Weltweit werden die Menschen immer dicker. Mit strengen Gesetzen versucht Chile, diese «Epidemie» in den Griff zu bekommen.
Ein übergewichtiger Mann am Arbeitsplatz.
Fettleibigkeit wird in Lateinamerika zu einem immer grösseren Problem. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Lateinamerika und der Karibik ist knapp 60 Prozent der Bevölkerung übergewichtig.
  • In Chile wird ungesunde Nahrung gekennzeichnet und ein Werbeverbot wurde erlassen.
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Wer in Chile durch den Supermarkt geht, sieht im wahrsten Sinne des Wortes schwarz. Sie sind achteckig und nur schwer zu übersehen: Die schwarzen Warnsymbole auf ungesunden Lebensmitteln. Sie prangen auf der Vorderseite etlicher Verpackungen und warnen vor hohen Mengen an Zucker, Salz, Kalorien oder gesättigten Fettsäuren.

In Lateinamerika und der Karibik ist knapp 60 Prozent der Bevölkerung übergewichtig. Wirtschaftswachstum, zunehmende Urbanisierung und höhere Durchschnittseinkommen sind einige Gründe dafür. Spitzenreiter sind die Bahamas (69 Prozent), Mexiko (64 Prozent) und Chile (63 Prozent), wie ein Bericht der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation belegt. Auch vor der Jugend macht der Trend keinen Halt. 44,5 Prozent aller Kinder in Chile sind laut OECD übergewichtig.

Körperliche auch psychosoziale Schäden

Es ist eine Entwicklung mit schwerwiegenden Folgen. Fettleibigkeit und Übergewicht erhöhen das Risiko für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Im Kindesalter kann Adipositas neben körperlichen auch psychosoziale Schäden verursachen. Essstörungen, Depressionen und ein schwaches Selbstwertgefühl sind mögliche Folgen. Fettleibigkeit ist auch ein Kostenfaktor.

Die Reaktionen auf die alarmierenden Zahlen fallen unterschiedlich aus. Kaum ein Land aber reagierte so radikal wie Chile. Dort hatte das Gesundheitsministerium im Juni 2016 die Notbremse gezogen und weitreichende Reformen veranlasst. Die schwarzen Warnsymbole auf ungesunden Lebensmitteln sind nur ein Resultat. Sie wirken wie Stoppzeichen, ganz besonders auf Kinder, erklärt Ex-Gesundheitsministerin Carmen Castillo.

Neben der Kennzeichnung wurden Werbe- und Verkaufsverbote erlassen. Die markierten Produkte dürfen nicht mehr auf chilenischen Schulhöfen verkauft werden. Tagsüber ist Werbung für diese Lebensmittel in Fernsehen, Radio und Kino verboten. Ausserdem dürfen Verpackungen und Werbung nicht mehr gezielt auf Kinder unter 14 Jahren abzielen.

Etliche Hersteller betroffen

Von den Neuregelungen waren etliche Hersteller betroffen. Konzerne wie Kellogg's mussten Zeichentrickfiguren von ihren Müslischachteln entfernen, das Kinder-Überraschungsei wurde komplett aus den Regalen verbannt. Auch McDonald's musste sein berühmtes Happy Meal in Filialen in Chile anpassen. Viele Unternehmen und Lebensmittelverbände kritisierten den Kurs Chiles, Ferrero zog sogar vor Gericht – allerdings ohne Erfolg.

In Chile haben die neuen Gesetze bereits Wirkung gezeigt. Schon vor Inkrafttreten des Gesetzes hätten 20 Prozent der Hersteller die Menge an Salz, Zucker, Fett und Kalorien reduziert, erklärt Ex-Gesundheitsministerin Castillo. «Eine fantastische Reaktion.» Abgenommen haben die Chilenen allerdings noch nicht. «Es ist sehr schwierig, gesunde Gewohnheiten zu implementieren», sagt Castillo. Es wäre verfrüht, nach so kurzer Zeit eine Bilanz zu ziehen. Dennoch sei Chile zu einem Vorbild für andere Länder geworden.

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