Zürich stimmt am 3. März 2024 über die SVP-Initiative «Keine goldenen Fallschirme für abtretende Behördenmitglieder» ab. Camille Lothe (SVP) gibt Einblicke.
Camille Lothe SVP
Camille Lothe ist Präsidentin der SVP der Stadt Zürich. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • In Zürich wird am 3. März über «goldene Fallschirme» für Behördenmitglieder abgestimmt.
  • Diese will die Abgangsentschädigung von abtretenden Stadtratsmitgliedern reduzieren.
  • Camille Lothe (SVP) unterstützt den Gegenvorschlag, hält aber an der Initiative fest.
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Am 3. März kommt es in Zürich zur Abstimmung über die städtische Initiative «Keine goldenen Fallschirme für abtretende Behördenmitglieder». Sie fordert, dass abtretende Stadtratsmitglieder künftig nur noch maximal einen Jahreslohn als Abgangsentschädigung erhalten sollen. Zudem soll die Abgangsentschädigung nur noch Mitglieder des Stadtrats betreffen.

Der Gemeinderat lehnt die Initiative ab, hat aber einen Gegenvorschlag ausgearbeitet. Camille Lothe (SVP) sagt im Interview, dass sie den Gegenvorschlag zwar unterstütze. Trotzdem hält sie an der Initiative fest, da ihr der Gegenvorschlag nicht weit genug gehe.

Nau.ch: Aus welchen Gründen haben Sie die Initiative «Keine goldenen Fallschirme für abtretende Behördenmitglieder» lanciert?

Camille Lothe: Das Entschädigungsregime der Stadt Zürich lässt aufhorchen. In den letzten 15 Jahren wurden 7,1 Millionen Franken an 21 ehemalige Behördenmitglieder ausbezahlt.

Stadtrat Zürich goldene Fallschirme
Der Stadtrat von Zürich. (Archivbild) - keystone

Mit spektakulären 850’000 Franken verabschiedete sich die SP-Stadträtin Claudia Nielsen aus dem Amt – freiwillig. Die SVP der Stadt Zürich ist der Meinung, dass hart erarbeitete Steuergelder nicht für horrende «goldige Fallschirme» verwendet werden sollen.

«Wer freiwillig nicht mehr antritt, hat genügend Zeit, sich auf eine neue Aufgabe vorzubereiten»

Nau.ch: In der Zwischenzeit wurde die Höhe von Abgangsentschädigungen auf maximal 1,8 Jahreslöhne reduziert. Zudem würden durch den Gegenvorschlag künftig nur noch Stadtratsmitglieder entschädigt. Weshalb halten Sie dennoch an der Initiative fest?

Lothe: Die SVP der Stadt Zürich unterstützt die Initiative, aber auch den Gegenvorschlag. Beide stellen eine Verbesserung der verantwortungslosen Ausgaben dar. Doch es bestehen wesentliche Unterschiede: Wer freiwillig nicht mehr zur Wahl antritt, hat genügend Zeit, sich auf eine neue Aufgabe vorzubereiten.

Abgangsentschädigungen sollten nur ausbezahlt werden, wenn jemand unerwartet nicht mehr wiedergewählt wird. Das garantiert nur die Initiative.

«Für Politiker gibt es im eigentlichen Sinne keine Kündigungsfrist»

Nau.ch: Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt zwischen 1 und 3 Monaten. Trotz der vor Ihnen vorgeschlagenen Reduktion klingt der Maximalbetrag eines ganzen Jahreslohns immer noch nach einem hohen Betrag. Inwiefern ist ein ganzer Jahreslohn als Abgangsentschädigung gerechtfertigt?

Lothe: Für Politiker gibt es im eigentlichen Sinne keine Kündigungsfrist. Entweder treten sie nicht mehr an oder werden nicht mehr wiedergewählt. Für uns ist klar, wer nicht mehr zur Wahl antritt, soll auch keine Abgangsentschädigung erhalten.

Zürich Stadtrat goldene Fallschirme
Der Zürcher Stadtrat nach den Wahlen im Februar 2022. (Archivbild) - keystone

Doch auch Wahlen sorgen immer wieder für Überraschungen. Wer von einem Tag auf den anderen wegen einer verpassten Wahl arbeitslos wird, soll eine entsprechende Abgangsentschädigung erhalten. Dabei reicht ein Jahreslohn vollkommen aus – übertrieben sind die 1,8 Jahreslöhne aus dem Gegenvorschlag.

Nau.ch: Welche Personen nebst Stadtratsmitgliedern verlieren durch die Initiative einen Anspruch auf Abgangsentschädigungen?

Lothe: Mit der Initiative verlieren Stadtammänner, Friedensrichter sowie Präsidenten der Kreisschulbehörden ihre Abgangsentschädigungen. Das ist richtig so.

Im Vergleich zu den Mitgliedern des Stadtrats sind diese Behördenmitglieder nicht in der Öffentlichkeit exponiert. Sie haben durch ihre Tätigkeit für die Stadt im Nachgang keine negativen Konsequenzen auf dem Arbeitsmarkt zu erwarten.

Sollten «goldene Fallschirme» für abtretende Behördenmitglieder reduziert werden?

Nau.ch: Eine Mehrheit des Stadt- und Gemeinderats fordert in gewissen Fällen auch bei freiwilligem Rücktritt eine Entschädigung: So soll verhindert werden, dass sich Stadtratsmitglieder während ihrer Amtszeit im Arbeitsmarkt aktiv neu orientieren. Halten Sie diese Befürchtung für unberechtigt?

Lothe: Sind wir realistisch: Es gibt keine Stadtzürcher Politiker, die besser mit der Wirtschaft und anderen Akteuren verbunden sind als die Stadträte. Durch ihre Funktion stehen sie in einem ständigen Austausch. Sie verfügen durch ihr Amt über ein immenses Netzwerk.

Nach ihrem Abgang stehen ihnen unzählige Türen offen. Wer meint, dass Stadträte sich vergeblichst nach einer neuen Stelle umschauen müssen, hat ein falsches Bild. Das Gegenteil ist richtig: Sie sind nach ihrem Rücktritt gesuchte Netzwerker und müssen sich daher nicht bereits während der Amtszeit auf dem Arbeitsmarkt neu orientieren.

Zur Person: Camille Lothe (30) ist Präsidentin der SVP der Stadt Zürich. Sie ist in Zürich wohnhaft und arbeitet als Redaktorin beim «Nebelspalter».

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