Katar: Schwule erhalten Schutz vor Folter – wenn sie andere verraten

In Katar wird Homosexuellen Schutz vor körperlicher Folter versprochen. Aber nur, wenn diese im Gegenzug den Behörden helfen, LGBTIQ-Personen aufzuspüren.

Homosexualität wird in Katar nicht akzeptiert. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Katar werden Homosexuelle verfolgt, festgenommen und körperlich missbraucht.
  • Perfid: Um der Folter zu entkommen, können LGBTIQ-Personen als Agenten arbeiten.
  • Sie helfen den Behörden dann aber, andere Homosexuelle zu finden.
  • Schwule ausländische Fans haben an der Weltmeisterschaft offenbar nicht viel zu befürchten.

Am Sonntag beginnt in Katar die Fussball-WM. Die Fans dürften beim Verfolgen der Spiele ein mulmiges Gefühl nicht loswerden. Denn im Veranstalter-Land kommt es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierungen.

Nun gibt der Arzt Nasser Mohamed Einblicke, was es bedeutet, in Katar homosexuell zu sein. Mohamed, der in den USA lebt, aber Kontakt zu schwulen Kataris hat, redet im britischen «Guardian» Klartext.

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Und warnt: «Homosexuelle leben in Angst, im Schatten, werden aktiv verfolgt. Sie sind staatlich unterstützter körperlicher und seelischer Misshandlung ausgesetzt. Es ist gefährlich, in Katar homosexuell zu sein.»

Homosexuelle werden als Agenten missbraucht

Viele schwule Kataris würden nichts voneinander wissen. «Das ist sicherer. Denn wenn die Behörden eine homosexuelle Person finden, versuchen sie aktiv, ihr gesamtes Netzwerk aufzuspüren», erklärt Mohamed. Homosexuelle würden gefangen genommen, körperlich misshandelt und dann als Agenten eingesetzt.

«Es gibt Agenten in der schwulen Community», so der Arzt aus Katar weiter. Der perfide Trick: «Sie werden vor körperlicher Folter verschont, müssen als Gegenleistung aber der Abteilung für präventive Sicherheit helfen und homosexuelle Personen finden.»

Sind homosexuelle Fussball-Fans an der WM in Gefahr?

Einer besonderen Gefahr würden sich homosexuelle Fussball-Fans aus dem Ausland in Katar aber nicht aussetzen. Sie würden nicht verfolgt werden. Mohamed warnt jedoch: Die LGBTIQ-Community wird in Katar einer ganz anderen Realität gegenüberstehen.

Letzten Monat prangerte auch Human Rights Watch (HRW) den Umgang mit Homosexualität in Katar an. Sicherheitskräfte hätten Homosexuelle willkürlich festgenommen und in der Haft misshandelt. Die Organisation dokumentierte zwischen 2019 und 2022 über zehn solche Fälle. Katar bestreitet die Vorwürfe.

Die Organisation fordert die katarischen Behörden dazu auf, alle Gesetze aufzuheben, die einvernehmliche sexuelle Beziehungen ausserhalb der Ehe unter Strafe stellen. Es wird verlangt, dass Gesetze eingeführt werden, welche Personen vor Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung schützen.