Nach den Kommunalwahlen in Südafrika steht der seit Jahren regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) vor einer historischen Niederlage: Nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen kommt der ANC landesweit auf 45,64 Prozent, wie die Wahlkommission am Donnerstag mitteilte.
Missmanagement und Korruption führen zu Versorgungsproblemen bei Strom und Wasser
Missmanagement und Korruption führen zu Versorgungsproblemen bei Strom und Wasser - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Partei fällt landesweit unter Schwelle von 50 Prozent.

Es ist das erste Mal seit dem Ende der Apartheid, dass die Partei von Nelson Mandela bei einer Wahl weniger als die Hälfte der Stimmen erhielt.

«Es hätte noch schlimmer kommen können», sagte der Wahlkampfchef der Partei, Fikile Mbalula. «Wir sind nicht politisch ausradiert, wir sind nicht vernichtet, das hätte passieren können», sagte er vor Reportern. Partei- und Staatschef Cyril Ramaphosa wollte am Abend das endgültige Ergebnis verkünden.

Das Wahlergebnis hat vorerst nur Auswirkungen auf die Kommunen, in denen nun Koalitionen gebildet werden müssen. Für die Parlamentswahlen im Jahr 2024 verheissen die Ergebnisse der Wahl vom Montag indes nichts Gutes für den ANC.

Allerdings könnten die Kommunalwahlen Ausgangspunkt für die Entwicklung eines vielfältigeren Mehrparteiensystems sein, das über die von Mandela beschriebene Vision einer «Regenbogen-Nation» hinausgeht. Ein breiteres Parteienspektrum würde die vielfältigen, rivalisierenden Interessen in dem Land widerspiegeln.

«Wir haben einige Zeit versucht, in Südafrika Demokratie zu verwirklichen, aber wir haben es bislang nicht wirklich geschafft, eine Demokratie mit einem wettbewerbsorientierten Mehrparteiensystem zu etablieren», sagte der unabhängige Politikexperte Sandile Swana.

Grossstädte wie Johannesburg und Pretoria wurden schon seit den Kommunalwahlen vor fünf Jahren von Koalitionen regiert. Damals kam der ANC landesweit auf 54 Prozent.

Der Trend setzt sich nun fort. Landesweit verlor der ANC in weiteren Regionen die Mehrheit, darunter auch im Wahlbezirk eThekwini metro in der Provinz KwaZulu-Natal, der Hochburg des umstrittenen Ex-Präsidenten Jacob Zuma. Die zweitstärkste Partei, die Demokratische Allianz (DA), kommt auf weniger als 22 Prozent, nach knapp 27 Prozent im Jahr 2016.

Nur zwei von drei Wahlberechtigten liessen sich für die Stimmabgabe registrieren, von denen wiederum weniger als die Hälfte tatsächlich zur Wahl gingen.

Bei den ersten demokratischen Wahlen in Südafrika 1994 war die Dominanz des ANC noch nicht garantiert. Mit der Wahl Mandelas zum Präsidenten strich die Partei jedoch ein Jahrzehnt lang Wahlerfolge ein, bis sie fast alle grossen Städte regierte und im Parlament eine deutliche Mehrheit innehatte. In den vergangenen 15 Jahren liess die Popularität des ANC indes stark nach.

Mit einem Wahlergebnis von unter 50 Prozent scheint die Partei nun nicht länger unverwundbar. «Das ist eine psychologische Grenze, und das gilt nun auch für die Parlamentswahl», sagte William Gumede vom Institut Democracy Works.

Nach 27 Jahren an der Macht kann der ANC niemanden für die Missstände im Land verantwortlich machen. Die schon immer hohe Arbeitslosigkeit ist mit 34,4 Prozent auf einem neuen Höchststand. Wegen Missmanagements und Korruption fallen immer wieder der Strom und die Wasserversorgung aus. Auch undichte Abwasserleitungen sind an der Tagesordnung.

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