Grossratsmitglieder verzweifeln mit dem Grossrats-Mail
Mal klappt es, mal nicht: Die zuständige Grossrats-Kommission fordert dringend Nachbesserungen beim verschlüsselten Zugang zur Kantons-IT.

Das Wichtigste in Kürze
- Angespannte Stimmung: Grossratsmitglieder kommen mit dem Grossrats-Mail nicht zurecht.
- Zugang mit Smartphone & Laptop oder das Ausdrucken funktionieren immer wieder mal nicht.
- Der Kanton müsse dringend eine «miliztaugliche IT-Infrastruktur» zur Verfügung stellen.
Es sind nicht gerade übertrieben extravagante Forderungen, die die Kommission für Staatspolitik und Aussenbeziehungen dem Regierungsrat präsentiert: «Den Grossratsmitgliedern ist eine miliztaugliche Zugriffsmöglichkeit auf das Grossratsmail zur Verfügung zu stellen.»
Halt das, was man sich so generell gewohnt ist. Schnell und mit allen Betriebssystemen kompatibel sollte es bitteschön auch noch sein.
Denn das ist das Grossratsmail derzeit nicht. «Grosse Unzufriedenheit» stellt die Kommission fest und hat deshalb ihren Vorstoss eingereicht.
Man würde es aufgrund dessen Formulierung nicht erahnen, aber: «In der Kommission ist die Stimmung sogar tendenziell besser» als im Rat selbst, sagt Grossrat Christoph Grupp (Grüne).
Stimmung «gereizt bis genervt»
Grupp fungiert bei diesem Geschäft als Sprecher. In der Kommission habe man sich mit den Herausforderungen hinter dem abgesicherten System auseinandergesetzt, weshalb ein gewisses Verständnis vorhanden ist.
«Aber im Grossen Rat ist man gereizt bis genervt. Es ist eher eine angespannte Stimmung», sagt Grupp.
Ganz trivial ist die Grossrats-IT ja auch nicht. Vertrauliche Dokumente, Zugriff auf Kantonsdaten, Mailverkehr der Grossratsmitglieder untereinander und mit Behörden: Sicherheit und Datenschutz wird grossgeschrieben.

Also arbeitet der Grosse Rat wie die Verwaltung mit dem «Kantonalen Workplace KWP 10»: Einem virtuellen Arbeitsplatz in der Cloud, basierend auf Microsoft 365. «Das, wo die ganze Welt darunter leidet», seufzt Christoph Grupp. «Wir auch.»
Umleitung: verboten
Das Mail-Login sei kompliziert und fehleranfällig, der Zugriff auf Parlamentsunterlagen umständlich.
Die Systemstabilität, heisst es im Vorstoss diplomatisch, «stellt eine grosse Herausforderung dar». «Insbesondere mit Apple-Produkten habe man eher Probleme», stellt Christoph Grupp fest.

«Das heisst, dass man je nachdem nicht auf sein Mail zugreifen kann. Je nachdem welches System man hat, liegt dann der ‹Fehler› bei einem selbst oder beim Kanton.»
Die Idee, die Grossratsmails einfach aufs private Mail umzuleiten, musste man verwerfen: Das wäre aus Datenschutzgründen ungesetzlich.
Theoretisch gut, praktisch ausgefallen
Also checkt man die Mails vorschriftsgemäss. Am Smartphone nutzt man dazu eine sichere Verbindung, einen sogenannten VPN-Tunnel.
«Theoretisch funktioniert das, bei mir jetzt aktuell aber gerade wieder nicht. Also muss ich auf den PC ausweichen», berichtet Grossrat Grupp.

Drei Zugriffsmöglichkeiten auf den «KWP 10» haben die Grossratsmitglieder: Nebst dem Smartphone via VPN auch ein Webmail und den virtuellen Desktop am PC.
«Dort kann ich auch Dokumente ablegen, bearbeiten, aber zum Beispiel nicht bei mir lokal ausdrucken», klagt Grupp.
Immerhin: Einer der drei Zugänge gehe eigentlich immer. «Aber wenn man dann grad den falschen erwischt, erhält man den Eindruck: Ich bin ausgeschlossen.»
Spezialfall Grosser Rat
Deshalb haben die Grossrätinnen und Grossräte in der Staatspolitischen Kommission parteiübergreifend einen ganzen Katalog an Forderungen zusammengestellt.
Nebst funktionierendem Mail hätte man gerne kompatible Kalender und würde gerne auch mal auf dem privaten Drucker drucken können.
Gerade das Beispiel «privater Drucker»: Hier macht Christoph Grupp auch einen der Gründe fest, warum «KWP 10» den grossen Rat nervt, die Kantonsverwaltung aber nicht.
«Im Vergleich zur Verwaltung ist der Grossrat ‹ausgelagert›. Wir benutzen zig verschiedene Geräte, Mac und PC, iPhone und Android, und dies in diversen Kombinationen.»

Wer angestellt sei, könne auch an eine Weiterbildung gehen. «Das gilt für uns nicht: Wir haben lediglich den IT-Support als Pannendienst.»
«Problem» sollte keines sein
Das liesse sich zwar vermeiden, indem der Kanton eine Standardlösung anbiete, zum Beispiel indem einheitliche Grossratslaptops zur Verfügung gestellt würden.
«Wer es lieber anders hat, wäre auf sich selbst gestellt», so Grupp – Problem gelöst.

Ausser, dass dies, eigentlich und theoretisch, gar nicht nötig wäre. Schon bei der Einführung von «KWP 10» vor zwei Jahren verkündete der Kanton: Die virtuelle Arbeitsumgebung sei nun zugänglich von Laptop, PC, Tablet oder vom Handy aus.
«Damit ist es künftig möglich, auch ohne ein kantonales Arbeitsgerät und unabhängig vom Standort zu arbeiten», hiess es 2023.
Christoph Grupps Drucker scheint das noch nicht mitbekommen zu haben. Die Kommission hat nun für ihren Vorstoss «Dringlichkeit» beantragt. Mit der lapidaren Begründung: Die Grossratsmitglieder seien auf eine Lösung angewiesen.








