Schweiz könnte dank «Werbung»-Kleber Tonnen von Altpapier sparen

In Amsterdam landet Werbung nur noch in Briefkästen mit «Werbung erwünscht»-Klebern. Lässt sich so auch in der Schweiz tonnenweise Altpapier sparen?

Wer keine Werbung im Briefkasten will, muss das am Briefkasten ersichtlich machen. Ist es schon bald andersrum? - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Amsterdam landet Werbematerial nur noch in Briefkästen mit «Werbung erwünscht»-Klebern.
  • Die Stadt vermeidet so 6000 Tonnen Altpapier pro Jahr.
  • In der Schweiz verursacht unadressierte Briefkasten-Werbung rund 128'000 Tonnen Abfall.

Amsterdam hat 2018 eine neue Regelung eingeführt im Umgang mit Briefkastenwerbung. Mit dem neuen «Opt-in-Verfahren» landen die Flyer nur noch in Briefkästen mit einem «Werbung erwünscht»-Kleber. Mit dieser Massnahme soll die Stadt laut «Trends der Zukunft» pro Jahr 6000 Tonnen Altpapier vermeiden. Die Müllabfuhr spart so 700 Fahrten im Jahr.

Über 60'000 Tonnen Papier landet direkt im Müll

Unadressierte Werbung landet – auch in der Schweiz – meistens ungelesen im Müll. Fast die Hälfte der Befragten gab an, die Werbung immer ungelesen ins Altpapier zu werfen. Nur gerade zehn Prozent schauen diese häufig an, wie eine Umfrage des Martkforschungs- und Beratungsunternehmens «Management Tools AG» ergab.

Die Stadt Amsterdam vermeidet mit dem System mit der Werbung 6000 Tonnen Altpapier pro Jahr. - Keystone

Die Schweizerische Post alleine hat im Jahr 2018 gemäss eigenen Angaben 2,7 Milliarden Werbesendungen zugestellt, davon waren 1,6 Milliarden unadressierte Sendungen. Gemäss Schätzungen tragen die restlichen Direktwerbungs-Anbieter zusammen etwa die gleiche Anzahl an Werbematerial aus.

Bei einem Gewicht von 40 Gramm pro Sendung landen so jährlich rund 128'000 Tonnen Papier in den Schweizer Briefkästen. Etwa 61'500 Tonnen davon landen postwendend in der Altpapiersammlung.

Konsumentenschutz: «System sinnvoll und unterstützenswert»

Eine gesetzliche Regelung gibt es in der Schweiz offenbar nicht: «Es gibt eine Abmachung mit der Post, in der auch andere Akteure involviert sind, dass Werbung verteilt werden darf, wenn dies nicht explizit mit einem Kleber anders gewünscht wird. Es gibt also für diese Art von Werbung keine gesetzliche Grundlage», erklärt Céline Thomi, Leiterin Recht von der Stiftung für Konsumentenschutz, auf Anfrage.

Gemäss der Stiftung für Konsumentenschutz würde ein Wechsel zum Amsterdamer System unter anderem an der Post scheitern. - Keystone

Von einem System wie in Amsterdam sei die Schweiz aber meilenweit entfernt. «Schon nur weil die Post an jeder Werbesendung mitverdient.» Zudem würde es eine Umkrempelung des Systems bedeuten, das wäre in der Schweiz traditionell schwierig. Dennoch: «Einzelne Gemeinden oder Städte hätten sicher Kompetenzen, Vereinbarungen mit der Post zu treffen», so Thomi.

«Aus ökologischer Sicht betrachtet, ist so ein System sinnvoll und unterstützenswert», sagt sie zum Amsterdamer System. Andererseits habe sich inzwischen auch das hiesige System etabliert und werde insbesondere auch von der Post mehrheitlich berücksichtigt. «Eine Abkehr von dieser Praxis würde allenfalls neue Unsicherheiten in dieses komplizierte Gefüge bringen.»

Die Post sieht keinen Grund zur Änderung

Auf Anfrage von Nau schreibt die Post: «Wir sind mit der geltenden Praxis zufrieden und die von uns durchgeführten Befragungen zeigen, dass dies auch bei unseren Kunden der Fall ist.»

Die Post bietet kostenlose Aufkleber mit der Aufschrift «Werbung OK!» an. - Die Post

«Unserer Erfahrung nach klebt an Briefkästen von Haushalten, wo keine unadressierte Werbung erwünscht ist, grossmehrheitlich bereits ein Stopp-Werbung-Kleber.» Deshalb sei aktuell für die Post eine Praxisänderung kein Thema.