Wegen anti-europäischer Umtriebe wird die Mitgliedschaft der ungarischen Rechtspopulisten in der Europäischen Volkspartei (EVP) möglicherweise ausgesetzt.
Anti-EU-Plakate der Fidesz-Partei
Anti-EU-Plakate der Fidesz-Partei - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Europäische Volkspartei entscheidet am Nachmittag über Umgang mit Orban.
Ad

Wie am Mittwoch aus dem Umfeld von EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) verlautete, will die Europäische Volkspartei bei einer Krisensitzung am Nachmittag über einen entsprechenden Vorschlag entscheiden. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sprach von einem «Einfrieren» der Mitgliedschaft der Fidesz-Partei des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban.

Die konservative Parteienfamilie kommt am Nachmittag in Brüssel zu Krisenberatungen über den Umgang mit Orbans Partei zusammen. Er liegt seit Jahren auch wegen rechtsstaatlicher Defizite mit der EU im Clinch und ist auch innerhalb der EVP umstritten.

Mit einer Aussetzung ihrer Mitgliedschaft würde die Fidesz ihr Stimmrecht bei EVP-Versammlungen verlieren und dürfte keine Kandidaten mehr für Parteiposten vorschlagen. Fidesz-Abgeordnete könnten auch nicht mehr an allen Treffen der EVP teilnehmen. Weber hat seine Position mit den Parteichefs von CDU und CSU abgestimmt.

Orban habe in dem Konflikt mit der EVP zwar erste Forderungen erfüllt, erklärte Kramp-Karrenbauer. «Sie reichen allerdings nicht aus, um die auch bei mir nach wie vor bestehenden Zweifel, ob die Fidesz das Verständnis für die gemeinsamen Werte der EVP teilt (...), bisher vollkommen auszuräumen», fügte die CDU-Vorsitzende hinzu. Angesichts eines solch massiven Vertrauensverlusts sei ein «satzungsgemässes Einfrieren der Mitgliedschaft» ein «gangbarer Weg».

Der Begriff des «Einfrierens» findet sich in der Satzung der EVP zwar nicht. Artikel 9 regelt aber das zeitweise oder dauerhafte Ausscheiden von Mitgliedern und nennt dazu drei Möglichkeiten: Austritt, Aussetzung und Ausschluss. Bei dem Krisentreffen in Brüssel hat Orban zunächst Gelegenheit, seine Position vor den 261 Delegierten zu verteidigen. Sie entscheiden anschliessend in geheimer Wahl, eine einfache Mehrheit reicht aus.

Orban will im Falle einer Aussetzung der Mitgliedschaft seinerseits, dass seine Fidesz sofort aus der EVP austritt. Dies sagte der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas der Nachrichtenagentur MTI. Beobachter halten es für möglich, dass die Fidesz und die italienische Lega dann eine neue Parteiengruppe rechts von der EVP gründen könnten.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker forderte den Ausschluss von Fidesz. «Ich rate meinen Parteifreunden, (...) dass die Fidesz-Partei von Herrn Orban ausgeschlossen wird», sagte er am Mittwoch im Deutschlandfunk.

Orbans rechtsnationalistische Regierung hatte im Februar eine Plakatkampagne gegen den US-Milliardär George Soros und gegen Juncker gestartet. Budapest wirft ihnen vor, sie wollten die EU-Länder zur Flüchtlingsaufnahme verpflichten und den nationalen Grenzschutz schwächen. 13 der 51 nationalen EVP-Mitgliedsparteien beantragten daraufhin den Ausschluss der Fidesz oder die vorläufige Aussetzung der Mitgliedschaft.

EVP-Fraktionschef Weber hatte von Orban ein Ende der Plakatkampagne sowie einen Verbleib der Zentraleuropäischen Universität (CEU) in Budapest verlangt, die von Soros unterstützt wird. Ausserdem forderte Weber eine Entschuldigung Orbans bei den anderen EVP-Mitgliedsparteien, nachdem er seine parteiinternen Kritiker als «nützliche Idioten» bezeichnet hatte.

Die Plakatkampagne gegen Soros und die EU-Kommission wurde inzwischen gestoppt. In der vergangenen Woche hatte Orban auch ein Entschuldigungsschreiben an die anderen Mitgliedsparteien geschickt, dies wurde aber von einer Reihe von EVP-Mitgliedern als unzureichend eingestuft. Kramp-Karrenbauer monierte, zudem seien die Arbeitsbedingungen der Central European University in Ungarn «noch nicht im notwendigem Masse» wiederhergestellt.

Der Vorschlag, über den die Europäische Volkspartei am Mittwoch entscheiden soll, sieht auch die Einrichtung eines Gremiums vor, das die künftige Zusammenarbeit zwischen Fidesz und der EVP bewerten soll. Leiten könnte es der frühere Präsident des Europarats und ehemalige belgische Ministerpräsident Herman van Rompuy, wie aus dem Umfeld von Weber verlautete.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Jean-Claude JunckerCSUCDUEUEVPViktor Orban