Der Berner Stadtrat hat sich gegen eine neue Sitzverteilung der Parteien bei den Stadtberner Wahlen ausgesprochen und eine entsprechende parlamentarische Initiative knapp abgelehnt.
Keystone
Keystone - Community
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Nau.ch zeigt Ihnen, was hyperlokal geschieht.
  • Schreiben auch Sie einen Beitrag!

Die Frage über ein neues Wahlverfahren kommt somit nicht vor das Berner Stimmvolk.

In Bern werden Parlament und Stadtregierung heute im Proporzsystem gewählt, die Zuteilung der Sitze erfolgt nach der Methode Hagenbach-Bischoff. Diese sorge aber dafür, dass Restmandate eher an die grösseren Parteien gehen, argumentierten die Initianten der Fraktionen glp/jglp, FDP/JF, SVP, BDP/CVP und der Freien Fraktion von links aussen.

Besonders stark sei die Wirkung bei grossen Unterschieden des Anteils Wählerstimmen zwischen den Parteien. Die Initianten forderten deshalb die Einführung des sogenannten Sainte-Laguë-Verfahrens, welches die Sitzzuteilung neutral zur Stärke der Parteien verteile. Vom neuen System hätten sich die Initianten unter anderem eine grössere Parteienvielfalt erhofft.

RGM: Parteivielfalt bereits vorhandenDie Rot-Grün-Mitte-Mehrheit im Rat zeigte sich wenig überzeugt von einem Wechsel. Es gebe keine andere Schweizer Stadt, in welcher mit 15 Parteien bereits eine so grosse Diversität vorhanden sei, argumentierte RGM. Beide Wahlverfahren hätten Vor- und Nachteile. RGM bevorzuge, dass hinter jedem Sitz ein möglichst grosser Stimmanteil stehe.

Zudem sei es nicht allein das Wahlverfahren, welches das Ergebnis beeinflusse, sondern auch andere Faktoren wie die Grösse von Wahlkreisen, Listenverbindungen oder Quoren, argumentierte RGM.

Umstritten war, ob das neue System im Stadtparlament wirklich viel verändern würde. «Die Auswirkungen des Sainte-Laguë-Verfahrens wäre auf den 80-köpfigen Stadtrat bescheiden», sagte Nadja Kehrli-Feldmann (SP) von der zuständigen Kommission.

Tatsächlich zeigen Auswertungen der Stadtratswahlen 2016 keine grossen Unterschiede. Das aktuelle System war 2016 der SP, FDP und GLP zu Gute gekommen. Mit dem neuen Verfahren hätten SVP, Jungfreisinnige, junge GLP und EDU je ein Mandat mehr erhalten. Profitiert hätten unter anderem die Jungparteien.

Mehr Gewicht bei Gemeinderatswahlen

Ein anderes Bild ergibt sich beim Gemeinderat. Dort hätte das Rot-Grün-Mitte-Bündnis 2016 nur drei anstatt vier Sitze erhalten. Die bürgerlich-liberale Liste hätte RGM ein Mandat abgestaubt. «Wir bitten die Machtinhaber einzusehen, dass die heutige Repräsentation im Gemeinderat nicht fair ist», sagte Philipp Kohli (BDP).

Eine Änderung hätte in den letzten vier Jahren nur zweimal zu einer anderen Sitzverteilung im Gemeinderat geführt, entgegnete RGM. «Wir können nur vermuten, dass den Initianten das letzte Wahlergebnis nicht gefallen hat», sagte Edith Siegenthaler.

Einige linke Stadträtinnen und Stadträte argumentierten, dass das heutige Wahlverfahren für den Gemeinderat zwar nicht fair sei, Sainte-Laguë das Problem aber nicht löse. Diskutiert werden müsse eigentlich über die Möglichkeit einer Listenverbindung oder einer Majorzwahl für die Wahl der Exekutive.

Die SVP war der Meinung, dass der Bevölkerung die Chance gegeben werden sollte, selber über das Verfahren zu entscheiden. Sie stimmte der Initiative deshalb zu.

Initiative ganz knapp abgelehnt

Die parlamentarische Initiative wurde schlussendlich mit 31 Nein zu 30 Ja bei einer Enthaltung ganz knapp abgelehnt. Bei einem Ja der parlamentarischen Initiative wäre das Anliegen der Wahlbevölkerung vorgelegt worden.

Der Gemeinderat äusserte sich weder ablehnend noch zustimmend zur Initiative. Beide Systeme würden in der Schweiz angewandt und beide führten zu demokratisch vertretbaren Resultaten, so die Stadtregierung.

Das System Hagenbach-Bischoff ist das gebräuchlichste Proporzwahlsystem in der Schweiz. Es gelangt bei den Nationalratswahlen, bei der Mehrheit der kantonalen Parlamentswahlen und in den meisten Städten und Gemeinden des Kantons Bern zur Anwendung. Das Sainte-Laguë-Verfahren kommt zum Beispiel in den Städten Zürich und Basel sowie Deutschland und im EU Parlament zur Anwendung.

SDA/str

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

SPJungfreisinnigeSVPDie Mitte