Sozialhilfe und Steuersenkung dürften im Grossen Rat zu reden geben
In seiner Herbstsession will der bernische Grosse Rat mehrere heisse Eisen anpacken: dazu gehören die Revision des Sozialhilfe- und des Steuergesetzes.

Der Regierungsrat möchte die Gemeinden mit einem neuen Modell zur Sparsamkeit in der Sozialhilfe anhalten. Sie sollen eine Art «Selbstbehalt» übernehmen. Die bürgerlich dominierte vorberatende Kommission sprach sich knapp für das Modell aus. Rot-Grüne Parteien kritisieren, das Modell setze falsche Anreize.
Tiefere Leistungen in der Sozialhilfe erschwerten die beruflich und soziale Integration und bewirkten keine raschere Ablösung von der Sozialhilfe, hielten etwa die Grünen entgegen.
Die Revision lege den Fokus auf Kontrolle und Effizienz, statt auf Armutsbekämpfung und Unterstützung der Betroffenen, hiess es auch bei der SP. «Der Kanton soll nicht Instrumente für Konkurrenz und Sanktionen zwischen den Gemeinden schaffen, sondern die Sozialdienste professionell begleiten», forderte Fraktionspräsident Stefan Jordi in einer Mitteilung seiner Partei.
Die bürgerlich dominierte vorberatende Kommission will ihrerseits Vorschläge in die Debatte einbringen. So soll ein Vermögensverzicht bei der Bemessung der Sozialhilfe nicht ins Gewicht fallen.
Konkret heisst das: Wer vor einem Eintritt in eine Alterseinrichtung seine Wohnung günstig den Nachkommen verkauft und dadurch sozialhilfeabhängig wird, soll keine Nachteile bei der Bemessung der Sozialhilfe erleiden.
«Heiratsstrafe» soll bei Vermögenssteuer abgeschafft werden
Die Kommission erachtet die bestehende Verwandtenunterstützungspflicht und die Rückzahlungspflicht bei grobem Selbstverschulden als ausreichend, um Missbräuche zu bekämpfen. Weitere Themen der Revision sind die Einführung einer Bezahlkarte für Asylsuchende oder eine Verlängerung der Verjährungsfristen für Rückzahlungen von Sozialhilfeleistungen.
Mit einer Revision der Steuergesetzgebung will der Regierungsrat die Steuerbelastung für tiefere bis mittlere Einkommen senken. Die Progression soll durch eine Kombination aus Tarifanpassungen und der Erweiterung des Abzugs für tiefe Einkommen geglättet werden.
Zudem soll die «Heiratsstrafe» bei der Vermögenssteuer abgeschafft werden, indem die Freigrenze für verheiratete Personen und für Personen in eingetragener Partnerschaft erhöht wird.
Weiter wird das Kantonsparlament auch darüber befinden, ob es sich selber disziplinieren will. Zur Debatte steht, ob Vorstösse künftig nur noch eingereicht werden dürfen, wenn sie mindestens drei Urheberinnen oder Urheber haben. Das Büro des Grossen Rates empfiehlt dem Parlament die Ablehnung dieser Praxisverschärfung.
Weiter wird der Grosse Rat auch über einen Kredit von 290 Millionen Franken für Investitionen in die Kantonsstrassen befinden. Die Gelder sollen vor allem in die Verkehrssicherheit, die Verbesserung der Infrastruktur für den Fuss – und Veloverkehr sowie den Erhalt der Kantonsstrassen fliessen. Der Rat soll auch dementsprechend aktualisierten Strassennetzplatz 2022-2037 zustimmen.
Gelder sprechen soll der Rat schliesslich auch für verschiedene Bauprojekte, etwa die Sanierung der Kunsteisbahn Grabengut in Thun, für Hochwasserschutzmassnahmen in Bern sowie für die Sanierung und den Ersatzneubau des Kunstmuseums Bern. Gegen den Beitrag für Letzteres drohte die SVP bereits mit einem Referendum. Sie kritisiert, dass der Kanton «überdimensioniertes Luxusprojekt» mitfinanziert.