Als Basecamp für die EM 2024 hat der spanische Verband ein Golf-Resort exklusiv gemietet. Der General Manager der Hotels erklärt im Interview, wie es dazu kam.
EM 2024
Dieses Resort hat der spanische Verband während der EM 2024 exklusiv gebucht. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Der spanische Fussballverband bezieht während der EM 2024 Quartier in Donaueschingen.
  • Michael Artner, GM des Resorts, spricht im Nau-Interview über die Herausforderungen.
  • Die Iberer treffen an der EM 2024 auf Italien, Kroatien und Albanien.
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Der Countdown läuft: Am kommenden Freitag startet die EM 2024 mit dem Eröffnungsspiel Deutschland gegen Schottland. Tags darauf legt die Schweizer Nati gegen Ungarn los. Und gleich danach startet Spanien um 18 Uhr gegen Kroatien in die Endrunde.

Die Iberer haben ihr Basecamp für die EM 2024 in Donaueschingen aufgeschlagen. Das Fünf-Sterne-Golfresort «Öschberghof» wurde für die Dauer des Turniers exklusiv gebucht. Im Gespräch mit Nau.ch erklärt General Manager Michael Artner, wie man sich auf die spanischen Gäste vorbereitet hat.

Öschberghof
Hier logiert Spanien während der EM 2024. - zvg

Nau.ch: Michael Artner, wie kommt ein Hotel überhaupt auf die Liste als mögliches Teamcamp für EM-Teilnehmer?

Michael Artner: Wir arbeiten seit gut fünf Jahren mit einer Agentur zusammen, die einen Grossteil der Trainingslager für die Teams der 1. und 2. Bundesliga organisiert. Jetzt sind auch Nationen dabei, die an der EM teilnehmen.

Wir haben uns nicht aktiv beworben, sondern haben uns in diesem Bereich einen Namen erarbeitet. So wurde man auf uns aufmerksam, sicher auch wegen der Kombination mit dem Resort und den angrenzenden Fussballplätzen. Viele Nationalteams kamen auf uns zu und wir haben Angebote erstellt. Am Ende des Tages hat dann Spanien den Zuschlag erhalten.

Michael Artner
General Manager Michael Artner. - zVg

Nau.ch: Sie haben gesagt, dass auch mehrere Bundesligisten bei Ihnen waren. Wie kommt es, dass die für das Trainingslager im Land bleiben und nicht in die Sonne fliegen?

Artner: Ich glaube schon, dass es mit der Beschaffenheit des Resorts zu tun hat. Man ist hier «weg» und muss nicht ins Ausland fliegen. Unser Areal umfasst 200 Hektar und für ein Trainingslager perfekt geeignet. Vor allem in Zeiten der Nachhaltigkeit ist es ein Trend, dass man seine Camps im Heimatland abhält. Zumindest dasjenige im Sommer.

«Schaffen den Rahmen, damit sich das Team wohlfühlt»

Nau.ch: Wie hoch schätzen Sie die Wichtigkeit eines Teamquartiers für eine Nationalmannschaft an einer Endrunde ein?

Artner: Das kann man nicht wichtig genug einschätzen. Letztendlich ist es die Wohnung, das Esszimmer, das Spielzimmer und das Trainingscamp in einem. Ich glaube schon, dass es sehr wichtig ist, dass man eine Wohlfühlatmosphäre schafft.

Es geht darum, dass sich die Teams auf das konzentrieren, worauf sie sich konzentrieren müssen. Und wir schaffen den Rahmen, dass sie sich wohlfühlen und mit dem bestmöglichen Ergebnis aus dem Turnier gehen können.

Öschberghof
Auf dieser Anlage werden die Spanier trainieren. - zvg

Nau.ch: Was sind für Sie die drei hervorstechendsten Pluspunkte Ihres Resorts aus Sicht der Spanier?

Artner: Die Destination selbst. Man ist etwas «ab vom Schuss», hat sein eigenes Refugium. Dann sicher auch die Exklusivbuchung. Die Spanier haben unser ganzes Resort für sich, das ist nicht in jedem Hotel möglich. Dazu kommt die Qualität der Plätze. Und am Ende des Tages haben wir hier 400 Gastgeberinnen und Gastgeber, die auf höchstem Niveau und auf höchsten internationalen Standards agieren.

Nau.ch: Punkto Gastgeberinnen und Gastgeber: Die Spanier werden viel eigenes Personal mitbringen, unter anderem einen eigenen Koch. Winken da einigen MitarbeiterInnen zusätzliche Sommerferien?

Artner: Neben der spanischen Delegation planen wir parallel noch einige Sachen. Zum einen ein grosses Public Viewing und zwei unserer Restaurants werden ganz normal geöffnet sein. Auch der Golfplatz wird weiter betrieben. Wir benötigen also schon Staff.

«Wir machen wirtschaftlich keine Abstriche»

Nau.ch: Eine Frage zur exklusiven Buchung: Der Golfplatz ist zwar offen, aber im Resort sind die Spanier exklusiv eingebucht. Rentiert sich das für das Resort unter dem Strich?

Artner: Eine gute Frage. Es ist tatsächlich so, dass das Fenster von Juni bis August unsere Highseason ist. Da machen wir selbstverständlich keine wirtschaftlichen Abstriche. Zusätzlich ist es marketingtechnisch eine grosse Nummer, auch über die Grenzen hinaus. Diese Sichtbarkeit ist für uns und die Region sensationell.

EM 2024
Wie weit kommt Spanien an der EM 2024? - keystone

Nau.ch: Wie sieht es eigentlich sprachlich aus? Gibt es bei Ihnen im Vorfeld Spanischkurse?

Artner: Absolut, es gab einen kleinen Crashkurs für alle. Aber wir haben auch zwei Handvoll Mitarbeiter, die Spanisch sprechen. Das macht alles ein bisschen einfacher. Die werden natürlich gezielt für gewisse Dinge eingesetzt, wobei wir bisher mit dem Verband auch gut in Englisch kommuniziert haben.

Nau.ch: Apropos Verband: Der Anforderungskatalog an ein Resort im Vorfeld des Turniers ist ja nicht gerade klein. Wie ist da die Philosophie? «Alles ist möglich» oder gibt es Einschränkungen?

Artner: Da ist nichts dabei, dass für uns komplett fremd oder unlösbar wäre. Wir kennen das, hatten schon den FC Barcelona und Liverpool hier. Im Grossen und Ganzen unterscheidet sich das gar nicht gross. Klar, spielt das Thema Sicherheit eine grosse Rolle, wobei hier auch die Uefa als Turnier-Organisatorin einen sehr grossen Teil davon übernimmt.

Zudem bringt die Exklusivität einen grossen Punkt an Sicherheit, weil eben kein anderer Gast im Hotel ist. So ist im Anforderungskatalog nichts dabei, wo wir sagen müssten: Das können wir nicht oder das haben wir noch nie gehört.

Wie verhindert man im EM-Camp den Lagerkoller?

Nau.ch: Gab es auch Anforderungen zur Golfanlage, respektive: Wie steht es um die Golf-Affinität der spanischen Profis?

Artner: Das wissen wir nicht, aber es wird sicher einige darunter haben, die gerne Golfen. Das war auch in der Vergangenheit ganz unterschiedlich: Liverpool hat gar nicht gespielt, bei Brentford doch ein paar. Aber die Möglichkeit ist gegeben, der eine oder andere wird sicher eine Runde auf dem Golfplatz machen.

Spanien
Auch die Golfanlage steht den Spaniern zur Verfügung. - zVg

Nau.ch: Vielleicht auch ein gutes Mittel gegen den bekannten «Lagerkoller», der sich nach einigen Wochen am gleichen Ort einstellen kann?

Artner: Ich glaube, das Thema Lagerkoller wird gar nicht gross aufkommen. Das Team ist ja auch viel unterwegs, sie fliegen zu den Spielen und sind danach teilweise nicht im Hotel. Zudem können sie die ganze Anlage brauchen. Es ist sicher auch ein Pluspunkt für uns, weil man sich auf 200 Hektar austoben kann.

Wem drücken Sie die Daumen, Michael Artner?

Nau.ch: Haben die Spanier das Exklusivrecht bis zum Ende des Turniers gebucht? Oder kommt es ab der K.-o.-Phase zu einem Camp-Wechsel?

Artner: Nein, wir sind während dem ganzen Turnier das Basecamp der Spanier. Solange sie im Rennen um den Titel dabei sind, werden sie bei uns wohnen.

Nau.ch: Wie viel Zeit haben Sie eigentlich ab dem Abreisetag der Spanier für den «Rückbau» eingerechnet? Ihre Hauptsaison läuft ja zu dieser Zeit noch?

Artner: Das wird in der Tat sportlich. Aber mit unseren 400 Gastgeber:innen können wir das ziemlich schnell umsetzen. Wir wollen das Resort für unsere Stammgäste natürlich so schnell wie möglich wieder öffnen, sobald die Exklusivbuchung endet.

Öschberghof
Diese Suite wird Spanien Captain bewohnen. - zvg

Nau.ch: Noch kurz zu Ihnen persönlich: Sie dürften punkto EM wohl zweigeteilt sein? Einerseits spielt Deutschland um den Heim-Titel, andererseits drücken Sie auch Ihren Gästen die Daumen?

Artner: (lacht) Genau so ist es! Es wäre sensationell, wenn die Spanier bei uns den EM-Titel feiern würden, da mache ich kein Geheimnis draus. Es schlagen darum zwei Herzen in meiner Brust. Ich freue mich, wenn unsere Nationalelf weit kommt.

Aber für diesen speziellen Fall, der in meiner Karriere wahrscheinlich nicht so oft vorkommen wird, ein Team über einen so langen Zeitraum während einer EM im eigenen Land zu begleiten, bin ich den Spaniern sehr wohl gesonnen. Und natürlich drücke ich auch den Schweizern die Daumen, wir haben viele Gäste von dort.

Traust Du Spanien den EM-Titel zu?

Zur Person

Michael Artner arbeitet seit rund zwei Jahren im «Öschberghof». Zuerst als Hotelmanager, seit Oktober 2023 als General-Manager. Zuvor war er lange bei Marriott, Steigenberger und dem Hotel Maximilian´s in Augsburg tätig. Resort-Hotellerie war immer sein grosser Wunsch. «Als der Öscherberghof kam, gab es kein Halten mehr.»

Hinweis: Dieser Besuch wurde ermöglicht durch das Resort Öschberghof in Donaueschingen.

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