Klöckner für höhere Bussgelder bei Verstössen in Fleischbranche
Vor den Beratungen des Bundeskabinetts über die Missstände in der Fleischindustrie ist der Druck auf die Branche deutlich gestiegen.

Das Wichtigste in Kürze
- Fleischverband reagiert mit Fünf-Punkte-Plan auf Kritik .
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sprach sich für ein härteres Vorgehen bei Verstössen gegen den Arbeits- und Gesundheitsschutz in der fleischverarbeitenden Industrie aus und brachte höhere Bussgelder ins Spiel. Der Fleischverband legte ein Fünf-Punkte-Programm mit Gegenmassnahmen vor.
Klöckner richtete vor der für Mittwoch geplanten Entscheidung des Kabinetts zu schärferen Vorgaben für die Branche harte Worte an die Fleischbranche. «Das Rausreden, Subunternehmen seien verantwortlich, man wisse nicht, wie die ausländischen Arbeitskräfte untergebracht seien, und der Verweis, dass Inhaber von Werkverträgen selbst für alles verantwortlich seien, das überzeugt und beschwichtigt doch nicht», sagte Klöckner der «Rheinischen Post» vom Dienstag.
Es führe vielmehr dazu, dass solche Verträge infrage gestellt würden, sagte die Ministerin. Natürlich müsse sich etwas ändern und in der Sache durchgegriffen werden. «Angefangen von höheren Bussgeldern bis hin zu einer verbindlichen Verantwortung für die Arbeitskräfte.»
Von den Corona-Infektionen in deutschen Schlachthöfen sind meist Werkvertragsarbeiter aus Osteuropa betroffen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vereinbarte bei einem Treffen mit seiner rumänischen Kollegin Violeta Alexandru eine enge Zusammenarbeit beim Arbeitsschutz. Heil kündigte an, er werde nach der parlamentarischen Sommerpause nach Rumänien reisen, «um Rechenschaft abzulegen».
Um die Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen zu verbessern, müssen nach Heils Worten auch die Kontrollen verstärkt werden, für die die Bundesländer zuständig sind. Nicht in allen Ländern seien die Arbeitsschutzbehörden in den vergangenen Jahren «oberste Priorität» gewesen, sondern teils auch «kaputtgespart» worden, sagte der Minister. «Das wollen wir mit verbindlichen Quoten für den Arbeitsschutz ändern.»
Die Opposition erhob schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. Die Grünen-Ernährungsexpertin Renate Künast warf der grossen Koalition vor, in der Corona-Krise wissentlich den Arbeitsschutz missachtet zu haben. Klöckner und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hätten eine Vereinbarung über Saisonarbeiter getroffen, von denen «der ein oder andere» auch in Schlachthöfen eingesetzt worden sein dürfte.
«Die Vorgaben des Bundesarbeitsministeriums, wonach nur zwei bis drei Personen in einer Unterkunft sein dürfen und getrennt in Fahrzeugen zur Arbeit gebracht werden sollen, werden hier nicht mal gefordert», sagte Künast der «Passauer Neuen Presse».
Die Fleischindustrie legte der Bundesregierung einen Fünf-Punkte-Plan zu bundeseinheitlichen und branchenunabhängigen Massnahmen für die Beschäftigung von Werkvertragsarbeitern vor. Der Verband der Fleischwirtschaft (VDF) regt darin nach eigenen Angaben an, die bereits seit 2014 geltenden Selbstverpflichtungen der Branche verbindlich einzuführen und hinsichtlich der Unterbringung von Werkvertragsarbeitnehmern zu schärfen.
Alle ausländischen Beschäftigten sollen demnach nur noch auf Basis des deutschen Sozialversicherungsrechts angestellt werden. So soll verhindert werden, dass Mitarbeiter aus Angst vor Lohnausfall trotz einer Erkrankung in die Betriebe kommen. Regelungen für die Unterbringung von Werksarbeitern sollen für alle Unternehmen verpflichtend sein und eventuell verschärft werden. Auftraggeber sollen die Möglichkeit bekommen, die Unterbringung durch die Subunternehmen sowie die Einhaltung der Arbeitszeiten zu prüfen.
Zugleich wies der VDF die «öffentlichen und pauschalen Verurteilungen der gesamten Branche durch einzelne Gewerkschafter und Politiker» erneut zurück. Es handle sich um kein «generelles Branchenproblem». Es bestehe deshalb auch «keine Veranlassung, das Werkvertragswesen in seiner Gänze für eine einzelne Branche in Frage zu stellen».