Wegen Corona herrscht in den USA ein Fleischengpass. Zugleich nimmt die Nachfrage nach Alternativen, die vegan sind, markant zu. Besteht ein Zusammenhang?
Vegan Burger
Vegan Burger mit Fleischersatz. - Unsplash
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die USA hat aufgrund der Corona-Krise mit einem Fleischengpass zu kämpfen.
  • Zugleich wird ein markanter Anstieg der Verkaufszahlen veganer Produkte verzeichnet.
  • Auch in anderen Ländern lässt sich diese Bewegung feststellen.
  • In der Schweiz nimmt der Trend zu mehr veganen Produkten unabhängig von Corona weiter zu.

Aufgrund der Coronakrise hat die USA mit einem Engpass an Fleisch zu kämpfen. Mehrere Schlachthöfe mussten aufgrund einer hohen Corona-Infektionsrate bereits geschlossen werden. Dies führte zu Lieferschwierigkeiten von frischem Rindfleisch.

Laut einer Studie der «National Cattlemen´s Beef Association» drohen der Rindfleischbranche deshalb bis zu 13 Milliarden US-Dollar Verlust. Weitere Auswirkungen der Corona-Krise werden sich in den kommenden Monaten noch zeigen.

Der republikanische Senator Marco Rubio liess bereits im Mai verlauten dass «wir jetzt alle ein bisschen vegan werden müssen.» Auch Verbraucher und Unternehmen spüren die Auswirkungen der verminderten Fleischproduktion. In der Fast-Food-Kette Wendy´s waren im letzten Monat in rund jeder fünften Filiale Menus mit Rindfleisch ausverkauft. Auch Lebensmittelgeschäfte mussten vereinzelt Fleischprodukte rationieren.

Auch Schlachthöfe in Europa betroffen

Auch in Europa sind hohe Ansteckungsraten in Schlachthöfen zu verzeichnen. Der grösste deutsche Schlachtereibetrieb Tönnies musste bereits einzelne Betriebe herunterfahren. Mehr als 1300 Mitarbeiter hatten sich mit dem Coronavirus infiziert.

In Englischen Medien wird berichtet, dass Angestellte der Schlachtbetriebe um ihre Gesundheit fürchten, nachdem Fälle von betriebsinternen Corona-Infektionen aufgetaucht waren.

Die Infektionsraten sind zum Politikum geworden. Sie lassen die Arbeitszustände in Schlachtbetrieben hinterfragen, in denen anscheinend minimale Hygienestandards nicht eingehalten werden können.

Weniger Fleisch, dafür mehr vegan?

Währenddem die Verfügbarkeit – und damit der Konsum – von Fleisch sinkt, steigt die Nachfrage nach Produkten, die vegan sind. Die erhöhte Nachfrage ist nicht ausschliesslich eine direkte Konsequenz der Fleischknappheit. Es sind jedoch diese zwei Bewegungen im Konsumverhalten beobachtbar, die miteinander in Verbindung stehen.

Vegan Burger mit Pommes
Vegan oder nicht? Optisch sind die pflanzlichen Burger nicht mehr von der tierischen Vorlage unterscheidbar. - Pexels

Gemäss des Marktforschungsunternehmens Nielsen, sind die Verkäufe von pflanzlichen Fleischalternativen in den USA seit März um 264 Prozent gestiegen. Eine Ursache für den Anstieg sei auf die Fleischknappheit zurückzuführen. In der «Not» greifen die Menschen zu den Lebensmitteln, die dem Fleisch am nächsten kommen.

Auch in England ist eine grössere Offenheit für die vegane Ernährung festzustellen. Das globale Forschungsinstitut Mintel hat in England 2000 Personen nach ihren Ernährungsgewohnheiten während Corona befragt. 12 Prozent der britischen Konsumenten finden seit Beginn des Pandemieausbruchs vegan als «attraktiver». Das entspricht etwa acht Millionen Menschen.

Hohe Infektionsraten in Schlachtbetrieben oder sogar Fleischknappheit wie in den USA geben dem pflanzlichen Trend also weiter Aufwind. Wie sieht es in der Schweiz aus?

Situation in Schweizer Schlachthöfen weniger gravierend

Die Schweiz ist bis anhin von hohen Infektionszahlen in Schlachtereibetrieben verschont geblieben. Grund dafür seien Hygiene- und Schutzkonzepte, die nach Ausbruch der Pandemie umgesetzt wurden, sagt Fabian Vetsch der Bell Food Group.

Auch seien die Betriebe in der Schweiz teilweise zehnmal kleiner als die ausländischen Schlachtbetriebe, erklärt Roland Pfister, Leiter Kommunikation M-Industrie.

Nach dem Tönnies-Skandal in Deutschland stehen aber auch Schweizer Schlachthöfe in der Kritik. Die Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen seien auch in der Schweiz prekär, sagt Philipp Zimmerman, Sprecher der Gewerkschaft Unia.

Mehr vegan unabhängig von Corona

In der Schweiz konnten Coop und Migros auf Nachfrage keine mit dem Ausland vergleichbare Zunahme bemerken. Umfragen, wie sie in den USA und England durchgeführt wurden, fehlen allerdings.

Da Restaurants zu waren und viele im Home Office gearbeitet hatten, nahm der Absatz von Lebensmitteln generell zu. Und damit stieg auch der Verkauf veganer Produkte.

Das Interesse an Produkten, die vegan sind, nimmt bereits seit längerer Zeit kontinuierlich zu, sagt Patrick Häfliger, Mediensprecher bei Coop. Der Anstieg ist unabhängig von Corona zu bemerken.

Lidl vegan vegetarisches Sortiment
Veggie-Block: Lidl baut das Sortiment mit weiteren Lebensmitteln aus, die vegan oder vegetarisch sind. - Lidl Schweiz

Lidl registriert ebenfalls den wachsenden Trend nach veganen und vegetarischen Produkten. Kommunikationschefin bei Lidl Corina Milz bestätigt, dass durch Corona die Nachfrage einen zusätzlichen Auftrieb erhalten habe.

In der Schweiz nimmt also die Nachfrage von Lebensmitteln, die vegan sind, auch unabhängig von Corona zu. Auf globaler Ebene scheint es allerdings , als ob die Coronakrise sogar zu einem Beschleuniger für die vegane Ernährung werden könnte.

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«Nau Vegan»

Im Rahmen dieser Serie schreibt die Expertin Mirjam Walser regelmässig Beiträge zum Thema Veganismus.

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