Anschlag

Sydney befindet sich nach dem Anschlag in Schockstarre

Keystone-SDA
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Australien,

Am Tag nach dem Anschlag auf ein jüdisches Fest in Sydney versammelten sich am Montag hunderte Menschen am Ort des Geschehens, dem Strand von Bondi. Sie legten Blumen nieder, weinten, umarmten sich. Nur Gebet und Gesang durchbrach die Stille.

Menschen trauern am Bondi Beach und legen Blumen nieder
Menschen trauern am Bondi Beach und legen Blumen nieder - KEYSTONE/EPA/MICK TSIKAS

Es war ein Tag, an dem die Stadt erwachte und kurz hoffte, dass es nur ein Albtraum gewesen ist. Dann katapultierten die Nachrichten am Handy einen zurück in die Realität. Die sozialen Medien enthielten Anteilnahmen, Aufrufe zum Blutspenden, Hinweise zu Meldestellen für Traumatisierte und dazwischen – teils unzensiert – Videoaufnahmen des Anschlags. Viele posteten ein Bild vom Bondi Beach. Wohl jede und jeder in Sydney hat ein solches in der eigenen Fotomediathek.

Der Strand von Bondi ist wie das Berner Marzili oder der Zürcher Letten und doch viel mehr. Wie die Kappellbrücke in Luzern oder der Jet d’Eau in Genf ist der Strand ein Wahrzeichen. Versehen sind diese Beiträge auf den sozialen Medien mit einem gebrochenen Herzen, einer Kerze. Trotz des Drangs, seine Anteilnahme zu bekunden, fehlen den Menschen die Worte.

«Es gibt nichts zu sagen, keine Worte», sagte Rabbiner Yehuda Straiton zur Reporterin der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vor Ort vor dem Pavillon am Bondi Beach. Dort versammelten sich am Montag viele Mitglieder der jüdischen Gemeinde. Mehrere trugen eine Kippa. Einige legten sich einen Tefillin um den Arm. Die israelische Flagge hing neben der australischen.

Zum Zeitpunkt des Anschlags am Sonntagabend war der Rabbiner in der Synagoge, die sich unweit des Strandes befindet. «Wir waren damit beschäftigt, die Kerzen anzuzünden», erzählte Straiton. Sein Sohn sei an den Feierlichkeiten am Strand gewesen. Chanukka begann an diesem Sonntag. Mit dem achttägigen Lichterfest erinnern Jüdinnen und Juden an die Wiedereinweihung des zweiten Tempels in Jerusalem im zweiten Jahrhundert vor Christus.

Als Straiton hörte, was passierte, sei er an den Strand geeilt. «Dann befanden wir uns mitten im Pogrom», sagte er. Das Gespräch unterbrach der Rabbiner, um einem weinenden Mann, eine Umarmung zu geben.

«Wir verbreiten Licht», sagte Straiton, wieder der Reporterin zugewandt. «Unsere Antwort ist nicht Gewalt», betonte er mehrfach. Bei Chanukka gehe es darum, Licht in eine dunkle Zeit zu bringen. Man zünde Kerzen an, um Güte und Liebenswürdigkeit zu verbreiten, sagt der Rabbiner. «Was geschehen ist, ist unglaublich und doch war es für gewisse denkbar», fügte er an. Es habe deutliche Warnsignale gegeben.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs im Oktober 2023 haben antisemitisch motivierte Taten weltweit zugenommen. Australien ist keine Ausnahme. Vergangenes Jahr kam es in Sydney zu einem Brandanschlag auf ein koscheres Restaurant. Zudem wurde ein Feuer in einer Synagoge in Melbourne gelegt.

Die Betroffenheit reicht in der multikulturellen Millionen-Metropole über die Religionsgrenzen hinaus, wie sich vor dem Pavillon am Bondi Beach zeigt. Im Halbkreis, der sich um die Blumen gebildet hat, trugen am Montag zwei Männer einen Gebetsgesang vor. Sie trugen einen Dastar, der Turban der Sikhs.

«Wir sind gekommen, um unseren Respekt zu zollen», sagte ein Anwohner, der nicht jüdisch ist. Er sei schockiert darüber, dass ein Terroranschlag praktisch vor seiner Haustür passiert sei. Was ihm durch den Kopf geht, konnte der Mann kaum beschreiben. «Sprachlos» ist ein Wort, das an diesem Tag häufig fiel.

Kommentare

User #8552 (nicht angemeldet)

Schlimm ist dass das immer wieder passieren wird. Leider.

User #6313 (nicht angemeldet)

Schon erstaunlich, wie die Medien mit wie viel Eifer das Offensichtliche nicht zu schreiben wagen.

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