Grossbritannien fordert unabhängige Untersuchung von Polizeigewalt in Hongkong
Grossbritanniens Aussenminister hat Hongkong dazu aufgerufen, Polizeigewalt bei den Demonstrationen der vergangenen Wochen unabhängig zu untersuchen.

Das Wichtigste in Kürze
- London will vorerst keine Exportlizenzen für Polizeiausrüstung erteilen.
In einer Rede vor Parlamentariern am Dienstag in London gab Jeremy Hunt ausserdem die vorläufige Aussetzung von Lizenzen für den Export von Polizeiausrüstung nach Hongkong bekannt. Grossbritannien wolle erst nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses über die künftige Ausfuhr von Polizeiausrüstung wie Gummigeschossen oder Tränengaspatronen in die chinesische Sonderverwaltungszone entscheiden, erklärte Hunt.
«Wir sind weiterhin sehr besorgt über die Situation in Hongkong», sagte Hunt vor dem Unterhaus. Hongkongs Regierung rief er zu einer «belastbaren, unabhängigen Untersuchung der Gewaltszenen, die wir gesehen haben», auf. Grossbritannien werde erst dann wieder Ausfuhrlizenzen an Hongkong vergeben, wenn die dortige Regierung sich «gründlich mit den Sorgen in Bezug auf Menschenrechte und grundlegende Freiheiten befasst» habe.
Wie die Nachrichtenagentur AFP aus dem Aussenministerium erfuhr, gibt es aktuell keine britischen Lizenzen für den Export von Polizeiausrüstung nach Hongkong. Bis Hongkongs Regierung die Bedingungen erfülle, würden jedoch auch keine neuen Lizenzen ausgestellt, hiess es.
Zuletzt hatte Grossbritannien nach Angaben des Aussenministeriums im Juli 2018 eine Ausfuhrlizenz für Tränengasgranaten und -patronen vergeben, die von der Hongkonger Polizei in Übungen eingesetzt werden sollte. Die letzte Ausfuhrlizenz für Gummigeschosse wurde 2015 vergeben. Eine Lizenz für Schutzschilde hatte Grossbritannien im April abgelehnt.
In Hongkong finden seit dem 9. Juni die grössten Proteste seit der Rückgabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China im Jahr 1997 statt. Bis zu zwei Millionen Menschen gingen während der Demonstrationen auf die Strasse. Der Unmut richtete sich zu Beginn vor allem gegen ein Gesetzesvorhaben, das Auslieferungen auch an Festland-China ermöglichen würde.
Beobachter sehen in der Protestbewegung inzwischen den Ausdruck eines generellen Grolls gegenüber der Regierung und Peking. Nach dem Prinzip «Ein Land, zwei Systeme» wurden der früheren britischen Kronkolonie eigentlich bis 2047 politische Grundrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit zugesichert, die in China nicht gelten.
Vergangene Woche hatten Polizisten mit Tränengas und Gummigeschossen eine Demonstration vor dem Stadtparlament aufgelöst. Organisatoren der Proteste warfen der Polizei unverhältnismässige Gewaltanwendung vor.