Seien es Ferien am Pool, Sportprogramm oder kultureller Austausch: Reisen exklusiv für Frauen liegen im Trend. Dabei geht es nicht nur um die Teilnehmerinnen.
Wetter
Die Menschen genossen die warmen Temperaturen an der frischen Luft. - Unsplash

Das Wichtigste in Kürze

  • Reiseangebote nur für Frauen erfreuen sich grosser Beliebtheit.
  • Auch Schweizer Anbieter folgen diesem Trend.
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Das «Som Dona» in Mallorca ist keine Unterkunft wie jede andere. «Women Only Hotel» steht nämlich in fetten Lettern an der Hausfassade. Das in Porto Cristo gelegene Viersterne-Hotel begrüsst seit Juni 2019 exklusiv Frauen und Mädchen ab 14 Jahren.

Das Som Dona Hotel
Das Som Dona Hotel auf Mallorca begrüsst nur weibliche Gäste. - zVg

Die spanische Hotelkette stellt Komfort und Entspannung ins Zentrum und richtet sich an «Frauen, die sich vom Stress des Alltags erholen möchten».

Unbeobachtet am Pool

Eine gesunde Küche und ein Sport- und Wellnessprogramm darf in dieser «einzigartigen Atmosphäre, entworfen für Frauen», natürlich keinesfalls fehlen. Die Drinks werden von einer Bartenderin gemixt, der Pool von einer Bademeisterin betreut. Den Internet-Reviews nach zu urteilen, scheint das noch junge Hotel gut anzukommen. «Unbeobachtet oben ohne am Pool geht hier sehr gut (ausser, es schaut jemand über die Mauer)», weiss ein Gast augenzwinkernd zu berichten.

Women Only Angebote auch bei Schweizer Anbietern

Ein reines Frauen-Hotel steht hierzulande noch aus, doch auch in der Schweiz ist die Nachfrage für Frauen-Ferien spürbar. Im Goms lud anfangs Jahr das Ski + Velo Center zum «Langlauf und Yoga Wochenende nur für Frauen». Und beim Berner Anbieter Tauchsport Käser geht frau regelmässig unter dem Namen «Tschiggi Diving» zusammen auf Tauchgang.

Aktivreisen
Auch Sportreisen sind beliebt - Kuoni Sports

Markus Meier, General Manager von Kuoni Sports sieht in solchen Frauen-Ferien einen langfristigen Trend, der sich in den kommenden Jahren noch verstärken wird. «Frauen wollen einfach mal ein verlängertes Wochenende oder gar für eine ganze Woche unter sich sein», erläutert er. Im Angebot des Sportreisenspezialisten finden sich ein «Ladies Booty Camp» auf Kreta oder ein Yoga- und Fitness-Aufenthalt auf der Lenzerheide.

Ein Top Reisetrend gemäss National Geographic

Vom grossen Potential dieser Reisen scheint man auch beim Reise- und Abenteurer-Buchverlag National Geographic überzeugt zu sein. Er verbucht das Phänomen «Women only Traveling» gar als einen der Top Reisetrends 2020. Von einem «international stark wachsenden Markt» ist die Rede. Dabei gehe es nicht nur um die Zusammensetzung der Reisegruppen – ohne Männer – sondern vermehrt auch um den Fokus der Reisen.

«Frauen möchten gerne andere Frauen unterstützen», wird etwa ein Veranstalter zitiert. Deshalb würden zum Beispiel verstärkt Reiseführerinnen rekrutiert, oder Besuche bei von Frauen getragenen Organisationen und Kooperativen ins Programm aufgenommen.

«Women Travel» setzt seit 30 Jahren auf Frauenreisen

Genau darauf setzt die Reiseunternehmerin Sonja Müller Lang – und das seit bereits drei Jahrzehnten. Rund 60 Reisen führt der in Winterthur ansässige Reiseveranstalter «Women Travel» jedes Jahr durch. «Ich war in jungen Jahren oft alleine mit dem Rucksack unterwegs, habe zum Beispiel mehrfach die USA bereist. Aus meinem Umfeld kamen immer wieder Frauen auf mich zu, die das toll fanden – aber zu viel Respekt vor einer Reise auf eigene Faust hatten», lässt sie Revue passieren.

Sonja Müller-Lang
Sonja Müller-Lang setzt mit "Women Travel" seit 30 Jahren auf Reisen nur für Frauen. - zVg

Daraus sei die Idee entstanden, Reisen für Frauen anzubieten, «und zwar solche, auf denen man etwas erlebt», wie die passionierte Reiseveranstalterin betont.

Exklusiver Zugang zu anderen Kulturen

Die meisten der bei Women Travel buchbaren Reisen führen in den Orient: nach Indien, China, Marokko oder in den Oman, dem aktuellen Bestseller. Die Frau steht dabei nicht nur als Besucherin im Zentrum, sondern auch beim Reiseprogramm. «Als reine Frauengruppe erhalten wir Zugang zu Einheimisch den, wie es in Anwesenheit von Männern unmöglich wäre», erklärt Sonja Müller Lang.

So drehen sich ihre Reisen nicht nur um Sehenswürdigkeiten, sondern es gehören auch Besuche bei Frauen-Kooperativen und Handwerksstuben dazu. Oder etwa eine gemütliche Teestunde mit einheimischen Frauen . «Unsere Teilnehmerinnen sind daran interessiert zu erfahren, wie der Alltag für die Frauen vor Ort aussieht», erzählt die Unternehmerin. Interesse und Neugier beruhen dabei oftmals auf Gegenseitigkeit, und so wird auch das Leben in der Schweiz thematisiert.

Bemalte Hände
Zu Besuch im Beduinenzelt - zVg / Women Travel

Wieso Reise- und Ferienangebote für Frauen derzeit Hochkonjunktur erleben, lässt sich für Müller Lang leicht erklären. Als Frau von heute bin ich viel weniger eingeschränkt als etwa meine Mutter oder Grossmutter es waren.» Und: «Wir erobern Terrain, haben mehr Geld zu Verfügung, möchten etwas erleben. Wir befinden uns noch immer im MeToo-Zeitalter».

Es sei mittlerweile selbstverständlich, dass sich die Frau immer stärker selbst verwirkliche. Gleichzeitig gäbe es ein geschärftes Bewusstsein für die Lage von Frauen in anderen Kulturkreisen, man (frau) interessiert sich für sein Pendant im Gastland.

Hotels oft auf Geschäftsmänner ausgerichtet

Auch bei der Auswahl der Hotels gehen Müller Lang und ihr Team sehr bedacht vor. «Wir haben festgestellt, dass Frauen diesbezüglich höhere Ansprüche haben. Sie legen viel Wert auf Komfort. Es muss kein 5-Sterne-Hotel sein, unsere Teilnehmerinnen schätzen aber schöne und gepflegte Unterkünfte.»

Boutique Hotels sind deshalb hoch im Kurs. Und es kann schon mal vorkommen, dass die Reiseleiterin den Hotelier darauf hinweist, die Schränke mit (mehr) Kleiderbügeln zu bestücken. Ausserdem seien gerade ältere Hotels oft auf Geschäftsmänner ausgerichtet, etwa mit einer Hotelbar – während Frauen eher ein gemütliches Café bevorzugen würden.

Individualreisen werden immer beliebter

Und noch ein weiterer Trend zeichnet sich gemäss Sonja Müller Lang ab: die steigende Nachfrage für Individualreisen. Organisierte Reisen also, die Kundinnen alleine oder in einer privaten Gruppe antreten können. Dabei profitieren sie von denselben Reiseleiterinnen und Programmpunkten, wie die Teilnehmerinnen der Gruppenreisen.

«Die Bedürfnisse sind von Frau zu Frau unterschiedlich – es gibt solche, die individuell Reisen möchten, aber schlicht keine Zeit für die Planung und Vorbereitung haben. Andere sind kein Fan von Gruppenreisen, oder die Daten sind unpassend». So oder so, bei all ihren Reisen verfolgt Sonja Müller Lang ein klares Credo: «Frauen sollen sichtbarer werden.»

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