In Begleitung von drei Holocaust-Überlebenden ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Montag nach Polen gereist, wo er an der Gedenkzeremonie zum 75. Jahrestag der Befreiung des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz teilnehmen will.
Holocaust-Überlebende bei der Gedenkfeier in Auschwitz
Holocaust-Überlebende bei der Gedenkfeier in Auschwitz - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Erinnerung an die Befreiung des NS-Vernichtungslagers vor 75 Jahren.

Zu der Veranstaltung in der Gedenkstätte am Nachmittag werden Delegationen aus rund 50 Ländern erwartet. Steinmeier landete am frühen Nachmittag auf dem Flughafen Krakau. Seiner Delegation gehören drei frühere Auschwitz-Gefangene an, die als Jugendliche das Lager überlebt hatten.

Am Morgen hatte Steinmeier die Holocaust-Überlebenden im Berliner Schloss Bellevue empfangen. Er nahm sie dann in seinem Flugzeug mit zu der Zeremonie nach Polen.

Am 27. Januar 1945 hatten sowjetische Truppen das NS-Vernichtungslager erreicht, die letzten Gefangenen befreit - und den Blick der Welt auf ein Menschheitsverbrechen gerichtet, das bis dahin viele nicht für möglich gehalten hatten. Mehr als eine Million Männer, Frauen und Kinder, die meisten von ihnen Juden, wurden dort in Gaskammern getötet, erschossen oder durch Zwangsarbeit und Hunger in den Tod getrieben.

Für Steinmeier ist es der erste Besuch in Auschwitz. Eine Ansprache ist nicht geplant: Die Gastgeber von der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau wollten bei der Feier bewusst auf Reden von Politikern verzichten. Nur Polens Präsident Andrzej Duda wird in einer Begrüssungsrede das Wort ergreifen, danach sind Ansprachen von vier Überlebenden geplant.

Steinmeiers Ehrengäste sind der 86-jährige Hermann Höllenreiter, der aus einer Münchner Sintifamilie stammt und mit neun Jahren zusammen mit seiner Familie nach Auschwitz deportiert wurde. Der 89 Jahre alte Peter Gardosch stammt aus einer jüdischen Familie in Siebenbürgen. Er kam mit 13 Jahren nach Auschwitz, wo der grosse Teil seiner Familie ermordet wurde. Der 86-jährige Pavel Tussig stammt aus Bratislava und wurde kurz vor seinem zehnten Geburtstag nach Auschwitz deportiert.

«Dass ich mit dem Bundespräsidenten hinfliegen kann, ist eine ganz grosse Ehre», sagte Gardosch vor dem Abflug. Für ihn sei der Besuch auch eine persönliche Trauerreise: «Ich besuche das Grab meiner Mutter, meiner Grossmutter, meiner kleinen Schwester, die dort ermordet wurden.»

Gardosch ermahnte die nachgeborenen Generationen zum Eintreten gegen Antisemitismus: «Sagen Sie der Jugend, dass sich das nie wiederholen soll.» Sorge bereite ihm die erstarkende Judenfeindlichkeit in Deutschland. Dort gebe es «wieder diesen plätschernden bürgerlichen Antisemitismus», warnte er.

Die Veranstaltung in Auschwitz ist Teil einer ganzen Serie von Gedenkzeremonien: Am Donnerstag fand in Israels Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem das Welt-Holocaust-Forum statt, an dem neben Steinmeier mehr als 40 Staats- und Regierungschefs teilnahmen. Steinmeier hatte dort in einer viel beachteten Rede ein umfassendes Bekenntnis zur deutschen Schuld abgelegt.

Für kommenden Mittwoch ist eine Gedenkstunde im Bundestag in Berlin geplant. Dort werden Steinmeier und Israels Präsident Rivlin Reden halten. Steinmeier und Rivlin treffen sich bereits am Montagnachmittag am Rande der Zeremonie in Auschwitz; von dort aus wollen sie gemeinsam in Steinmeiers Flugzeug nach Berlin reisen.

Die Veranstaltung in Auschwitz erfolgt vor dem Hintergrund diplomatischer Spannungen zwischen Polen und Russland. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte behauptet, Polen trage eine Mitschuld am Beginn des Zweiten Weltkriegs. Polen wirft dem russischen Präsidenten vor, die Geschichte im Widerspruch zu historischen Fakten umzudeuten.

Polens Präsident Duda hatte seine Teilnahme vergangene Woche in Yad Vashem abgesagt, weil er anders als Putin nicht als Redner vorgesehen war. Bei der Veranstaltung in Auschwitz am Montag sollte Russland durch seinen Botschafter vertreten werden.

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