Pascal Wehrlein wirft sein Rennen beim Kapstadt-ePrix der Formel E schon früh weg und räumt dabei noch Sébastien Buemi ab. Wächst der Druck auf den Deutschen?
Formel E Wehrlein Buemi
Sébastien Buemi (Envision) wird beim Kapstadt-ePrix der Formel E von Pascal Wehrlein (Porsche) abgeräumt. - FIA Formula E
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Das Wichtigste in Kürze

  • Antonio Felix da Costa ringt Jean-Éric Vergne im Kapstadt-ePrix nieder.
  • Sébastien Buemi sorgt nach einem Startunfall für eine bemerkenswerte Aufholjagd.
  • WM-Leader Pascal Wehrlein wirft sein Rennen dagegen schon früh weg.

Die Premiere der Formel E in Südafrika sorgt für Spektakel – nicht nur wegen des packenden Duells um den Sieg. Motorsport-Insiderin Carla Welti und Nau.ch-Experte Mathias Kainz diskutieren den Kapstadt-ePrix.

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Nau.ch: Die Formel E hat gut ein Drittel ihrer Saison hinter sich. Wo bleibt der Aufschwung bei Titelverteidiger Stoffel Vandoorne?

Mathias Kainz: In der Formel E reicht es eben nicht aus, nur schnell zu sein. Man muss auch zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein – oder besser, nicht zur falschen Zeit am falschen Ort. Sam Bird oder Sébastien Buemi können davon ein Lied singen. Vandoorne braucht einmal ein Wochenende, an dem alles klappt – dann ist er ganz schnell wieder vorne dabei.

Stoffel Vandoorne Formel E
Stoffel Vandoorne (DS Penske) beim Kapstadt-ePrix der Formel E. - FIA Formula E

Carla Welti: Stoffel kann man absolut als Pechvogel bezeichnen. In der Qualifikation hat er gezeigt, dass er auch dieses Auto in guten Zeiten durch die drei Sektoren bringen kann. Aber die rote Flagge durch den Crash von Mortara und Bird hat seine schnellste Runde unterbrochen. Im Rennen hat er wieder einmal bewiesen, dass er die Pace und das Können hat – nur das Glück fehlt.

Nau.ch: Pascal Wehrlein hat sein Rennen in Kapstadt schon früh weggeworfen – durch einen ungeschickten Fehler. Spürt er den Druck, den die WM-Führung mit sich bringt?

Carla Welti: Ich habe mich mit ihm noch nicht darüber unterhalten. Sein Vorsprung in der Gesamtführung ist immer noch derselbe wie nach Hyderabad. Ich bin sicher, dass er weiss, dass seine Rennwochenenden nicht wie die vergangenen zwei verlaufen dürfen. Sonst wird es unmöglich, die Führung in der Meisterschaft beizubehalten.

Mathias Kainz: Der Druck ist sicher gross, vor allem, weil es zwei ungenutzte Chancen in Folge waren. Sowohl in Hyderabad als auch in Kapstadt hätte Wehrlein seinen Vorsprung auf Dennis deutlich vergrössern können. Das kann jetzt auch eine Spirale auslösen, wenn es in São Paulo nicht wieder ein Top-Resultat gibt. Zumal die Konkurrenz dahinter aufholt.

Pascal Wehrlein Formel E
Pascal Wehrlein (Porsche) nach seinem Unfall beim Kapstadt-ePrix der Formel E. - FIA Formula E

Nau.ch: Alle vier mit Mahindra-Motoren ausgerüsteten Autos mussten in Kapstadt zurückgezogen werden. Müssen sich die Teams über die Aufhängungs-Probleme Sorgen machen?

Mathias Kainz: Ein Rückzug aus Sicherheitsgründen ist immer ein schlechtes Zeichen. Dass das Problem nach fünf Rennen so schlagend wird, ist besonders bedenklich. Das legt nahe, dass es ein fundamentales Problem mit dem Antriebsstrang sein könne. Vor allem beim Mahindra-Werksteam dürfte man sich jetzt schon ein wenig Sorgen machen.

Carla Welti: Sorgen nicht, aber Gedanken zu Lösungen. Dieses Problem der Aufhängung scheint schon seit Anfang der neunten Saison zu existieren. Abgesehen davon, dass dieses Problem gefährlich ist für die Fahrer: Ihnen läuft auch die Zeit weg, in der Meisterschaft noch etwas zu beweisen und effektive Entwicklungen auf Werks-Ebene zu generieren.

Rennleitung der Formel E wieder in der Kritik

Nau.ch: Der Unfall von Edoardo Mortara und Sam Bird im Qualifying hat wieder zu heftiger Kritik an der Rennleitung geführt. Muss die FIA einschreiten?

Carla Welti: Über dieses Thema lässt sich diskutieren, bis uns die Luft ausgeht. Es wirft kein gutes Bild auf die Renndirektion und die Serie. In diesem Fall war es sogar gefährlich für die Fahrer. Das ist aber nicht nur in der Formel E der Fall, sondern auch in anderen Serien. Wie sich dies in Zukunft ändern wird, kann ich nicht sagen – nötig wäre es.

Edoardo Mortara und Sam Bird verunfallen im Qualifying schwer.

Mathias Kainz: Für die FIA kann es in Ordnung sein, dass sich ihr Elektro-Aushängeschild ständig solchen Diskussionen stellen muss. Natürlich bergen die Stadtkurse der Formel E ein Risiko für Zwischenfälle. Gerade dann müsste aber dafür gesorgt sein, dass die Reaktion darauf so fehlerlos wie möglich ist. Es geht hier um die Sicherheit der Fahrer, aber auch um die Aussenwahrnehmung der Weltmeisterschaft.

Nau.ch: Worauf können wir uns für die kommenden Rennen einstellen?

Carla Welti: Auf Action! Wir haben nun 5 von 16 Rennen dieser Saison erlebt. Es ist klar ersichtlich, dass die Gen3-Fahrzeuge und das hohe Level der Fahrer den Fans eine Show bietet. Motorsportlich freue ich mich auf enge Meisterschaftskämpfe – wenn es so weitergeht, wird da noch einiges passieren.

Formel E Kapstadt ePrix
Die Formel E gastierte erstmals in Südafrika. - FIA Formula E

Mathias Kainz: Ich freue mich vor allem auf einen unvorhersehbaren Saisonverlauf. Das ist das grosse Plus der Formel E – bis zur letzten Kurve haben meist mehrere Fahrer noch Siegchancen. Und ich hoffe sehr, dass die Pechsträhne bei den Schweizern bald einmal reisst. Zumindest Sébastien Buemi wäre dann in jedem Rennen ein Podestkandidat.

Buemi beweist trotz Pechsträhne seinen coolen Kopf

Nau.ch: Zu guter Letzt – wer war in Kapstadt euer Fahrer des Tages?

Mathias Kainz: Da kann ich nur den Tagessieger Antonio Felix da Costa nennen. Nicht nur, weil er das Rennen von Startplatz 12 aus gewinnt, sondern wegen der Art und Weise seines Sieges. Da war nämlich alles dabei – spektakuläre Überholmanöver, ein Hammer-Duell gegen Vergne. Und dass er nach dem verpassten Attack Mode die Ruhe bewahrt und trotzdem gewinnt, das war grosses Kino.

Da Costa Formel E
Antonio Felix da Costa feiert in Kapstadt seinen ersten Sieg für Porsche in der Formel E. - FIA Formula E

Carla Welti: Sébastien Buemi, wenn ich es rein auf das Rennen beziehen darf. Dass er es im Rennen geschafft hat, sich von der letzten Position nach seinem Unfall auf P5 vorzuarbeiten, ist erstaunlich. Es beweist, dass er den coolen Kopf hat, den wir von ihm kennen. Und er schafft es, auch nach drei Rückschlägen in Folge noch Höchstleistung unter Hochdruck zu erbringen.

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