Jake Dennis krönt sich erstmals zum Weltmeister in der Formel E. Sébastien Buemi ist der Pechvogel des Jahres – und Nau.ch richtet den Blick schon nach vorne.
Jake Dennis Formel E
Jake Dennis krönt sich zum Weltmeister in der Formel E. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Jake Dennis holt sich den Weltmeistertitel in der Formel E.
  • Sébastien Buemi gewinnt mit Nick Cassidy für Envision die Team-Wertung.
  • Motorsport-Insiderin Carla Welti und Nau.ch-Experte Mathias Kainz ziehen Bilanz.
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Die Formel E beendet ihre neunte Saison mit einem Thriller in London. Bei den Fahrern fällt die WM-Entscheidung schon im vorletzten Rennen. Die Team-Wertung wird hingegen erst am Sonntag entschieden – mit einem dominanten Auftritt von Nick Cassidy.

Verfolgen Sie die Formel E?

Motorsport-Insiderin Carla Welti und Nau.ch-Experte Mathias Kainz blicken auf die packende Saison zurück – und voraus auf das nächste Jahr.

Thriller-Finale in der Formel E

Nau.ch: Was für eine Saison, die jetzt hinter uns liegt! Ist Jake Dennis für euch der verdiente Weltmeister?

Carla Welti: Ja, ganz simpel und einfach. Zu Beginn der Saison ist er im Vergleich mit anderen nicht gross aufgefallen. Aber er hat sich still und heimlich nach vorne gearbeitet. So hat er sich die Punkte geholt, um jetzt da zu sein, wo er ist.

Jake Dennis Formel E
Jake Dennis krönt sich zum Weltmeister in der Formel E. - FIA Formula E

Mathias Kainz: Verdient ist der WM-Titel auf jeden Fall, aber er ist auch ein wenig glücklich. Vom Gesamtpaket her waren Nick Cassidy und Mitch Evans eigentlich in der besseren Position. Anders als die beiden hat sich Dennis aber auch an den schlechten Wochenenden schadlos gehalten, das hat den Unterschied gemacht. Insofern ist er ohne Zweifel ein verdienter Weltmeister.

Nau.ch: Das Saisonfinale der Formel E in London hatte Thriller-Qualitäten – vor allem am Samstag. Einer der Aufreger war die Team-Kollision bei Envision. Wo seht ihr da die Schuld?

Mathias Kainz: Das war eine ganz unglückliche Szene, in der die Schuld meiner Meinung nach vor allem beim Team liegt. Am Funk fleht Buemi regelrecht um Instruktionen, wie er Cassidy am besten helfen kann. Und dann wird es eben einen Moment lang zu eng, und plötzlich geht Cassidys WM-Traum den Bach runter. Unfassbar bitter, vor allem, weil es so vermeidbar war.

Formel E Cassidy Buemi
Da war der WM-Titel noch greifbar: Nick Cassidy vor Sébastien Buemi und Jake Dennis beim London-ePrix der Formel E. - FIA Formula E

Carla Welti: Ich erlaube mir nicht, da nach dem Rennen Schuld zu verteilen. Man kann solche Kollisionen aus so vielen verschiedenen Perspektiven betrachten. Beide Fahrer hätten sich mehr darauf konzentrieren sollen, sich gegenseitig den Rücken und die Front zu schützen. Sie waren sowohl für die Team- als auch für die Fahrerwertung gut dran – da haben sie sicher viel weggeworfen.

Buemi als «Pechvogel der Saison» in der Formel E

Nau.ch: Sébastien Buemi war auch in die zweite Kollision am Samstag verwickelt, die für viele Diskussionen gesorgt hat. Was ist da genau passiert?

Carla Welti: Ich bin der Meinung, dass er da nicht direkt der Schuldige war. Er war einfach in einen Rennunfall verwickelt, die wir so aus ganz vielen anderen Situationen kennen. Er war einfach wieder mal der Pechvogel in so einer Situation.

Mathias Kainz: Absolut richtig – Buemi hat sich in meinen Augen den Titel als «Pechvogel des Jahres» redlich verdient. Wie oft der Schweizer unverschuldet zum Handkuss gekommen ist, ist sogar für die Formel E unfassbar. Die Situation mit Nato und dem Massen-Stau war wieder so ein Beispiel: Zur falschen Zeit am falschen Ort und wieder einmal unschuldig in der Wand.

Nau.ch: Schauen wir voraus auf die kommende Saison – auch, wenn sie noch fast sechs Monate entfernt ist. Worauf freut ihr euch schon jetzt?

Mathias Kainz: Darauf, dass es wieder losgeht! Die Formel E hat uns wieder einmal einen spannenden Titelkampf beschert, und das dürfte so weitergehen. Für mich ist das Gen3-Auto ein Erfolg, die Rennen sind packend und das Feld eng beisammen. Ich hoffe vor allem, dass wir nächstes Jahr noch etwas mehr Gleichheit bei den Powertrains sehen.

Formel E DS Penske
Jean-Éric Vergne (DS Penske) beim London-ePrix der Formel E. - FIA Formula E

Carla Welti: Die Tests sind ja schon im Dezember. Ich freue mich schon jetzt darauf, zu sehen, was die Teams in der Pause umsetzen können. Wir haben das gleiche Auto, die gleichen Reifen – es bleibt alles beim Alten. Das heisst, die Teams können alles Wissen mitnehmen und sich verbessern, das finde ich wahnsinnig spannend.

War Nick Cassidy der beste Fahrer?

Nau.ch: Und zu guter Letzt werfen wir noch einen Blick zurück: Wer war für euch der Fahrer der Saison?

Carla Welti: Da gibt es so viele gute Antworten – es gibt viele, die sich schön entwickelt haben. Ich würde einen Nick Cassidy nennen, der einfach durchgehend schnell und gut war. Und ich könnte sogar Nico Müller sagen, weil es mich wahnsinnig freut, dass er unter diesen schwierigen Umständen durchgehalten hat. Es sind so viele hochkarätige Fahrer, da gibt es für mich keinen «Fahrer der Saison», nur einen verdienten Champion.

Nico Müller Formel E
Nico Müller erlebte eine schwierige Saison in der Formel E – zeigte dabei aber Kampfgeist. - FIA Formula E

Mathias Kainz: Da stimme ich dir grundsätzlich zu, aber ich lege mich jetzt trotzdem fest: Für mich war Nick Cassidy der Fahrer der Saison, obwohl es mit dem WM-Titel nicht geklappt hat. Aber kein anderer Fahrer hat so dominante, so überlegene Auftritte abgeliefert, nicht einmal Jake Dennis. Vielleicht klappt es für Cassidy ja bei Jaguar mit dem Weltmeistertitel?

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