Als Autos noch Autos waren: 450 SEL 6.9
Als die Daimler-Benz AG dieses Fahrzeug 1975 der Welt präsentierte, setzte es neue Massstäbe im Segment der Hochleistungslimousinen – trotz Ölkrise!

Die Entwicklung des W116, der ersten offiziell als S-Klasse bezeichneten Baureihe, begann bereits 1966. Der 450 SEL 6.9 wurde als Spitzenmodell dieser Baureihe konzipiert und im Mai 1975 vorgestellt. Zuvor war seine Einführung aufgrund der Ölkrise von 1973 verschoben worden.

Ein Fahrzeug mit einem derart grossen und durstigen Motor in einer Zeit auf den Markt zu bringen, in der Kraftstoffeffizienz plötzlich zu einem globalen Thema wurde, war sicher kühn. Die Presse reagierte enthusiastisch und verlieh dem Wagen Titel wie «Das beste Auto der Welt» und «Die schnellste Limousine der Welt».
Der 450 SEL 6.9 trat das Erbe des legendären 300 SEL 6.3 (W109) an, der die Formel «grosser V8-Motor in einer Luxuslimousine» bereits erfolgreich etabliert hatte. Der 6.9 sollte dieses Konzept jedoch auf ein neues Niveau heben –
sowohl in Bezug auf Leistung als auch auf technischen Aufwand.
Das Herzstück: Der M100 V8-Motor
Die Produktion lief von Februar 1975 bis September 1980, wobei insgesamt nur 7.380 Einheiten gefertigt wurden. In der europäischen Ausführung leistete der Motor 210 kW (286 PS) bei 4.250 U/min und lieferte ein maximales Drehmoment von 550 Nm bei 3.000 U/min.
Für den nordamerikanischen Markt wurde die Leistung aufgrund strengerer Abgasvorschriften und einer niedrigeren Verdichtung auf 186 kW (253 PS) bei 4.000 U/min reduziert.

Eine Besonderheit des M100 im 6.9 war die Trockensumpfschmierung. Dieses System, wurde für Rennmotoren entwickelt, um bei hohen Drehzahlen Ölschaumbildung und damit verbundenen Öldruckabfall zu verhindern.
Robust und langlebig
Es zirkulierten zwölf Liter Öl durch den Motor und einen separaten Öltank im rechten vorderen Kotflügel. Dies ermöglichte aussergewöhnlich lange Ölwechselintervalle von 15.000 km oder sogar 20.000 km.
Zusammen mit hydraulischem Ventilspielausgleich und speziellen Zylinderkopfdichtungen, die kein Nachziehen der Zylinderkopfschrauben erforderten, galt der Motor für die ersten 80.000 km als nahezu wartungsfrei.

Diese ingenieurtechnische Meisterleistung zielte auf maximale Haltbarkeit und Zuverlässigkeit ab, selbst bei hoher Beanspruchung. Die Konstruktion war so robust, dass diese Motoren oft die Karosserie überdauerten.
Leistungsdaten und Varianten
Trotz seines Gewichts von rund 1.935 kg bis 1.985 kg bot der 450 SEL 6.9 Fahrleistungen, die damals nur von ausgewachsenen Sportwagen erreicht wurden. Mercedes gab die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h mit 7,4 Sekunden an.
Die Kraftübertragung erfolgte über ein speziell für den 6.9 verstärktes Dreigang-Automatikgetriebe auf die Hinterräder, unterstützt von einem ZF-Sperrdifferenzial. Die lange Getriebeübersetzung ermöglichte es, über 100 km/h im ersten Gang und über 160 km/h im zweiten Gang zu erreichen.
Serienmässige und optionale Luxusmerkmale
Der 450 SEL 6.9 verfügte über eine äusserst umfangreiche Serienausstattung, die viele damals als fortschrittlich geltende Merkmale umfasste. Dazu gehörten:
- Klimaanlage (die erste vollautomatische Klimaanlage in einem Mercedes-Benz)
– Zentralverriegelung
- Tempomat
- Elektrische Fensterheber
- Scheinwerferreinigungsanlage
- Velourspolsterung (Leder war optional)
- Automatik-Sicherheitsgurte vorne und hinten
- Exklusive Langversion mit 100 mm mehr Radstand für grosszügigen Fussraum im Fond
Optionale Extras unterstrichen den exklusiven Charakter des Fahrzeugs. Dazu zählten ein elektrisches Schiebedach und das extrem seltene Autotelefon Becker AT 160 S für schlappe 13.542 Deutsche Mark.