70 Millionen Menschen waren im Jahr 2019 auf der Flucht. Durch eine persönliche Geschichte möchten wir dieser abstrakten Zahl ein Gesicht geben.
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Das Leben im Flüchtlingslager ist oft nicht viel einfacher, als im Heimatland. - World Vision
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Das Wichtigste in Kürze

  • Alle 25 Minuten muss ein Mensch unter Bedrohung seines Lebens seine Heimat verlassen.
  • In den Flüchtlingslagern geht der Überlebenskampf weiter.

70'800'000 ist eine abstrakt-grosse Zahl. So gross, dass sie schon wieder anfängt, an Bedeutung zu verlieren. Im Jahr 2019 waren laut der UNO 70,8 Millionen Menschen auf der Flucht. Das ist acht Mal die gesamte Bevölkerung der Schweiz, die aufgrund von Konfliktgewalt oder Menschenrechtsverletzungen ihre Heimat verlassen musste. Das ist alle 25 Minuten eine Person.

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Flüchtlinge müssen ihr gesamtes Hab und Gut zurücklassen. - World Vision / NIgel Marsh

Der Unterschied zwischen Flüchtlingen und Migranten

Ein Flüchtling ist laut der UNO eine Person, die aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, um ihr Leben und ihre Sicherheit fürchten muss. Im Gegensatz zu Migranten, machen Konflikte und Verfolgung es Flüchtlingen unmöglich, ohne Lebensgefahr in ihrem Heimatland zu bleiben.

70,8 Millionen Menschen, die um ihr Leben fürchten – es ist eine traurige Statistik, bleibt bei uns aber lediglich eine abstrakte Zahl. Wie kann man dieser anonymen Zahl ein Gesicht geben und zeigen, dass dahinter über 70 Millionen persönliche Schicksale stecken? Ganz einfach: In dem man eine solche persönliche Geschichte erzählt. Die Forschung zeigt, dass Geschichten unseren Geist auf eine Weise aktivieren, die blosse Fakten nicht können, indem sie unsere Fantasie und die Emotionszentren unseres Gehirns ansprechen.

Eine ganze Kindheit im Krieg

Unsere Geschichte dreht sich um Shames, ein 17-jähriges Mädchen aus Syrien. Wäre Shames in der Schweiz geboren, würde sie im nächsten Jahr die Matura machen und sich überlegen, was sie studieren soll. Sie hätte eine Kindheit voller Schulausflüge und Spass mit Freundinnen erlebt.

Shames ist jedoch nicht in der Schweiz, sondern in Syrien geboren. Im Jahr 2011, als sie gerade mal 9 Jahre alt war, wurde ihr Leben ins absolute Chaos gestürzt: Der Bürgerkrieg in Syrien brach aus. Der Krieg hat Shames' gesamtes Erwachsenwerden dominiert. Statt Gespräche mit Freundinnen über Jungs, Kino und Mode, ging es bei ihr um Lebensmittelknappheit und wie man am besten am Leben bleibt.

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Shames, ein syrisches Mädchen, im Flüchtlingslager im Libanon. - World Vision

«Unser Haus wurde im Krieg komplett zerstört», erinnert sich Shames. «Ich habe meine Freunde und meine Verwandten verloren. Gleichzeitig hat auch mein Vater uns verlassen.»

Shames geht nicht näher darauf ein, auf welche Art ihr Vater sie verlassen hat. In den acht Jahren des Krieges in Syrien wurden Hunderttausende Menschen getötet; einige sind auch einfach verschwunden.

Flucht in den Libanon

Als der Krieg immer schlimmer wurde, machte sich Shames mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern auf den Weg in den Libanon. Schweren Herzens verliessen sie die einzige Heimat, die sie je gekannt haben. «Die Reise war so hart», erinnert sich das Mädchen. «Wir haben auf der Strasse geschlafen. Es war schrecklich.» Ständig hörten sie Schreie und Schüsse und wussten nicht, ob sie als nächstes dran wären.

Im Flüchtlingslager im Libanon angekommen, ist die Erleichterung bei Shames und ihrer Familie zunächst gross. Bald schon mussten sie jedoch feststellen, dass auch das Leben im Flüchtlingslager ein ständiger Kampf ums Überleben ist. Geschlafen wird in Zelten und meistens ist das Essen knapp.

Der Überlebenskampf geht weiter

Shames und ihre Mutter versuchen so viel wie möglich zu arbeiten. Syrische Flüchtlinge unterliegen im Libanon jedoch vielen Einschränkungen, weshalb ihnen meistens nur die Arbeit in der Landwirtschaft übrigbleibt. Frauen verdienen dort ca. 6 CHF pro Tag – die Hälfte dessen, was Männer für die gleiche Arbeit erhalten.

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Auch im Flüchtlingslager geht der Überlebenskampf weiter: Meistens hat es nicht genügend zu Essen. - World Vision / Jon Warren

Das Geld reicht Shames und ihrer Familie nicht zum Überleben. «Wir haben all unseren Besitz verloren, einschliesslich all unserer zusätzlichen Kleidung und wertvollen Gegenstände», sagt sie.

Hoffnung auf eine bessere Zukunft

Aufgrund dieser schwierigen Bedingungen setzt sich World Vision in Flüchtlingslagern für Flüchtlinge ein und hilft ihnen wieder Hoffnung zu schöpfen. Bei Shames war es eine Berufsausbildung in der Landwirtschaft. «Sie geben mir neue Fähigkeiten, damit ich einen Job haben kann, wenn wir nach Syrien zurückkehren», erklärt Shames. In der Schule merkt die junge Frau auch, dass sie mit ihren Problemen nicht allein auf der Welt ist.

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Dank World Vision kann Shames eine Berufsaufbildung in Landwirtschaft machen. - World Vision

Shames schöpft nun wieder Hoffnung für ihre Zukunft: «Wenn ich in mein Land zurückkehre, würde ich gerne helfen, es wiederaufzubauen».

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