Eine externe Untersuchung hat beim Zürcher Datenskandal Fehlverhalten festgestellt. Allerdings könne ein solches Datenleck heute nicht mehr vorkommen.
Interview mit Justizdirektorin Jacqueline Fehr. - Nau.ch/Drone-Air-Media.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Vor rund 20 Jahren gelangten Daten der Zürcher Justizdirektion in falsche Hände.
  • Ein solches Datenleck könne heute nicht mehr vorkommen, zeigt ein externer Bericht.

Ein Datenleck bei der Zürcher Justizbehörde schlägt hohe Wellen. Wegen der unsachgemässen Entsorgung alter Geräte gerieten Festplatten der Jahre 2006 bis 2012 in falsche Hände. Personen aus dem Rotlichtmilieu kamen so an sensible Daten wie Handynummern von Beamten und psychiatrische Gutachten von Angeklagten.

Festplatten
Die Justizdirektion säuberte die Festplatten vor der Entsorgung nicht oder nicht ausreichend. (Symbolbild) - Keystone

Die Zürcher Justizdirektion, angeführt von SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr, nimmt nun heute Dienstag Stellung zum Datenskandal. Eine externe Untersuchung habe den Vorfall analysiert. Wie die Datenträger in den Nullerjahren entsorgt wurden, sei «unprofessionell, fahrlässig und allenfalls strafrechtlich relevant gewesen. Das hätte nie passieren dürfen», sagt Fehr vor den Medien.

Auf Empfehlung der Datenschutzbeauftragten hätte die Justizdirektion die Ergebnisse nicht publik machen wollen. Doch nach den Medienberichten hätte sich die Lage geändert, erklärt Jacqueline Fehr gegenüber Nau.ch.

Bis 2014 war die Entsorgung ungenügend geregelt

Bis 2014 seien die Regeln für Datenentsorgung ungenügend gewesen. Erst ab 2013 habe sie die Datenvernichtung nach standardisierten Prozessen umgesetzt, heisst es im Bericht. Ob es bis 2014 verbindliche Vorgaben zur Datenvernichtung gab, könne nicht mehr nachvollzogen werden. Klar sei aber, dass Regeln nicht befolgt worden seien, schliesst der Bericht.

An der Medienkonferenz wurde allerdings auch bekannt, dass es 2019 bei Digital Solutions zu Fehlverhalten gekommen war. Papierakten wurden entsorgt, ohne sie vorher zu digitalisieren. Darunter wohl auch die Verträge mit den damals für die Datenentsorgung verantwortlichen Personen.

Schredder
Eine Person schreddert Akten. (Symbolbild) - Keystone

In diesem konkreten Fall habe man im Sinne einer Entlöhnung abgemacht, dass die Hardware nach der Löschung der Daten nicht vernichtet werden musste. Ob die Löschung bestätigt wurde, habe man nicht nachvollziehen können.

«Datenleck heute nicht mehr möglich»

Die heutige Justizdirektion allerdings werde entlastet. Ein solches Datenleck sei heute nicht mehr möglich, daher seien keine weiteren Sofortmassnahmen nötig.

Der Regierungsrat sei im November 2021 von der Staatsanwaltschaft vom Verdacht des Datenlecks informiert worden, so Fehr. Im Dezember 2021 sei die Administrativ-Untersuchung angeordnet worden, die bis März 2022 andauerte.

Fehr
Justizdirektorin Jacqueline Fehr, rechts, informiert neben Urs Kaderli, Leiter Digital Solutions der Direktion JI, am Point de Presse zum Thema Datensicherheitsvorfall in den Jahren 2006 bis 2012, am 6. Dezember 2022 in Zürich. - Keystone

Die Regierungsrätin gibt sich zuversichtlich, dass die hohen Standards heute einen weiteren Vorfall verhindern können. Allerdings bleibe der Faktor Mensch: «Wenn jemand sein Passwort unter der Tastatur ablegt, kann weiterhin ein Missbrauch passieren.»

Ausserdem gibt sie zu Bedenken, dass Anwälte und Beschuldigte Akteneinsicht erhalten. Was diese Personen mit den Akten machten, liege in ihrer Verantwortung. Es sei aber klar, dass so hunderte von Dokumenten im Umlauf seien. Der Staat nehme seine Aufgabe wahr, von seiner Seite die Datensicherheit zu wahren.

Zürcher Staatsanwaltschaft untersucht Datensicherheitsvorfall

Das Datenleck bei der Zürcher Justizdirektion beschäftigt auch die Staatsanwaltschaft. Sie will die Datenentsorgung nun einer vertieften strafrechtlichen Prüfung unterziehen.

Gegenstand der Untersuchung ist auch, ob vertrauliche Daten durch unsachgemässe Handhabung seitens der IT-Abteilung der Justizdirektion oder der von ihr beauftragten Personen in Umlauf geraten sind, wie die Oberstaatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte. Zuständig dafür ist die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich.

Wie beurteilen Sie das Datenleck in der Zürcher Justizdirektion?

Wie lange das Verfahren dauert, ist noch unklar. Im Zusammenhang mit dem Datenleck führt die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl bereits seit November 2020 ein Verfahren.

Zürcher SVP bleibt dabei: «Es braucht eine PUK»

Wegen des Datenlecks in der Zürcher Justizdirektion soll eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) eingesetzt werden. Dies haben SVP, FDP, GLP und Mitte am Montag im Zürcher Kantonsrat gefordert.

Der Zürcher SVP-Kantonsrat Domenik Ledergerber hält an der PUK-Forderung fest. - Nau.ch/Drone-Air-Media.ch

SVP-Kantonsrat Domenik Ledergerber bleibt auch nach der Medienkonferenz dabei: «Wir halten an unserer Forderung fest.» Denn es seien neben positives auch negative Informationen geteilt worden, wie etwa die Aktenvernichtung 2019. Nur so könne der ganze Vorfall aufgearbeitet werden.

Point de Presse «Konsequenzen aus dem Datensicherheitsvorfall bei der Direktion JI».
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