Einen Tag vor der Vereidigung der neuen Regierung in Israel hat US-Aussenminister Mike Pompeo am Mittwoch das Land zu Gesprächen über israelische Annexionspläne für Teile des besetzten Westjordanlands besucht.
Pompeo (l.) und Netanjahu 2019
Pompeo (l.) und Netanjahu 2019 - POOL/AFP/Archiv
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Treffen mit Regierungschef Netanjahu und Koalitionspartner Gantz .

Die Koalitionsvereinbarung zwischen Regierungschef Benjamin Netanjahu und dem neuen Regierungspartner Benny Gantz enthält ein entsprechendes Konzept für die Annexionen, die im umstrittenen Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump vorgesehen sind. Im Westjordanland wurde unterdessen ein junger Palästinenser bei Zusammenstössen erschossen.

Während die USA die geplanten Annexionen jüdischer Siedlungen und strategisch wichtiger Gebiete im Westjordanland bereits gebilligt haben, sehen weite Teile der internationalen Gemeinschaft in den Gebietsanschlüssen einen Verstoss gegen das Völkerrecht und warnen Israel davor.

Die Koalitionsvereinbarung von Netanjahu und Gantz sieht vor, dass die Regierung ab dem 1. Juli die Umsetzung von Trumps Nahost-Plan in Erwägung ziehen kann. Die Palästinenser lehnen Trumps Plan vehement ab und beendeten bereits 2017 wegen der pro-israelischen Haltung der Trump-Regierung die Beziehungen zu Washington.

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sagte, Pompeo habe vor seinem Israel-Besuch am Mittwoch keinen Kontakt mit den Palästinensern gesucht. «Die Trump-Regierung kollaboriert bei den Annexionsplänen mit Israel», sagte Erekat. «Das ist sowohl ein Versuch, die Rechte der Palästinenser zu begraben, als auch ein unverhohlener Angriff auf das auf Rechten basierende internationale System.»

Israel kontrolliert das Westjordanland seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967. Neben den knapp drei Millionen dort lebenden Palästinensern leben in den jüdischen Siedlungen auf dem Gebiet mehr als 400.000 Israelis. Die Siedlungen gelten nach internationalem Recht als illegal. Für die Palästinenser und grosse Teile der internationalen Gemeinschaft würden israelische Annexionen jegliche Hoffnung auf eine Zwei-Staaten-Lösung zunichte machen.

Im Westjordanland dauerte die Gewalt am Mittwoch an: Dort wurde nach palästinensischen Angaben ein Jugendlicher bei Zusammenstössen von der israelischen Armee erschossen, wie das palästinensische Gesundheitsministerium kurz nach Pompeos Ankunft mitteilte. Der 15-jährige Palästinenser sei mit einem Kopfschuss in der Nähe von Hebron getötet worden, hiess es. Vier weitere Palästinenser wurden demnach bei Zusammenstössen mit der israelischen Armee verletzt. Die israelische Armee erklärte, sie habe auf «gewaltsame Ausschreitungen» reagiert und untersuche palästinensische Berichte über Opfer.

Es war bereits der zweite Todesfall bei Auseinandersetzungen im Westjordanland binnen zwei Tagen. Am Dienstag hatte ein Palästinenser einen israelischen Soldaten bei einer Razzia nahe Dschenin getötet.

Inmitten der neuen Gewalt machten Pompeo und Netanjahu vor Beginn ihres Treffens hinter verschlossenen Türen zunächst keine Angaben zu den Annexionsplänen. Vor seinem Jerusalem-Besuch hatte Pompeo aber der israelischen Zeitung «Israel Hayom» gesagt, die Entscheidung liege bei Israel. Er wolle wissen, wie die neue Regierung darüber denke.

Der Ex-US-Botschafter in Israel, Daniel Shapiro, sagte AFP, die Trump-Regierung wolle die Annexion, um pro-israelische US-Wähler vor der US-Präsidentschaftswahl im November an Trump zu binden. Netanjahu wiederum könnte dies unterstützen, um einen für Israel ungünstigen Wechsel im Weissen Haus zu verhindern. Allerdings würden israelische Annexionen internationale Risiken bedeuten, zudem könnten sie zu einer Spaltung innerhalb der israelischen Regierung führen.

Pompeo und Netanjahu verurteilten in Jerusalem unterdessen den gemeinsamen Erzfeind Iran: «Selbst während dieser Pandemie, selbst während das iranische Volk selbst so zu kämpfen hat, nutzen die Iraner die Ressourcen des Ayatollah-Regimes, um Terror in aller Welt zu schüren», sagte Pompeo mit Blick auf die Corona-Pandemie, die auch den Iran schwer getroffen hat. Dies sage viel aus über «die Seele der Menschen, die das Land führen».

Netanjahu lobte den anhaltenden Druck der USA auf den Iran - ein Land, welches seine «aggressiven Darstellungen und seine aggressiven Handlungen gegen Amerikaner, Israelis und alle anderen in der Region» fortsetze.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Mike PompeoRegierungDonald TrumpWestjordanlandRegierungschefBenjamin NetanjahuKriegGewaltSchweizer ArmeeRazziaBotschafterTerror