Wegen Coronavirus: Angst um Handlungsfähigkeit des Bundestags
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble befürchtet, dass das Coronavirus die Handlungsfähigkeit des Parlaments gefährden könnte.

Das Wichtigste in Kürze
- Wolfgang Schäuble sorgt sich um die Handlungsfähigkeit des Bundestags.
- Nun formuliert der CDU-Politiker zwei Optionen.
- Die Rede ist von virtuellen Plenarsitzungen und der Bildung eines Notparlaments.
«So etwas haben wir in unseren Lebzeiten noch nicht gehabt», sagte Wolfgang Schäuble der «Süddeutschen Zeitung» vom Samstag. Der CDU-Politiker sorgt sich wegen des Coronavirus um die Handlungsfähigkeit des Bundestags.
Dieser müsse sich nun für den Notfall wappnen. In einem Brief an die Fraktionsvorsitzenden, welcher der AFP vorliegt, nennt Schäuble zwei Optionen. Die Eine ist die Einberufung von Digital-Sitzungen des Bundestags. Die Andere die Bildung eines Notparlaments, wie es bislang nur für Kriegszeiten vorgesehen ist.
Dafür wäre aber eine Grundgesetzänderung nötig, gegen die sich am Wochenende parteiübergreifend Widerstand regte. Schäuble sagte der «Süddeutschen»: «Wir müssen alles daransetzen, die parlamentarische Demokratie nicht ausser Kraft zu setzen.» Deshalb seien jetzt «alle Überlegungen zur Abhilfe erwünscht. Nur keine Überlegungen anzustellen wäre falsch», sagte er der Zeitung, die zuerst über den Brief berichtete.
Als Sofortmassnahme wegen des Coronavirus hatte der Bundestag das Quorum für seine Beschlussfähigkeit von 50 Prozent auf 25 Prozent gesenkt. «Ich höre aber, dass es durchaus Zweifel gibt, ob diese Massnahme ausreichend ist», schrieb Schäuble nach AFP-Informationen an die Fraktionschefs.
Coronavirus erfordert virtuelle Bundestagssitzungen
Er lasse deshalb die Möglichkeit prüfen, Bundestagssitzungen auch virtuell abzuhalten, wobei es hier rechtliche und technische Hürden gebe. «Heute jedenfalls scheinen einfache Möglichkeiten hier nicht in Sicht. Zumal auch Fragen wie Netzabdeckung und -kapazität vom Bundestag nicht unmittelbar beeinflusst werden können», schrieb Schäuble.
Was die Möglichkeit der Einrichtung eines Notparlaments angeht, müsste nach Auffassung der Bundestagsexperten das Grundgesetz geändert werden. Dieses sieht die Einberufung eines solchen stark verkleinerten Bundestags bislang nur für den Verteidigungsfall vor.
Gegen eine Grundgesetzänderung regte sich umgehend Widerstand. «In Krisenzeiten Hand an das Grundgesetz zu legen, werden wir als Linke nicht unterstützen», sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. «Solche Vorschläge verunsichern die Bevölkerung eher, als dass sie zur Beruhigung beitragen» erklärte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Vertreter der Grossen Koalition äusserten sich ebenfalls ablehnend. Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer sagte dem RND: «Wir sind uns als Fraktionen im Übrigen einig darin, dass wir jetzt keine Grundgesetzänderung durchführen.» Sein SPD-Kollege Carsten Schneider betonte: «Wir sind arbeits- und beschlussfähig. Auf die Schnelle mache ich so einen Eingriff in das Verfassungsgefüge nicht mit.»