-Kartelle, die ihm zufolge die Offenheit der Wüsten ausnutzen, um Rauschgift ins Land zu bringen. Die neue Regierung tue das Gegenteil dessen, was Experten des Grenzschutzes für nötig hielten, um die Grenze zu sichern, sagt er. Biden sei schlecht beraten, alles rückgängig zu machen, was die Vorgängerregierung durchgesetzt habe.

Biden hat mit der harten Abschottung der Südgrenze durch Trump gebrochen. Minderjährige Migranten werden aus humanitären Gründen nicht mehr abgeschoben. An der Grenze zu Mexiko während der Amtszeit von Trump getrennte Familien sollen wieder zusammengeführt werden. An einem von Trump verfügten Einwanderungsstopp im Zuge der Corona-Pandemie hält Biden zwar generell fest, Medien berichten aber, dass unter anderem für Familien mit kleinen Kindern vermehrt Ausnahmen gemacht würden, die in den mexikanischen Grenzstädten als besonders gefährdet gelten. Angesichts steigender Zahlen aufgegriffener Migranten wird Biden insbesondere aus den Reihen der Republikaner vorgeworfen, mit seinem liberaleren Migrationskurs die Menschen zum illegalen Grenzübertritt zu ermuntern.

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