Laura Dahlmeier: «Würde mir mehr Achtsamkeit wünschen»
Vor einem Jahr verkündete Doppel-Olympiasiegerin Laura Dahlmeier ihr Karriereende - mit gerade mal 25 Jahren. Ein Jahr später geniesst sie ihre neue Freiheit.

Das Wichtigste in Kürze
- Biathletin Laura Dahlmeier beendete 2019 ihre Karriere.
- Mittlerweile studiert sie Sport und geniesst ihre neuen Freiheiten.
- Nebenbei macht sie nun noch den Trainerschein.
Eigentlich wäre Laura Dahlmeier jetzt in der Vorbereitung auf die neue Saison. Doch ihr Gewehr hat die 26-Jährige in die Ecke gestellt und studiert nun Sport, ganz ohne Druck.
Am 17. Mai 2019 haben Sie Ihr Karriereende verkündet. Wie war das für Sie kurz vor Ihrem Rücktritt?
Laura Dahlmeier: Ich habe damals hin und her überlegt. Ist es die richtige Entscheidung? Ist die Zeit reif für den Rücktritt? Es war eine Erleichterung, als ich mich entschieden und es verkündet habe.
Die Entscheidungsfindung muss Sie ganz schön belastet haben. Wann genau ist sie gefallen?
Dahlmeier: Ich hatte schon während der ganzen letzten Saison immer mal wieder solche Gedanken. Für mich war schon immer klar, dass ich Biathlon nicht ewig machen werde. Nach Pyeongchang war für mich klar, dass ich nie wieder zu Olympia fahren werde. Das waren für mich perfekte Rennen, besser kann ich es nicht.
Als ich in meiner letzten Saison bei der WM noch mal eine Medaille gewinnen konnte, waren die Gedanken schon gereift. Dass es meine letzte Saison sein wird.
Mit wem haben Sie sich beraten?
Dahlmeier: Ich habe mit gar keinem darüber gesprochen. Es war mir wichtig, dass es meine Entscheidung ist und mich von aussen niemand beeinflusst. Als die Entscheidung gefallen war, habe ich die nächsten drei, vier Wochen überlegt, passt es, geht es dir gut damit. Wie geht es dir in einem Jahr damit.
Als ich es für mich positiv beantwortet habe, habe ich es kommuniziert.
Wäre Ihre Entscheidung anders ausgefallen, wenn Olympia 2022 nicht in Peking, sondern in einem traditionellen Wintersportort gewesen wären?
Dahlmeier: Ich würde es nicht nur darauf schieben, aber es beeinflusst eine Entscheidung dann doch. Unterbewusst macht es schon was aus. Ich dachte mir, es ist doch schade, wenn Olympische Spiele irgendwo stattfinden, wo kaum Leute sind und nicht mitgefiebert wird. Wenn Olympia in Cortina oder irgendwo bei uns in der Alpenregion gewesen wäre.
Dann hätte ich mir das sicherlich noch mal genauer überlegt. Es hätte die Entscheidung deutlich schwerer gemacht.
Haben Sie noch Erinnerungen an Ihr letztes Rennen im Weltcup?
Dahlmeier: Ich habe schon noch Erinnerungen an Biathlonrennen, an das letzte nicht so sehr, es war nicht das allerbeste Rennen. Anders ist es mit Schalke, es war der coolste Abschluss, den man sich vorstellen konnte. Daran denke ich schon noch oft zurück.
Wie würden Sie die Zeit von Ihrem Karriereende bis jetzt beschreiben? Wie hat sich Ihr Leben verändert?
Dahlmeier: Es war ein bissel turbulent. Die ersten zwei, drei Monate habe ich versucht, Abstand vom Biathlon zu gewinnen. Dann bin ich viel gereist, habe mir die Zeit genommen für Dinge, für die man sonst wenig Zeit hat.
Was wollen Sie mit ihrem Sportstudium mal anfangen?
Dahlmeier: Ich habe festgestellt, Sport ist genau das das, was ich machen will. Was genau, wird man sehen, ich bin da relativ entspannt. Es wird sich schon das Richtige zur richtigen Zeit ergeben.
Sieht man Sie mal wieder im Biathlon?
Dahlmeier: Ich mache ja nebenbei noch den Trainerschein.
Dann werden Sie bestimmt die erste Bundestrainerin?
Dahlmeier: Nein, nein. Ich kann ausschliessen, dass ich sofort als Trainerin im Biathlon-Zirkus einsteige. Aber wie heisst es so schön: Sag niemals nie.
Jetzt dominiert Corona das Leben. Auch Ihres?
Dahlmeier: Ich kann das Thema Corona sehr gut ausblenden. Bei anderen gibt es kaum ein anderes Thema, was darf man, was darf man nicht. Aber mein Leben und meinen Alltag betrifft es nicht allzu sehr. Was superschön ist, dass ich in Garmisch lebe, das ist wie im Paradies.
Ich habe immer rausgehen können, in den Wald oder joggen. Das ist ganz was anderes als in der Stadt. Wenn ich jetzt die ganze Zeit in meiner Studentenbude in München gewesen wäre, wäre die Zeit um einiges härter gewesen.
Laura Dahlmeier kann die Corona-Krise auch was Positives bewirken?
Dahlmeier: Ich würde mir mehr Achtsamkeit wünschen. Am Anfang der Krise haben ja viele entschleunigt, alles war etwas ruhiger, weniger Stress, keine Termine. Ich würde mir wünschen, dass wir das mit in die Zeit danach nehmen, dass weniger manchmal mehr ist. Nicht dass es gleich wieder heisst, jeder ballert sich wieder mit Terminen voll und hetzt von einem zum nächsten.
Können Sie sich vorstellen, dass die kommende Biathlon-Saison in Zeiten von Corona eine normale wird?
Dahlmeier: Spannend wird, wie sich die Corona-Pandemie entwickelt. In Italien muss man vielleicht fragen, macht es Sinn, in so einem gebeutelten Land wirklich Wettkämpfe zu veranstalten. Oder geht man in Regionen, wo die Bevölkerungsdichte nicht so hoch ist. Macht man ein bisschen mehr in Skandinavien.
Und sorgt dafür, dass die Athleten weniger reisen müssen. Aber das ist Aufgabe der IBU und der jeweiligen Länder und Regionen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.