Krankenkasse bezahlt Schweizerin lebenswichtiges Medikament nicht
Die Krankenkasse will ein lebenswichtiges Medikament einer Patientin mit spinaler Muskelatrophie nicht bezahlen. Auch der Gang vors Gericht half ihr nicht.

Das Wichtigste in Kürze
- Eine Schweizerin leidet an spinaler Muskelatrophie – einer muskelabbauenden Krankheit.
- Ein neues Medikament könnte den Verlauf verlangsamen oder gar stoppen.
- Die Krankenkasse bezahlt aber nicht – und auch das Gericht gibt der Patientin nicht recht.
Eine Schweizer Patientin leidet an der unheilbaren Erkrankung spinaler Muskelatrophie. Dabei werden Nervenimpulse nicht mehr an die Muskeln weitergegeben und diese werden dadurch allmählich abgebaut.
Bereits im Kindesalter ist sie auf einen Rollstuhl angewiesen und seit ihrem 16. Lebensjahr ernährt sie sich per Magensonde. Mit 29 Jahren benötigt sie zum Atmen einen Schlauch und ihre Lungen müssen mehrmals täglich ausgepumpt werden.
Mit ihrem Zeigefinger steuert sie den Rollstuhl und das Handy. Doch 2018 beginnt auch ihre Fingerkraft zu schwinden. Über den Fall berichtete die «Aargauer Zeitung».
Neues Medikament könnte helfen
Ein neues Medikament namens Spinraza könnte den Verlauf ihrer Krankheit verlangsamen oder sogar stoppen. Günstig ist dieses aber nicht: Es kostet pro Dosis satte 90'000 Franken – und sie benötigt mehrere davon.
Die Krankenkasse hält das für zu teuer und lehnt die Kostenübernahme ab, so die «Aargauer Zeitung». Sie argumentiert, dass das Medikament zwar zugelassen ist, aber nicht in der Spezialitätenliste des Bundes aufgenommen wurde.
Diese Liste legt fest, welche Medikamente für seltene Krankheiten von der Krankenkasse vergütet werden müssen und dürfen.
Die Patientin kämpft weiter und zieht von einem Gericht zum nächsten. Sie legt neue wissenschaftliche Studien vor, die belegen, dass das Medikament wirkt.
Sie sammelt Geld für eine erste Behandlung ohne Gelder der Krankenkasse und präsentiert Expertenberichte über die positive Wirkung des Medikaments.
Gericht gibt der Krankenkasse Recht
Trotz all ihrer Bemühungen wird sie vor Gericht zurückgewiesen. Die Zahlen der untersuchten Patienten in den Studien sind niedrig – es ist schwer, statistisch signifikante Ergebnisse zu produzieren. Das Gericht schliesst daraus: Die Datenlage ist zu dünn.
Sie zieht weiter vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) in Strassburg – doch auch hier blitzt sie ab.
Ihr Anwalt Philip Stolkin zeigt sich überrascht: «Das Medikament wirkt. Wenn die Patientin es nicht erhält, stirbt sie», sagt er zur «Aargauer Zeitung».
Trotz aller Widrigkeiten gibt Stolkin nicht auf. Er plant, den Fall an die Grosse Kammer des EGMR weiterzuziehen: «Es geht schliesslich um das Recht auf Leben – das grundsätzlichste Menschenrecht überhaupt», betont er.