Was bringt die grosse Anti-Terror-Übung des Bundesrats?

Nächste Woche findet die Sicherheitsverbundsübung 2019 statt. Polizeikorps in der Schweiz klagen jedoch über zu wenig Mitarbeiter. Bringt die Übung so etwas?

Betonbloecke blockieren die Zufahrt zum traditionellen «Zibelemaerit» in Bern. Grossanlässe wie diese bringen die Polizei oft an ihre Grenze. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Rund 2000 Einsatzkräfte nehmen an der Sicherheitsverbundsübung nächste Woche teil.
  • Doch ist die Schweiz für eine akute Bedrohungslage überhaupt fähig, sich zu schützen?
  • Experten meinen: Im Ernstfall oder bei mehreren Bedrohungen gleichzeitig wohl eher nicht.

Der Bundesrat hat für nächste Woche eine grossangelegte Sicherheitsübung angeordnet. Während zweieinhalb Tagen sollen alle Kantone testen, ob sie für den Notfall – einen grossen Terror-Anschlag mit vielen Toten – genug ausgerüstet sind.

Westschweizer Polizisten üben einen Einsatz gegen Terroristen im Ausbildungszentrum in Zürich-Opfikon. - Keystone

Der Grund: Der Nachrichtendienst stuft die reale Bedrohungslage in der Schweiz als erhöht ein. Man geht zwar nicht von einer Gruppierung aus, die uns gefährlich werden könnte, sondern von rund 60 Einzelpersonen – sogenannten IS-Rückkehrern.

Das Übungszentrum befindet sich in der Kaserne in Bern. Gesamthaft sind rund 2000 Personen an der Übung beteiligt.

Auch hier ist die Polizei regelmässig gefährdet: Die Street Parade in Zürich. - Keystone

Hat die Schweiz im Notfall aber genügend Einsatzkräfte? Lohnt sich diese Mega-Übung überhaupt? Denn gerade bei verschiedenen Demonstrationen oder sonstigen Grossanlässen stossen die Polizeikorps regelmässig an ihre Grenzen.

Jüngstes Beispiel: Der Match zwischen dem BSC Young Boys und Feyenoord Rotterdam am 24. Oktober.

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Nau - Fans von Feyenoord Rotterdam am Kornhausplatz in Bern.

Schon vor dem Spiel mussten praktisch alle Wachen im Kanton wegen Personalmangels geschlossen werden. «Die Probleme entstehen vor allem in den Ballungszentren, wenn zum gleichen Zeitpunkt verschiedene Demonstrationen und sonstige Grossanlässe geplant sind», sagt Johanna Bundi Ryser, Präsidentin des Verbands Schweizerischer Polizei-Beamter.

Johanna Bundi Ryser, Präsidentin des Verbands Schweizerischer Polizei-Beamter. - zVg

Ins ähnliche Rohr bläst Daniel Wyrsch, Grossrat und Geschäftsführer beim Bernischen Staatspersonalverbands BSPV. Dieser meinte vor dem Europa-League-Kracher gegenüber Nau: «Mit zunehmenden Demonstrationen werden immer wieder Personalressourcen gebunden, welche dann an anderen Orten fehlen. Entsprechend häufen sich die Überstunden bei der Polizei an.»

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Nau - Die Feyenoord-Fans in der Stadt Bern.

Mehr noch: In den letzten zehn Jahren musste die Kantonspolizei Bern insgesamt neunmal Wachen schliessen, weil sie das Personal für Grosseinsätze brauchte.

Keine Reserve wie in anderen Ländern

Urs Hofmann, Präsident der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren, präzisiert: «Bei länger andauernden, intensiven Belastungen brauchen wir subsidiäre Unterstützung durch die Armee.» Dies, weil sich die Schweiz keine Polizeireserve leisten könne, wie das in anderen Ländern zum Teil der Fall sei.

Urs Hofmann, Präsident KKJPD, spricht an einer Medienkonferenz zur Botschaft zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus. - keystone

«Unsere Polizeikorps sind auf den Normalfall ausgerichtet. Allerdings können wir auch ausserordentliche Belastungen auffangen, indem sich die Kantone gegenseitig unterstützen.» Die zunehmende Anzahl an Grossanlässen würden die Polizei mehr und mehr an ihre Grenzen bringen.

«Die Entwicklung ist problematisch», so Bundi Verband der Polizei-Beamten. Vor allem die zunehmenden Überstunden könnten so am Ende Auswirkungen auf die Gesundheit und Motivation haben. Die Bevölkerung habe Anrecht auf Gewährleistung der Sicherheit und Unterstützung vom Staat. Und dies sei so nicht der Fall.

Angesichts dieser Ausgangslage wirkt die grossangelegte Anti-Terror-Übung des Bundesrats nächste Woche doch eher fraglich.