Coronavirus: So verimpfen die Kantone mehr Dosen, als sie erhalten
Manche Kantone impfen mehr Menschen gegen das Coronavirus, als sie Impfdosen erhalten. Dank einem Trick können aus fünf Dosen sechs gemacht werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Aus einem Fläschchen Pfizer-Impfstoff können sechs statt fünf Dosen gewonnen werden.
- Die Kantone wenden das Verfahren mittlerweile breit an.
- Damit können deutlich mehr Menschen mit gleicher Impfstoff-Menge geimpft werden.
Die Kantone impfen immer mehr Menschen gegen das Coronavirus – allen voran Appenzell Innerrhoden. Für den kleinen Kanton mit gerade einmal 16'000 Einwohnern gestaltet sich die Impf-Logistik einfach: Bereits rund 2200 Dosen der Corona-Impfstoffe wurden gespritzt – etwa 1000 Personen haben beide Impfungen erhalten.
Gemäss Angaben des BAG hat Appenzell Innerrhoden aber erst knapp 1900 Dosen erhalten. Der Widerspruch löst sich bei genauer Betrachtung: Dank cleverer Dosierung können mehr Dosen aus einem Fläschchen gezogen werden. Das funktioniert immer besser.
Sechs statt fünf Dosen aus einem Fläschchen
Bisher wird in der Schweiz hauptsächlich der Impfstoff von Biontech/Pfizer verimpft. Dieser wird vom Hersteller in kleinen Fläschchen geliefert. Diese enthalten ein Impfstoff-Konzentrat, welches vor der Verabreichung verdünnt werden muss. Nach der Verdünnung enthält ein Fläschchen 2,25 Milliliter des Impfstoffs.
Ursprünglich war von Pfizer vorgesehen, dass ein Fläschchen für fünf Impfungen genügt. Für eine Impfdosis werden jedoch nur 0,3 Milliliter benötigt. Ohne Verluste beim Verdünnen und Abfüllen würde dies für 7,5 Impfdosen genügen.
Wird mit genügend Präzision gearbeitet, können also mehr als fünf Dosen aus einem Fläschchen gezogen werden. Dabei werden die Herstellerangaben nicht verletzt: Am 19. Januar wurde dieses Vorgehen von Pfizer und der Zulassungsbehörde Swissmedic genehmigt.
Ähnlich funktioniert es auch beim Moderna-Impfstoff, erklärt das BAG: Hier können elf Dosen aus einem Zehner-Fläschchen gewonnen werden.
Mehr Dosen mit den richtigen Mitteln gegen Coronavirus
«Geübte Fachpersonen können regelmässig mehr Dosen entnehmen», so das BAG. «Es steht den Kantonen frei, nach Möglichkeit mehr Dosen aus einem ‹Vial› zu ziehen. Oberstes Ziel ist es, mit dem gelieferten Impfstoff möglichst viele Personen so schnell wie möglich zu schützen.»
Mehrere Kantone bestätigten auf Anfrage, dass dieses Verfahren inzwischen breit angewendet wird. So auch Bern und Zürich, wo noch weniger Menschen geimpft sind als in den kleinen Kantonen.
Anfänglich bereitete das vom BAG zusammengestellte Impfkit Probleme: Zur Impfstoff-Lieferung erhalten die Kantone die benötigten Spritzen – diese sind jedoch sehr grob, was die genaue Dosierung erschwert.
Dennoch sei es dem medizinischen Personal inzwischen möglich, regelmässig mehr als fünf Dosen aus einem Fläschchen zu ziehen. Dies erklärt das BAG: «Es gibt heute einen «Best Practice»-Wissensaustausch unter den Kantonen, um den Impfprozess zu optimieren.»
Bald sollen dem Impfkit geeignetere Materialien beigelegt werden: «Zurzeit ist der Bund daran, gemeinsam mit den Kantonen ein neues Impfkit zusammenzustellen», so das BAG.
Erste Kantone impfen mehr, als sie Impfstoff erhalten haben
«Wir haben dieses Verfahren schon früh konsequent angewendet», erklärt Markus Schmidli, stellvertretender Kantonsarzt in Appenzell Innerrhoden. Ohne dass der Kanton überschüssigen Impfstoff aus anderen Kantonen erhalten hätte, wurden mit 1875 «offiziellen» Dosen 2243 Impfungen verabreicht. Damit kommt der Kanton der Formel «mach sechs aus fünf» von allen Kantonen am nächsten.
Auch Zug und Nidwalden haben inzwischen mehr Menschen geimpft, als sie Impfdosen erhalten haben. Langfristig dürfte dies in allen Kantonen der Fall sein. Denn während jeder Geimpfte gezählt wird, zählt das BAG nur die ausgelieferten Impfdosen nach Herstellerangaben.
Auch bei den bestellten Mengen werden die ursprünglichen Werte verwendet. Das bedeutet, dass der vom Bund bestellte Impfstoff für mehr Menschen reichen wird als vorgesehen.