Immobilien: Wohnungsübergabe – das musst du wissen
Wer lange in einer Wohnung lebt, hinterlässt Spuren. Vor dem Auszug fragen sich viele Mieterinnen und Mieter: Muss ich dafür zahlen? Wir erklären, was gilt.

Das Wichtigste in Kürze
- Normale Gebrauchsspuren sind im Mietzins enthalten.
- Das Übergabeprotokoll klärt, wem Schäden zugeordnet werden.
- Die Lebensdauertabelle gibt ebenfalls wichtige Hinweise.
Vom Packstress bis zur Wohnungsübergabe: Ein Umzug bringt viele Herausforderungen mit sich. Ein Thema sorgt während dieser Zeit für besonders viel Unsicherheit – Gebrauchsspuren. Wie die Vermieterschaft bei Mieterschaftswechseln den Überblick behält, wer für welche Gebrauchsspuren aufkommt und wie hoch die Entschädigung ausfällt, erklären wir in diesem Artikel.
Übergabeprotokoll
Das Kernstück der Wohnungsübergabe ist das Übergabeprotokoll, auch Wohnungsabgabeprotokoll genannt. Dabei handelt es sich um ein schriftliches Dokument, das den genauen Zustand eines Mietobjektes, dessen Räume und Einrichtungen zum Zeitpunkt einer Wohnungsübergabe festhält.
Für die Vermieterschaft dient das Übergabeprotokoll in erster Linie der Nachverfolgung potenzieller Beschädigungen und deren Zuordnung. Zu diesem Zweck wird ein Übergabeprotokoll in der Regel bei Einzug sowie bei Auszug einer Mietpartei angefertigt und bei der Wohnungsrückgabe abgeglichen.

Die Protokollierung erfolgt üblicherweise durch die Vermieterschaft, in Anwesenheit der derzeitigen Mieter. Darin werden allfällige Beschädigungen oder Gebrauchsspuren an der entsprechenden Einrichtung notiert und so festgestellt, um welche Art von Abnutzung es sich handelt und damit, ob die Mieterschaft ersatzpflichtig ist.
Normale Abnutzung
Als normale Abnutzungen werden kleinere, unvermeidbare Gebrauchsspuren an der Einrichtung bezeichnet, die durch eine zweckkonforme und sorgfältige Nutzung des Mietobjektes entstanden sind. Heisst: Abgelaufene Teppiche, verbleichte Tapeten, kleinere Nagel- oder Dübellöcher in der Wand, kleine Hicke im Lavabo oder beispielsweise Spuren von Möbeln an den Wänden sind gängige Zeichen von normaler Abnutzung. Gebrauchsspuren im Rahmen der normalen Abnutzung sind bereits durch den Mietzins abgegolten.
Die Toleranz für Gebrauchsspuren der normalen Abnutzung kann je nach Anzahl wohnhafter Personen oder dem Verwendungszweck des Mietobjektes (beispielsweise Gastgewerbe) höher oder tiefer ausfallen.
Übermässige Abnutzung
Die übermässige Abnutzung unterscheidet sich von der normalen Abnutzung: Es handelt sich dabei um starke Gebrauchsspuren oder Beschädigungen, die über den normalen, vertragsgemässen Gebrauch hinausgehen und in der Regel vermeidbar gewesen wären. Schäden der übermässigen Abnutzung gehen meist auf ein Missgeschick oder unsachgemässen Gebrauch der Einrichtung zurück und müssen durch die Mieterschaft zusätzlich beglichen werden. Dabei handelt es sich beispielsweise um Brandlöcher im Teppich oder tiefe Kratzer im Parkett.
Wie hoch die Ersatzpflicht der Mieterschaft in diesem Falle ausfällt, ist abhängig vom Restwert der betroffenen Einrichtung. Dieser wird in der paritätischen Lebensdauertabelle festgehalten.
Paritätische Lebensdauertabelle
Die paritätische Lebensdauertabelle ist ein Verzeichnis, das vom Mieterinnen- und Mieterverband (MV) und dem Hauseigentümerverband (HEV) in der Schweiz gemeinsam entwickelt wurde, um die erwartete Lebensdauer von Einrichtungsgegenständen in Mietwohnungen zu standardisieren. Ausgehend von einer durchschnittlichen Material- und Arbeitsqualität sowie normaler Beanspruchung liefert die Tabelle standardisierte Richtwerte für einzelne Einrichtungsgegenstände. Diese Richtwerte entsprechen somit der normierten Lebensdauer, welche angibt, über wie viele Jahre sich der Wert eines Gegenstandes amortisieren lässt.
So hat ein Wandanstrich mit Dispersion in der Regel eine Lebensdauer von rund acht Jahren. Ist diese Frist abgelaufen, trägt der Vermieter die Kosten für einen neuen Anstrich. Kosten entstehen für Mieter nur bei übermässiger Abnutzung oder baulichen Veränderungen, etwa bei kräftigen Farbanstrichen, Nikotinschäden oder sonstigen zusätzlichen Aufwänden.
Im Falle einer Ersatzpflicht seitens Mieterschaft, wie beispielsweise bei übermässiger Abnutzung, unterstützt die Lebensdauertabelle dabei, die Reparaturkosten für die betroffenen Einrichtungselemente zu bestimmen.

Ein Beispiel
Ein Mieter verursacht einen Schaden an einem 5 Jahre alten Glaskeramikkochfeld, dessen Lebensdauer gemäss paritätischer Lebensdauertabelle 15 Jahre beträgt.
Die verbleibende Lebensdauer des Glaskeramikkochfeldes beträgt zum Zeitpunkt des Schadens 10 Jahre.
Teilt man die verbleibende Lebensdauer durch die normierte Lebensdauer, erhält man einen Anteil von 0.67 bzw. 67 Prozent. Der Mieter muss in diesem Falle nur 67 Prozent der Reparatur- oder Neuanschaffungskosten übernehmen.
Übrigens: Sofern eine Reparatur des betroffenen Gegenstandes möglich ist, rechtfertigt ein Schaden, beispielsweise durch übermässige Abnutzung, keine Neuanschaffung.
Nicht alle Gegenstände sind jedoch in der paritätischen Lebensdauertabelle festgehalten. Eine Ausnahme bilden Einrichtungen des kleinen Unterhalts.
Kleiner Unterhalt
Bei Arbeiten des kleinen Unterhalts handelt es sich um kleinere, wiederkehrende Reparaturen am Mietobjekt, die für den ordentlichen Gebrauch notwendig sind. Voraussetzung dafür ist, dass die Mieterschaft diese selbst mit einfachen Handgriffen ausführen kann, ohne dass eine handwerkliche Fachperson oder spezielles Werkzeug dafür eingesetzt werden müsste. So liegt beispielsweise die Ersatzpflicht eines verunreinigten Backblechs oder einer Glühbirne bei der Mieterschaft. (In der Regel übersteigen die Reparaturkosten für Gegenstände des kleineren Unterhalts nicht 150 Franken.)
Für einen reibungslosen Umzug und eine sorgfältige Wohnungsübergabe ist es hilfreich, die Grundlagen der Schadenshaftung als Mietende zu kennen. Übergabeprotokolle, die paritätische Lebensdauertabelle und die Regeln zum kleinen Unterhalt bieten eine wertvolle Orientierungshilfe, um den Zustand der Wohnung korrekt einzuschätzen, mögliche Kosten realistisch einzukalkulieren und Missverständnisse mit der Vermieterschaft zu vermeiden.