René Dobler, CEO der Schweizerischen Stiftung für Sozialtourismus, setzt bei den Schweizer Jugendherbergen neue Massstäbe in Sachen Architektur und Ökologie.
Jugendherberge Wellness Saas Fee
In Saas-Fee haben die Jugendherbergen einst das weltweit erste WellnessHostels eröffnet. Der Spa-Bereich und das Hallenbad sind öffentlich. - zVg
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweizer Jugendherbergen gelten in der Schweiz in Sachen Nachhaltigkeit als Pioniere.
  • René Dobler, Verantwortlicher der Bauprojekte, erklärt, wie nachhaltiges Bauen geht.

Herr Dobler, als CEO der Schweizerischen Stiftung für Sozialtourismus (SSST) sind Sie für den Bau und Umbau Schweizer Jugendherbergen zuständig. Was ist für Sie dabei die grösste Herausforderung?

René Dobler: Da wir mit den Jugendherbergen im Low-Budget-Segment angesiedelt sind, müssen wir unsere Bauvorhaben mit spitzem Bleistift kalkulieren.

Es ist eine stetige Gratwanderung zwischen dem Erreichen der sozialen Ziele als Non-Profit-Organisation, einer überlebensnotwendigen Rentabilität und dem Anspruch an Nachhaltigkeit und gute Architektur.

Ist kostengünstiges Bauen und Nachhaltigkeit nicht ein Widerspruch?

René Dobler: Nein. Es wird oft angenommen, dass durch Einhalten von Nachhaltigkeitskriterien alles teurer wird, doch das ist nicht per se so. Man denke nur mal ans Thema Suffizienz – weniger Bauvolumen spart gleichzeitig Ressourcen und Kosten.

Natürlich kann Nachhaltigkeit in einigen Punkten Mehrkosten generieren, spart aber oft laufende Betriebsausgaben. Wir sind froh, dass wir zum Beispiel kaum noch fossile Heizungen haben, weil wir diese bereits konsequent ausgetauscht haben. Damit haben wir heute einen wirtschaftlichen Vorsprung.

Was ist besonders wichtig in Bezug auf die Nachhaltigkeitsstrategie?

René Dobler: Für mich sind die Ganzheitlichkeit und die Messbarkeit entscheidend. Ganzheitlichkeit im Sinne aller Kriterien von Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. Für die Messbarkeit haben wir bei Bauprojekten der Jugendherbergen schon früh Standards definiert, die es zu erreichen gilt.

Jugendherbergen Dobler CEO
René Dobler (56) ist Architekt und CEO der Schweizerischen Stiftung für Sozialtourismus (SSST). - Niels Franke

Das begann mit Minergie, führte über Minergie-Eco und heute bei Minergie-P-Eco. Dann beginnt der Einfluss des Betriebs, da arbeiten wir in allen Jugendherbergen mit dem Ibex-Fairstay-Nachhaltigkeitslabel. Die zahlreichen Umwelt- und Nachhaltigkeitsauszeichnungen und die Reduktion des CO2-Fussabdrucks um 66% seit 2000 zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Man hat Sie öfters als Nachhaltigkeitspionier bezeichnet. Was hat Sie dazu bewogen, sich für die Umwelt zu engagieren?

René Dobler: Die Ökologie war mir schon seit dem Architekturstudium ein wichtiges Anliegen, obwohl Bauen per se nicht sehr umweltverträglich ist. Bauen beansprucht Ressourcen in sehr hohem Masse. Dieser Verantwortung versuche ich gerecht zu werden. Wenn ich das dann noch multiplizieren und in der Branche etwas bewegen kann, ist das grossartig.

Wie verfahren Sie in Hinblick auf Denkmalschutz?

René Dobler: Wir haben viele historische Gebäude mit einigen Burgen und Schlössern, aber auch Gebäude im Bauhausstil der 20er-Jahre etc. Für Architekt und Bauherr stellt sich dabei die Herausforderung, wie man die Gegebenheiten des vorhandenen Gebäudes am besten mit der Wunschvorstellung für den Betrieb in Einklang bringt.

Jugendherberge Burgdorf Zimmer
Zum Portfolio der Jugendherbergen gehören viele historische Häuser. Im Bilder ein Zimmer der Herberge im Schloss Burgdorf. - Laura Gargiulo

Mit einem Eingriff in ein historisches Gebäude eröffnet sich immer die Frage, wie man die Bausubstanz weiterführen kann oder inwieweit eine Veränderung möglich ist.

Und welche Rolle spielt der Standort bei Neubauten?

René Dobler: Die Standortwahl richtet sich nach unseren Standortstrategien, welche auf dem jeweiligen touristischen Potenzial beruht und nach Möglichkeit das örtliche Potential von Synergie-Effekten mit weiteren Bedürfnissen nutzt. Wir fühlen uns bei Neubauten genauso wie bei Umbauten einer hochwertigen Baukultur verpflichtet.

Das beginnt mit der Wahl des geeigneten Planungsverfahrens, das bedeutet für uns mit einem Wettbewerb unter regionalen Architekturbüros. Obwohl die Jugendherbergen eine «Hotelkette» bilden, ist jeder Neubau ein Einzelobjekt, welches dem örtlichen Kontext gerecht werden soll. Dabei interpretieren wir die Bautradition in zeitgemässer und nutzungsspezifischer Art und Weise.

Wie sieht die Abstimmung mit den Gemeinden aus?

René Dobler: Die Verankerung in der Region und der Austausch mit den Gemeinden ist uns ein sehr wichtiges Anliegen. Das entspricht auch unserer Philosophie und ist für die Finanzierung unabdingbar. Die Zusammenarbeit mit dem Tourismus und den Playern vor Ort ist immens wichtig.

Wir verstehen jedes Projekt als «Public Private Partnership», so wie z.B. bei unseren WellnessHostels in Laax und Saas-Fee, wo wir gleichzeitig öffentliche Hallenbäder mit Spa- und Fitnessbereichen betreiben, die nur durch die Entwicklung dieser neuen Betriebsform erhalten werden konnten. Für unsere Hausgäste schafft dieses Inhouse-Angebot einen Mehrwert, das sonst nur 5-Sterne-Hotels bieten.

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