Bei der Fussball-EM 2016 wurden Islands Kicker zu Publikumslieblingen. Fünf Jahre später steckt der Insel-Fussball tief in der Krise – und nicht nur sportlich.
Island Nationalteam
Das Nationalteam von Island steckt sportlich und menschlich in der Krise. - KSI
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Das Wichtigste in Kürze

  • Islands Fussball steckt mitten in einer sportlichen und menschlichen Krise.
  • Von der Euphorie, die während der Euro 2016 aufkam, ist nichts mehr übrig.
  • Stattdessen führt ein Sex-Skandal zum Rücktritt der gesamten Verbandsspitze.

Der isländische Schlachtruf «Huh!» der klatschenden Fans und Spieler klang lange nach. Mit pragmatischem Fussball und Aussenseitermentalität schaffte es Island bei der EM 2016 bis ins Viertelfinale. Das Team begeisterte die Fans und erspielte sich grosse Sympathien.

Fünf Jahre später ist davon nicht mehr viel übrig. Sportlich läuft es vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Deutschland in Reykjavik schlecht. Obendrein erschüttert ein Skandal den einst so gemütlich und freundlich anmutenden isländischen Fussball.

Island Euro 2016
Bei der Euro 2016 wird Island mit seinem frenetischen Jubel vor den Fans zum Publikumsliebling. - Keystone

Anschuldigungen über sexuelle Belästigung und Missbrauch, die bereits einige Jahre zurückliegen, sorgten zuletzt im Inselstaat für Wirbel. Eine Frau hatte gesagt, sie sei 2017 von einem Nationalspieler in einem Nachtclub missbraucht worden.

Wegen der Affäre sind der Präsident des isländischen Fussballverbands KSI, Gudni Bergsson, und der gesamte Vorstand inzwischen zurückgetreten. Der Vorwurf der Vertuschung steht im Raum. Der Verband kündigte eine gründliche Untersuchung an.

Sigthórsson suspendiert

Bergsson hatte gesagt, der KSI hätte nie Beschwerden oder Hinweise zu Vorwürfen sexueller Übergriffe erhalten. Eine der mutmasslich Betroffenen berichtete daraufhin beim isländischen Fernsehsender RUV, ein Anwalt habe ihr sogar Schweigegeld angeboten.

Der mutmassliche Täter habe anschliessend weiter in der Nationalmannschaft gespielt. Und das, obwohl sie sich gemeinsam mit einer weiteren Betroffenen an die Polizei und an den Verband gewandt habe.

Kolbeinn Sigthorsson Island
Kolbeinn Sigthorsson ist wegen seiner Verwicklung in einen Missbrauchsskandal suspendiert. - Keystone

Inzwischen teilte Stürmer Kolbeinn Sigthórsson mit, er sei einer der Beschuldigten. Er habe sich damals in einem Club «unangemessen» verhalten, räumte der 31-Jährige ein. Den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs wies er aber zurück.

Er habe sich bei den Frauen entschuldigt und auf Wunsch der beiden rund 30'000 Franken an eine Hilfsorganisation gezahlt. Sigthórsson, der im EM-Achtelfinale 2016 mit seinem Siegtor zum 2:1 gegen England berühmt geworden war, ist vorerst suspendiert.

Einige Ausfälle

Rein sportlich gesehen machen dem Team neben Sigthórsson weitere Ausfälle zu schaffen. Augsburgs Alfred Finnbogason ist nach Verletzungsproblemen noch nicht wieder zum Nationalteam zurückgekehrt.

Alfred Finnbogason Island
Alfred Finnbogason fehlt dem isländischen Nationalteam noch. - Keystone

Aron Gunnarsson steht wegen einer Corona-Infektion nicht zur Verfügung. Obendrein fehlt Gylfi Sigurdsson, der in dieser Saison auch bei seinem Club FC Everton noch nicht im Kader stand.

Immerhin gab es zuletzt eine positive Nachricht, über die sich Island-Fans freuen konnten. Gegen Nordmazedonien traf Andri Lucas Gudjohnsen zum 2:2-Ausgleich. Der 19-Jährige gehört zur dritten Generation mit dem Namen Gudjohnsen auf dem Trikot.

Andri Lucas Gudjohnsen Island
Andri Lucas Gudjohnsen (#22) erzielte sein erstes Tor für Island. Der 19-Jährige spielt im Nachwuchs von Real Madrid. - KSI

Sein Vater ist das nationale Fussballidol Eidur Gudjohnsen, der früher für Chelsea und den FC Barcelona Tore schoss. Er ist Rekordtorschütze und heute Co-Trainer Islands. Zuvor hatte schon Andris Grossvater Arnór für das isländische Nationalteam gespielt.

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