Agentenmangel: CIA sucht Spione nun per Video in China
CIA veröffentlicht in China filmreife Werbevideos, um frustrierte Kader für Spionage anzuwerben – trotz massiver Überwachung.
Das Wichtigste in Kürze
- Die CIA setzt in China auf Kurzfilme im Netflix-Stil zur Agentenrekrutierung.
- Zielgruppe sind junge, frustrierte Beamte mit Zugang zu sensiblen Daten.
- Massive Überwachung und Enttarnungen erschweren US-Spionage massiv.
Die CIA hat in China eine neue Werbestrategie lanciert: Mit emotional aufgeladenen Kurzfilmen, die an Netflix-Serien erinnern, sollen Beamte für die Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst gewonnen werden.
Die Videos kursieren derzeit auf chinesischen Social-Media-Plattformen – trotz strikter Internetzensur.
In einem der Filme ist ein hochrangiger Funktionär zu sehen, der mit seiner Frau in einem edlen Restaurant speist. Während ihn Überwachungskameras und Agenten im Auge behalten, spricht er von seiner Angst, selbst Opfer des autoritären Apparats zu werden.
«Mein Schicksal ist genauso prekär wie das derer über mir», sagt er – und kontaktiert die CIA über sein Handy. Die Szene endet mit dem CIA-Logo und einem Link im Darknet.
Direkter Appell an Staatsangestellte
Ein zweiter Clip richtet sich an junge, überarbeitete Staatsangestellte. Ein frustrierter Beamter verlässt spätabends sein Büro, kehrt in die Wohnung seiner Eltern zurück. Er beobachtet voller Neid den Chef in einer Luxuslimousine. Auch er wendet sich an die CIA: «Ich habe mich geweigert, mich geschlagen zu geben.»
Die US-Geheimdienste hoffen, mit dieser audiovisuellen Kampagne gezielt frustrierte Kader zu erreichen – trotz digitaler Zensur und omnipräsenter Überwachung. «Wenn es nicht funktionieren würde, würden wir keine neuen Videos machen», sagte ein CIA-Sprecher laut Reuters.
CIA-Direktor John Ratcliffe betont den Ernst der Lage: «Kein Gegner hat jemals eine grössere Herausforderung für die USA dargestellt als China. Die Kommunistische Partei verfolgt das Ziel, die Welt wirtschaftlich, militärisch und technologisch zu dominieren.»
Die Videos seien Teil einer Strategie, dieser Bedrohung mit «Dringlichkeit, Kreativität und Entschlossenheit» zu begegnen.
Technologie trifft in der CIA auf Personalnot
Die neuen Methoden sind nicht zuletzt Ausdruck eines Personalproblems: Seit 2019 ist die Zahl der Neuanwerbungen stark gesunken. Als Gründe gelten Corona-bedingte Kontaktbeschränkungen, überzogene Erwartungen an technische Überwachung – und politischer Druck aus Washington.
Die Trump-Regierung hatte massive Einsparungen bei Botschaften und Konsulaten beschlossen, was auch die CIA-Strukturen schwächte.
Ein besonders fataler Vorfall war die versehentliche Versendung einer ungesicherten Mitarbeiterliste per E-Mail. Dabei wurden offenbar CIA-Neuzugänge enttarnt – darunter mehrere, die für Einsätze in China vorgesehen waren.
Überwachung als Risiko für Agenten
Besonders heikel: Die chinesische Überwachungsinfrastruktur ist mittlerweile fast lückenlos. Über eine Million Kameras mit Gesichtserkennung sind allein in Peking installiert.
Künstliche Intelligenz ermöglicht es, Verdächtige auch Jahre später zu identifizieren. Ein CIA-Vertreter beschrieb das Gefühl in Peking als «ständige Präsenz in einem Fernsehstudio».
Zudem wurde die US-Spionage in China durch eine Enttarnungswelle ab 2010 stark geschwächt. Zwei Dutzend Agenten wurden damals festgenommen oder hingerichtet. Seitdem agiert die CIA laut NZZ sehr vorsichtig – manchen Insidern zufolge zu vorsichtig.
Ob die aufwendig produzierten Werbevideos diesen Misstrauensvorschuss überwinden können, bleibt offen.
