Trump's Ukraine-Plan versetzt Europa in Krisenmodus
Donald Trumps Plan für ein Ende des Ukraine-Krieges versetzt Europa in den Krisenmodus. Die Suche nach Lösungen beginnt.

Der Plan von US-Präsident Donald Trump für ein Ende des Ukraine-Krieges versetzt Europa in den Krisenmodus. Am Rande des G20-Gipfels in Südafrika suchen Bundeskanzler Friedrich Merz und andere Staats- und Regierungschefs nach Wegen, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj beizustehen. Der Plan verlangt der Ukraine erhebliche Zugeständnisse an den Angreifer Russland ab.
Trump hat Selenskyj eine Frist bis kommenden Donnerstag gesetzt, grundsätzlich zuzustimmen. US-Vizepräsident JD Vance reagierte scharf auf Kritik an dem Vorhaben: «Frieden wird nicht von gescheiterten Diplomaten oder Politikern erreicht, die in einer Fantasiewelt leben».
Der russische Präsident Wladimir Putin hält den 28-Punkte-Plan für eine Grundlage, einen Frieden zu erreichen. Russland hatte die Ukraine auf Befehl Putins am 24. Februar 2022 angegriffen.
USA und Russland werfen Europa Unkenntnis vor
Vance warf den Kritikern des Plans vor, die wahre Lage im Krieg zu verkennen. Auf X schrieb er: «Es gibt diese Fantasie, wenn wir bloss für mehr Geld, mehr Waffen oder mehr Sanktionen sorgten, wäre der Sieg greifbar».
Putin wirft den Europäern ebenfalls Unkenntnis der Lage vor. Sie hätten keine echten Informationen über die Lage auf dem Schlachtfeld. Russland werde seine Ziele militärisch erreichen. Die Ukraine und deren Verbündete pflegten die Illusion, Russland auf dem Schlachtfeld eine strategische Niederlage zufügen zu können.
Die USA boykottieren den ersten G20-Gipfel auf afrikanischem Boden und können deshalb nicht direkt in Johannesburg angesprochen werden. Trump beklagt eine Diskriminierung weisser Minderheiten in Südafrika, insbesondere der sogenannten Afrikaaner, die Nachfahren niederländischer Siedler sind. Südafrika weist die Vorwürfe als unbegründet zurück.
Krisengespräche am Samstag
Zu den Krisengesprächen voraussichtlich am Samstagnachmittag werden nach EU-Angaben auch Spitzenpolitiker anderer Kontinente erwartet. EU-Ratspräsident António Costa lud neben den anwesenden europäischen Staats- und Regierungschefs auch die Vertreter Kanadas, Australiens und Japans ein.
Nach Angaben von Diplomaten wird es darum gehen, wie aus europäischer Sicht inakzeptable Zugeständnisse an Russland herausverhandelt werden könnten. Die Europäer wollen eigene Änderungsvorschläge vorlegen und darüber dann mit den USA sprechen.
Sie wollen einerseits klare Kante gegen für sie inakzeptable Punkte des Plans zeigen, Trump aber auch nicht ganz verprellen und ihn in dem Prozess an Bord halten. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte bereits am Freitagabend in einem 15-minütigen Telefonat als erster Europäer mit dem US-Präsidenten über den Friedensplan geredet. Anschliessend hiess es, es seien weitere Schritte auf Ebene der «Berater» geplant.
Unklarheit über Gespräche
Merz wird in Johannesburg von seinem aussenpolitischen Berater Günter Sautter begleitet. Wann und wo die Gespräche der Europäer mit den USA stattfinden sollen, ist noch offen.
Der US-Vorschlag sieht zum Beispiel vor, dass die Ukraine auch bislang verteidigte Gebiete an Russland abtritt und die Nato einen Verzicht auf jegliche Erweiterung erklärt. Russland müsste dagegen nur vergleichsweise geringe Zugeständnisse machen und unter anderem auf in der EU eingefrorenes Staatsvermögen verzichten.
Aus Europa werden neben Bundeskanzler Merz die Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Italien und Grossbritannien sowie aus Irland, Finnland, den Niederlanden, Spanien und Norwegen erwartet. Sie sind ständige G20-Mitglieder beziehungsweise als Gäste der Gruppe führender Industrie- und Schwellenländer in Johannesburg.
EU in der Zwickmühle
Für Deutschland und andere Partner der Ukraine ist der Plan brisant. Sie befürchten, dass ein Abkommen, das den Aggressor belohnt, keinen dauerhaften Frieden auf dem Kontinent bringen wird.
Zugleich sind sie angesichts der angespannten Finanzlage und einer der Unterstützung müden Bevölkerung in vielen Ländern ebenfalls an einem Kriegsende interessiert.
Allein die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben nach Angaben aus Brüssel bereits mehr als 187 Milliarden Euro für die Unterstützung der Ukraine ausgegeben.
Wahl zwischen Würde und US-Partnerschaft
Die ukrainische Führung will den Friedensplan nicht einfach hinnehmen. Selenskyj sagte, er werde sich mit der EU über eigene Vorschläge abstimmen.
Der Präsident sieht sein Land unter erheblichem Druck und sprach von einem der «schwierigsten Momente» in der Geschichte der Ukraine. Sie stehe vor der Entscheidung, entweder ihre Würde zu verlieren oder die USA als Schlüsselpartner.
Ohne Unterstützung der grössten Militärmacht wäre der Abwehrkampf gegen die Invasoren deutlich erschwert.
Wegen der Krisengespräche zum US-Friedensplan rückten die eigentlichen Gipfelthemen in den Hintergrund. Dennoch verabschiedete die G20-Runde die von Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa ausgehandelte Schlusserklärung des Gipfels.
Er warb noch einmal für mehr Zusammenarbeit bei der Lösung globaler Probleme wie der Klimakrise und der grösser werdenden Kluft zwischen Arm und Reich in der Welt.
Diese Ungleichheit sei «ungerecht und untragbar», sagte Ramaphosa, der als Gastgeber die Themenschwerpunkte «Solidarität, Gleichheit und Nachhaltigkeit» für die G20-Präsidentschaft gesetzt hatte.










