Der neue Lucid Air: die neue Benchmark

Es ist eine Überschrift, die man schon zu häufig gelesen hat. Nicht nur jedes Startup, sondern auch die grossen Hersteller wollen sich mit Tesla messen. Denn was Elon Musk mit seiner Elektroautofirma geschafft hat ist nicht weniger als eine Referenz für alle. Nun kommt mit dem Lucid Air ein Auto auf den Markt, das Tesla erstmals als Mass der Dinge ablösen könnte.

Der Techniker, Stratege und seit kurzem auch Chef der Marke ist Peter Rawlinson. Tesla-Fans werden ihn kennen, denn er ist der Mann, der dem Model S das Laufen lehrte. Mehr als 70 Patente, die den grossen Tesla zum Superstar der Elektroautos machten, laufen noch heute auf seinen Namen. Doch Rawlinson hatte mit dem Model S schon immer ein Problem: er kam zu spät ins Projekt.

Das Design, die Zulieferverträge und die ersten Konstruktionen waren bereits gelaufen. Rawlinson konnte nur noch die Kohlen aus dem Feuer holen und Probleme beseitigen. Mit dem Lucid Air hat der Mann, der sein Handwerk bei Lotus in England gelernt hat, endlich seinen Traum erfüllt. Ein Auto vom weissen Blatt Papier an konstruieren, frei von jeder Beschränkung.

Herausgekommen ist die LEAP-Plattform, die Lucid Electric Air Platform. Auf den ersten Blick wirkt sie wie die bekannten „Skateboards“ aller Elektroauto-Hersteller. Doch die Finesse steckt im Detail.

So sind die Antriebseinheiten aus Motor, Inverter und Getriebe nicht nur die kleinsten und leichtesten auf dem Markt. Mit 650PS sind sie auch beeindruckend stark. Im Lucid Air werden in Allradantrieb-Konfiguration je eine Einheit pro Achse montiert. Im Ergebnis sind es dann 1092PS die für Vortrieb sorgen.

Die Beschleunigung ist entsprechend gewaltig. Nur 2,5 Sekunden gibt Lucid für den 100er-Sprint an. Die Viertelmeile passiert er in 9,9 Sekunden und ist damit das schneller als Tesla und Taycan. Selbst ein Porsche 918 Spyder muss sich geschlagen geben.

Die Höchstgeschwindigkeit ist übrigens noch nicht final getestet. Ein Prototyp wurde bereits mit 378km/h gemessen. In der Serie wird der Lucid Air wohl elektronisch auf 320km/h limitiert.

Bei all der Performance stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Reichweite. Auch hier liefert Rawlinsons Lucid Air beeindruckende Zahlen ab. 832 Kilometer sind es – und das nicht als rosige Eigenangabe, sondern zertifiziert von der EPA. Das gleiche Prüfamt bescheinigt dem Porsche Taycan übrigens 321km Reichweite.

Möglich macht das nicht nur das nominal 113kWh grosse Batteriepack, sondern eine neue Bestleistung in Sachen Effizienz. Während der Porsche Taycan sich nahe der 30kWh-Marke pro 100km bewegt schafft es der Lucid Air unter 15kWh/100km. Selbst beim Laden übertrumpft der Newcomer alles bisher Gekannte. Sein 900V-System lädt mit bis zu 300kW und schafft knapp 500 Nachlade-Kilometer in zwanzig Minuten unter Realbedingungen.

Ebenfalls erstmals Realität im Lucid Air: ein Lidar-System. Mit dieser Laser-Vermesseinheit und 31 weiteren Sensoren für Kamera, Radar und Ultraschall sorgt er für höchste Fahrerassistenz. Bis zu Level 3-Autonomie ist in Kombination mit HD-Kartenmaterial möglich.

Auch im Interieur macht er mit einem 34-Zoll-Curved-Display Eindruck. Dabei ist das Design eine Mischung aus Bauhaus und Digitalität und gefällt auch den konservativen Betrachter. Die Materialauswahl wirkt ebenfalls sehr hochwertig. Kein Wunder auch das, wurde der Lucid-Chefdesigner Derek Jenkins doch bei Audi ausgebildet.

Mit 739 Litern Kofferraumvolumen stellt der Lucid Air auch in dieser Disziplin einen Bestwert für Elektroautos auf. Für Peter Rawlinson sind diese Rekorde allerdings Nebensache. Ihm ging es schlicht um ein perfektes Package und das bestmögliche Engineering in allen Disziplinen. Denn nur eine gute Basis ermöglicht ein gutes Endprodukt.

Und mit dem Lucid Air hat er die Entwicklung des Elektroautos auf ein neues Level gehoben. Das Ganze hat natürlich auch seinen Preis.

Die limitierte Erstedition kostet 169‘000 US-Dollar. Darunter rangiert das 800PS starke Grand Touring-Modell für 139‘000 Dollar und der Touring für 95‘000 Dollar. Den Einstieg markiert ab 2022 das Base-Modell für unter 80‘000 Dollar, allerdings mit weniger Leistung und Reichweite.

Die Auslieferungen starten im Frühjahr 2021, bestellt werden kann ab sofort in den USA. Der Export nach Europa und die Schweiz soll schon zum Ende des kommenden Jahres vorbereitet werden.